Regimes, und wenn ihr Liberalen 
dennoch danach strebt, so verlangt ihr etwas, was der Natur des 
preußischen Staates entgegen ist. Begnügt euch also, ein Ornament am 
Staatswagen zu sein. In der Situation, in der damals die Kammer sich 
der Regierung gegenüber befand, bedeuteten solche Auslassungen 
einfach ein In-den-Rücken-fallen der Volksvertretung und eine
Unterstützung der Pläne Bismarcks. 
In seinem dritten Artikel führt er zunächst aus: Die Schlußfolgerungen 
seines zweiten Artikels und die Untersuchungen, die zu denselben 
führten, seien mehrfach mißverstanden (!) worden. Er wird also jetzt 
noch deutlicher. Er sagt: 
"Indem Preußen eine Politik verfolge, die zur Annexion der 
Herzogtümer (Schleswig-Holstein) führen müsse, setze es, die 
glorreichen Traditionen preußischer Geschichte aus langem 
Schlummer weckend, an den innersten Kern des preußischen 
Staatsgeistes seine Hebel an. 
Es ist eine bedeutende Politik, die jetzt in Preußen gemacht wird! ... 
Wer Annexion anfängt, muß sie durchsetzen. Mehr noch. 
Eine preußische Regierung, die in der zweiten Hälfte des neunzehnten 
Jahrhunderts deutsches Land zu annektieren beginnt, eine preußische 
Regierung, die angesichts der offenkundigen, von Kaiser, Königen und 
Fürsten feierlich proklamierten Unhaltbarkeit der politischen 
Verfassung Deutschlands die 'friedericianische Politik' (wie ein 
großdeutsches Blatt sich ausdrückte) wieder aufnimmt, kann nicht stille 
stehen nach kleinem Sieg--weiter muß sie auf der betretenen 
Bahn--vorwärts, wenn nötig mit 'Blut und Eisen'. 
Denn anknüpfen an die stolzesten Traditionen eines historisch 
erwachsenen Staates und dann feige zurückbeben vor entscheidender 
Tat, hieße den innersten Lebensnerv eines solchen Staates ertöten. 
Man kann solche Traditionen ruhen lassen--aber man kann sie nicht 
aufnehmen, um sie zu ruinieren! 
Ein preußischer Minister, der solche Politik für Preußen machte--er 
verfiele unrettbar den zürnenden Manen des großen Friedrich und dem 
Gelächter seiner Zeitgenossen." 
Wie mußte bei dem Lesen solcher Artikel das Herz jedes guten Preußen 
schlagen; war doch danach Preußen quasi von der Vorsehung vorher
bestimmt, der Beherrscher Deutschlands zu werden. Und wie mußten 
die Herzen der Feudalen einem Manne zugetan sein, der besser als sie 
alle die "historische Mission" des preußischen Staates darzulegen und 
zu verherrlichen verstand. Und das sollte unbeachtet und unbelohnt 
bleiben? 
Was Schweitzer hier schrieb, war aber auch eine Verherrlichung der 
weiteren Bismarckschen Politik, es war eine förmliche Anpeitschung 
Bismarcks, auf dem betretenen Wege weiter zu gehen, wäre eine solche 
noch notwendig gewesen. 
Im vierten Artikel kam Schweitzer auf den Bundestag und Oesterreich 
zu sprechen. Hier hatte er mit seiner Kritik leichtes Spiel, denn dümmer 
und dem Zeitbedürfnis widersprechender konnte nicht gehandelt 
werden, als diese beiden Faktoren in der deutschen Frage gehandelt 
hatten. Im übrigen war die Haltung, die in diesem Artikel Schweitzer 
Oesterreich gegenüber einnahm, wie in seiner ganzen späteren Politik, 
das direkte Gegenteil von dem, was er noch im Jahre 1863--also 
anderthalb Jahre zuvor--in seiner Broschüre "Die österreichische 
Spitze" zur Verherrlichung Oesterreichs gesagt hatte, und was das 
Programm besagte, das angeblich der "Sozialdemokrat" vertreten sollte. 
Der fünfte Artikel beschäftigte sich mit der Stellung der Nation und der 
deutschen Frage. Er kommt zu dem Resultat: 
"Aktionsfähig in Deutschland sind nur noch zwei Faktoren: Preußen 
und die Nation, preußische Bajonette oder deutsche 
Proletarierfäuste--wir sehen kein drittes. 
... Das Preußentum ist der Feind des Deutschtums, aber es ist auch der 
Feind der bestehenden Gewalten Deutschlands. 
Die Nation steht fest auf ewigem Fundament--die Fürstenstühle 
Deutschlands aber müssen wanken, wenn Preußen sich erinnert, daß 
Friedrich der Große sein König war." 
Und wie stand's mit dem preußischen Thron?
Der Leser wird zugeben, daß raffinierter, demagogischer nicht zu 
schreiben war. Wie ein Aal windet er sich vor einer klaren 
Stellungnahme. Er läßt nur ahnen, spricht aber nicht aus, was er will. 
Klar ist, daß das Lesepublikum, an das Schweitzer sich wandte, von 
seinem Plädoyer für Preußen gefangen genommen wurde, und das war 
sein Zweck. Dazu kam, daß der ganze politische Inhalt des 
"Sozialdemokrat" von der Tendenz durchtränkt war, welche die fünf 
Artikel erfüllte. Bismarck hatte in der ganzen deutschen Presse keine 
Feder, die geschickter für seine Politik Propaganda machte. 
Kein Zweifel, diese Bismarckartikel standen mit dem Programm des 
"Sozialdemokrat" in seiner ersten Nummer im schneidendsten 
Widerspruch. Es ist auch ausgeschlossen, daß der äußerst scharfsinnige 
Schweitzer nicht vorausgesehen habe, daß er mit diesen Artikeln der 
großen Mehrzahl der eben erst gewonnenen Mitarbeiter in gröblichster 
Weise vor den Kopf schlug. Es war eine Brüskierung sondergleichen. 
Es war also selbstverständlich, daß darauf Karl Marx, Friedrich Engels, 
W. Liebknecht, Herwegh, Joh. Ph. Becker und Friedrich Reusche von 
dem Blatte sich lossagten. 
Schweitzer quittierte in einem Artikel in der Nr. 31 seines Blattes über 
die Rücktritte mit den Worten: Einige bornierte Köpfe hatten sich an 
unseren Leitartikeln "Das Ministerium Bismarck" gestoßen. Mit 
Genugtuung konstatiere er, daß zwei Hauptorgane des österreichischen 
Liberalismus, die "Presse" und die "Ostdeutsche Post", sich auf seine 
Seite gestellt hätten und brachte längere Auszüge aus denselben. Weiter 
zitierte er die "Neue Frankfurter Zeitung", das Blatt Sonnemanns, die 
ausgeführt hatte, daß die von Schweitzer befolgte Politik nichts als die 
Fortsetzung der Lassalleschen Politik sei. 
Das war richtig! Ohne Lassalles Verhalten    
    
		
	
	
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