geheiratet und sich
später selbständig gemacht. Das Vermögen der Frau ging freilich in 
seinem eigenen Unternehmen zugrunde. Er mußte dann wieder die 
technische Leitung einer fremden Fabrik übernehmen, und gerade in 
den Jahren, als die Söhne heranwuchsen, hatten sich die Eltern sehr 
einzuschränken. Die Mutter gehörte einer alten Basler Familie an, die 
schon seit Jahrhunderten von städtischer Kultur verfeinert worden sein 
mag. Ihre Mutter war eine Werenfels und Mitglieder dieser Familie 
haben sich verschiedentlich ausgezeichnet. Ein Werenfels, wenn auch 
nicht ein Vorfahr Böcklins, ist der Schöpfer der glanzvollen 
Rokokobauten aus den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts. Die 
erhaltenen Bilder von Böcklins Mutter zeigen eine Physiognomie von 
merkwürdig großem Schnitt; sie war eine feine, gebildete, begabte, 
wohl direkt bedeutende Frau, die Vertraute ihrer Kinder. Böcklins 
Jugend ist keine unglückliche gewesen; er erinnerte sich später gerne 
manch drolliger Geschichte aus seinen Knabenjahren. Er hat auch am 
städtischen Gymnasium eine tüchtige Schulbildung erhalten und 
wenigstens den Julius Cäsar noch im Originaltext gelesen. Einen 
wirklich bedeutenden Menschen lernte er hier in dem Germanisten und 
Dichter Wilhelm Wackernagel kennen, der neben seiner Tätigkeit an 
der Universität auch am Gymnasium Unterricht erteilen mußte, doch 
hatte derselbe die Schüler nicht etwa in die Literaturgeschichte 
einzuführen, der Unterricht ging lediglich darauf aus, ihnen ein 
möglichst gutes Deutsch beizubringen. Böcklin hat auch mit seinen 
Brüdern die Zeichenschule besuchen dürfen; nur davon wollte der 
Vater nichts wissen, daß er Maler werden sollte. Es gebe schon 
hungernde Maler genug. Ein Calame werde er doch noch lange nicht. 
Der Widerstand des Vaters war angesichts der eigenen Geldsorgen und 
angesichts der Künstlerschicksale, die er vor sich sah, begreiflich. Aber 
auch der Sohn hatte etwas von dem Wagemut der alten Eidgenossen 
und noch etwas mehr als einst der Vater; er glich ihm überhaupt sehr 
und vielleicht am meisten da, wo er ihm unbequem wurde, und der 
Entschluß, Maler zu werden, stand bei ihm fest. Die Mutter trat in ihrer 
ruhigen und stillen Weise auf des Sohnes Seite und fand eine 
Unterstützung bei seinem Lehrer Wackernagel. Sie durfte sich später 
wenigstens noch über die ersten äußeren Erfolge des Sohnes, die 
Berufung nach Weimar, freuen. Der Vater aber ist erst in dem Jahre 
gestorben, als Böcklin seine Toteninsel schuf; er hat also die
glänzendste Schöpfertätigkeit des Sohnes noch miterlebt, indessen er 
gerade allem Anschein nach ohne zu ahnen, daß er einen der 
bedeutendsten und einflußreichsten Geister des damaligen Europa zum 
Sohne hatte; wenigstens äußerte er sich an seinem Lebensabend noch 
zu einem jungen Maler, der sich dem Meister angeschlossen hatte, es 
sei das Verhängnis seines Sohnes, daß er keinen Rat annehmen wolle. 
An Anregungen hat es dem Maler in seiner Jugend nicht gefehlt. Die 
Familie wohnte, als er heranwuchs, in einem höchst malerisch 
gelegenen säkularisierten Kloster St. Alban, dicht an den grünen Fluten 
des Rheins. Kirche und Friedhof des Klosters werden heute noch gerne 
gemalt. Bei Basel umgeben die weite Ebene des Rheintals drei Gebirge, 
alle drei reich an Naturschönheiten. Offenbar hat der Jura am stärksten 
auf Böcklin gewirkt. Die langgezogenen Höhenrücken, die steil 
aufragenden Felswände, die malerischen Schluchten, die wundervollen 
Buchen- und Tannenwälder und die Burgruinen, die von Berg zu Berg 
hinübergrüßen und an eine kriegerische Vergangenheit erinnern, all das 
war dazu angetan, die Phantasie des Knaben mächtig anzuregen. Das 
Schlichte wirkt oft nachhaltiger als das Glanzvolle. Gewisse Grundzüge 
dieser Landschaft scheinen denn auch in berühmten Schöpfungen der 
Spätzeit, die im glänzenden Talare südlicher Vegetation auftreten, 
wiederzukehren. 
Die Gemälde Holbeins, die den stolzen Kunstbesitz der Stadt bildeten, 
hingen damals noch in einem Raume der Bibliothek, der nicht 
genügend Licht hatte, wie Briefmarken in einem Album dicht 
beisammen «bis unter die Decke»; «aber ich hatte gute Augen», meinte 
der Meister. Freilich befinden sich unter diesen Meisterwerken nur 
wenige, die auf Unvorbereitete tiefen Eindruck zu machen pflegen und 
auch das Wenige war--wie man glauben sollte--nicht dazu angetan, 
einen geborenen Landschafter anzuregen. Was die Arbeiten 
auszeichnete, war die Klarheit der Form und die Feinheit und Schärfe 
der Beobachtung, und dennoch, sie haben ihm «sehr gefallen», haben 
ihn «sehr interessiert», obwohl, wie er selber hervorhob, Holbeins 
Richtung eine andere als die seine gewesen ist. 
Von starkem, wenn auch heute im einzelnen gar nicht mehr
abzuschätzendem Einfluß auf das Denken und Fühlen des 
heranwachsenden Künstlers war endlich zweifellos die literarische 
Bewegung der Zeit (schon sein Zeichenlehrer klagte, Böcklin lese zu 
viel), waren auch die mächtigen Wogen der patriotischen Begeisterung, 
die in den vierziger Jahren durch die Schweiz gegangen sind. Die Zeit, 
in der Böcklin es durchsetzte, Maler werden zu dürfen, fällt zusammen 
mit der, da Gottfried Keller erkannte, daß er zum Dichter berufen war. 
[Illustration: LANDSCHAFT MIT GEWITTERWOLKEN 1846] 
 
DIE ANFÄNGE SEINER KUNST 
Der Beginn der Malerlaufbahn fällt in das Jahr 1845. Im Frühjahr 
verließ Böcklin die Schule, im Sommer machte er noch Studien, wie es 
scheint, sowohl in den Alpen wie im Jura; im Oktober trat er in die 
Düsseldorfer Akademie    
    
		
	
	
	Continue reading on your phone by scaning this QR Code
 
	 	
	
	
	    Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the 
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.
	    
	    
