A Book of German Lyrics | Page 3

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der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne;
Weiche Nebel
trinken 15 Rings die türmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die
beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.
20

4. HEIDENRÖSLEIN
Sah' ein Knab' ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
War so
jung und morgenschön,
Lief er schnell, es nah zu sehn,
Sah's mit
vielen Freuden. 5 Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der
Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein aus der Heiden!
Röslein
sprach: Ich steche dich, 10 Daß du ewig denkst an mich,
Und ich
will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der
Heiden.
Und der wilde Knabe brach 15 's Röslein auf der Heiden;
Röslein
wehrte sich und stach,
Half ihm doch kein Weh und Ach,
Mußt' es
eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot, 20 Röslein auf der Heiden.

5. WANDRERS NACHTLIED

Der du von dem Himmel bist,
Alles Leid und Schmerzen stillest,

Den, der doppelt elend ist,
Doppelt mit Erquickung füllest,
Ach, ich
bin des Treibens müde! 5 Was soll all der Schmerz und Lust?
Süßer
Friede,
Komm, ach, komm in meine Brust!

6. EIN GLEICHES
Über allen Gipfeln
Ist Ruh;
In allen Wipfeln
Spürest du
Kaum
einen Hauch; 5 Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde

Ruhest du auch.

7. HOFFNUNG
Schaff', das Tagwerk meiner Hände,
Hohes Glück, daß ich's vollende!

Laß, o laß mich nicht ermatten!
Nein, es sind nicht leere Träume:

Jetzt nur Stangen, diese Bäume 5 Geben einst noch Frucht und
Schatten.

8. ERINNERUNG
Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.

Lerne nur das Glück ergreifen,
Denn das Glück ist immer da.

9. GEFUNDEN
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das
war mein Sinn.
Im Schatten sah ich 5 Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,

Wie Äuglein schön.

Ich wollt' es brechen,
Da sagt' es fein: 10 Soll ich zum Welken

Gebrochen sein?
Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ich's 15
Am hübschen Haus.
Und pflanzt' es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und
blüht so fort. 20

10. MIGNON
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die
Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,

Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl?
5
Dahin! Dahin

Möcht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal,
es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich
an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan? 10 Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht' ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im
Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut; 15 Es
stürzt der Fels und über ihn die Flut.
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!

11. HARFENSPIELER

Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Wer nie die kummervollen Nächte

Auf seinem Bette weinend saß,
Der kennt euch nicht, ihr
himmlischen Mächte.
Ihr führt ins Leben uns hinein, 5 Ihr laßt den Armen schuldig werden,

Dann überlaßt ihr ihn der Pein:
Denn alle Schuld rächt sich auf
Erden.

12. DER KÖNIG IN THULE
Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend
seine Buhle
Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber, 5 Er leert' ihn jeden Schmaus;
Die Augen
gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,
Zählt' er seine Städt' im Reich, 10 Gönnt'
alles seinem Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er saß beim Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem
Vätersaale 15 Dort auf dem Schloß am Meer.
Dort stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut
Und warf den
heil'gen Becher
Hinunter in die Flut. 20
Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief ins Meer.
Die Augen
täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.

13. DER FISCHER
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,
Ein Fischer saß daran,

Sah nach dem Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er
sitzt und wie er lauscht, 5 Teilt sich die Flut empor:
Aus dem

bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:
Was lockst du meine Brut 10 Mit
Menschenwitz und Menschenlist
Hinaus in Todesglut?
Ach,
wüßtest du, wie 's Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du
stiegst herunter, wie du bist, 15 Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?

Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her? 20 Lockt
dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklärte Blau?
Lockt dich
dein eigen Angesicht
Nicht her in ew'gen Tau?
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, 25 Netzt' ihm den nackten
Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,
Wie bei der Liebsten
Gruß.
Sie sprach zu
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