Novelle | Page 2

Johann Wolfgang von Goethe
Axt hier geklungen, und ��berall sind die m?chtigsten St?mme emporgewachsen.
Wo Ihr Euch an den Mauern andr?ngt, stellt sich der glatte Ahorn, die rauhe Eiche, die schlanke Fichte mit Schaft und Wurzeln entgegen; um diese m��ssen wir uns herumschl?ngeln und unsere Fu?pfade verst?ndig f��hren.
Seht nur, wie trefflich unser Meister dies Charakteristische auf dem Papier ausgedr��ckt hat, wie kenntlich die verschiedenen Stammund Wurzelarten zwischen das Mauerwerk verflochten und die m?chtigen ?ste durch die L��cken durchgeschlungen sind!
Es ist eine Wildnis wie keine, ein zuf?llig einziges Lokal, wo die alten Spuren l?ngst verschwundener Menschenkraft mit der ewig lebenden und fortwirkenden Natur sich in dem ernstesten Streit erblicken lassen".
Ein anderes Blatt aber vorlegend, fuhr er fort: "was sagt Ihr nun zum Schlo?hofe, der, durch das Zusammenst��rzen des alten Torturmes unzug?nglich, seit und undenklichen Jahren von niemand betreten ward?"
Wir suchten ihm von der Seite beizukommen, haben Mauern durchbrochen, Gew?lbe gesprengt und so einen bequemen, aber geheimen Weg bereitet.
Inwendig bedurft es keines Aufr?umens, hier findet sich ein flacher Felsgipfel von der Natur gepl?ttet, aber doch haben m?chtige B?ume hie und da zu wurzeln Gl��ck und Gelegenheit gefunden; sie sind sachte, aber entschieden aufgewachsen, nun erstrecken sie ihre ?ste bis in die Galerien hinein, auf denen der Ritter sonst auf und ab schritt, ja durch T��ren durch und Fenster in die gew?lbten S?le, aus denen wir sie nicht vertreiben wollen; sie sind eben Herr geworden und m?gens bleiben.

Novelle, Kapitel 2
Tiefe Bl?tterschichten wegr?umend, haben wir den merkw��rdigsten Platz geebnet gefunden, dessengleichen in der Welt vielleicht nicht wieder zu sehen ist.
Nach allem diesem aber ist es immer noch bemerkenswert und an Ort und Stelle zu beschauen, da? auf den Stufen, die in den Hauptturm hinauff��hren, ein Ahorn Wurzel geschlagen und sich zu einem so t��chtigen Baume gebildet hat, da? man nur mit Not daran vorbeidringen kann, um die Zinne, der unbegrenzten Aussicht wegen, zu besteigen.
Aber auch hier verweilt man bequem im Schatten, denn dieser Baum ist es, der sich ��ber das Ganze wunderbar hoch in die Luft hebt.
Danken wir also dem wackern K��nstler, der uns so l?blich in verschiedenen Bildern von allem ��berzeugt, als wenn wir gegenw?rtig w?ren; er hat die sch?nsten Stunden des Tages und der Jahrszeit dazu angewendet und sich wochenlang um diese Gegenst?nde herumbewegt.
In dieser Ecke ist f��r ihn und den W?chter, den wir ihm zugegeben, eine kleine, angenehme Wohnung eingerichtet.
Sie sollten nicht glauben, meine Beste, welch eine sch?ne Aus- und Ansicht er ins Land, in Hof und Gem?uer sich dort bereitet hat! Nun aber, da alles so rein und charakteristisch umrissen ist, wird er es hier unten mit Bequemlichkeit ausf��hren.
Wir wollen mit diesen Bildern unsern Gartensaal zieren, und niemand soll ��ber unsere regelm??igen Parterre, Lauben und schattigen G?nge seine Augen spielen lassen, der nicht w��nschte, dort oben in dem wirklichen Anschauen des Alten und Neuen, des Starren, Unnachgiebigen, Unzerst?rlichen und des Frischen, Schmiegsamen, Unwiderstehlichen seine Betrachtungen anzustellen".
Honorio trat ein und meldete, die Pferde seien vorgef��hrt; da sagte die F��rstin, zum Oheim gewendet: "reiten wir hinauf, und lassen Sie mich in der Wirklichkeit sehen, was Sie mir hier im Bilde zeigten!
Seit ich hier bin, h?r ich von diesem Unternehmen und werde jetzt erst recht verlangend, mit Augen zu sehen, was mir in der Erz?hlung unm?glich schien und in der Nachbildung unwahrscheinlich bleibt". --"Noch nicht, meine Liebe", versetzte der F��rst; "was Sie hier sahen, ist, was es werden kann und wird; jetzt stockt noch manches, die Kunst mu? erst vollenden, wenn sie sich vor der Natur nicht sch?men soll". --"Und so reiten wir wenigstens hinaufw?rts, und w?r es nur bis an den Fu?; ich habe gro?e Lust, mich heute weit in der Welt umzusehen". --"Ganz nach Ihrem Willen", versetzte der F��rst.--"Lassen Sie uns aber durch die Stadt reiten", fuhr die Dame fort, "��ber den gro?en Marktplatz, wo eine zahllose Menge von Buden die Gestalt einer kleinen Stadt, eines Feldlagers angenommen hat.
Es ist, als w?ren die Bed��rfnisse und Besch?ftigungen s?mtlicher Familien des Landes umher nach au?en gekehrt, in diesem Mittelpunkt versammelt, an das Tageslicht gebracht worden, denn hier sieht der aufmerksame Beobachter alles, was der Mensch leistet und bedarf; man bildet sich einen Augenblick ein, es sei kein Geld n?tig, jedes Gesch?ft k?nne hier durch Tausch abgetan werden, und so ist auch im Grunde.
Seitdem der F��rst gestern mir Anla? zu diesem ��bersichten gegeben, ist es mir gar angenehm zu denken, wie hier, wo Gebirg und flaches Land aneinandergrenzen, beide so deutlich aussprechen, was sie brauchen und was sie w��nschen.
Wie nun der Hochl?nder das Holz seiner W?lder in hundert Formen umzubilden wei?, das Eisen zu einem jeden Gebrauch zu vermannigfaltigen, so kommen jene dr��ben mit den vielf?ltigsten Waren ihm entgegen, an denen man den Stoff kaum unterscheiden und den Zweck oft nicht erkennen mag".
"Ich wei?", versetzte der F��rst, "da? mein Neffe hierauf die gr??te Aufmerksamkeit wendet, denn gerade zu dieser Jahrszeit kommt es haupts?chlich darauf an, da? man mehr empfange
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