Novelle

Johann Wolfgang von Goethe


Novelle
by Johann Wolfgang von Goethe

Novelle, Kapitel 1
Ein dichter Herbstnebel verh��llte noch in der Fr��he die weiten R?ume des f��rstlichen Schlo?hofes, als man schon mehr oder weniger durch den sich lichtenden Schleier die ganze J?gerei zu Pferde und zu Fu? durcheinander bewegt sah.
Die eiligen Besch?ftigungen der N?chsten lie?en sich erkennen: man verl?ngerte, man verk��rzte die Steigb��gel, man reichte sich B��chse und Patront?schchen, man schob die Dachsranzen zurecht, indes die Hunde ungeduldig am Riemen den Zur��ckhaltenden mit fortzuschleppen drohten.
Auch hie und da geb?rdete ein Pferd sich mutiger, von feuriger Natur getrieben oder von dem Sporn des Reiters angeregt, der selbst hier in der Halbhelle eine gewisse Eitelkeit, sich zu zeigen, nicht verleugnen konnte.
Alle jedoch warteten auf den F��rsten, der, von seiner jungen Gemahlin Abschied nehmend, allzulange zauderte.
Erst vor kurzer Zeit zusammen getraut, empfanden sie schon das Gl��ck ��bereinstimmender Gem��ter; beide waren von t?tig lebhaftem Charakter, eines nahm gern an des andern Neigungen und Bestrebungen Anteil.
Des F��rsten Vater hatte noch den Zeitpunkt erlebt und genutzt, wo es deutlich wurde, da? alle Staatsglieder in gleicher Betriebsamkeit ihre Tage zubringen, in gleichem Wirken und Schaffen jeder nach seiner Art erst gewinnen und dann genie?en sollte.
Wie sehr dieses gelungen war, lie? sich in diesen Tagen gewahr werden, als eben der Hauptmarkt sich versammelte, den man gar wohl eine Masse nennen konnte.
Der F��rst hatte seine Gemahlin gestern durch das Gewimmel der aufgeh?uften Waren zu Pferde gef��hrt und sie bemerken lassen, wie gerade hier das Gebirgsland mit dem flachen Lande einen gl��cklichen Umtausch treffe; er wu?te sie an Ort und Stelle auf die Betriebsamkeit seines L?nderkreises aufmerksam zu machen.
Wenn sich nun der F��rst fast ausschlie?lich in diesen Tagen mit den Seinigen ��ber diese zudringenden Gegenst?nde unterhielt, auch besonders mit dem Finanzminister anhaltend arbeitete, so behielt doch auch der Landj?germeister sein Recht, auf dessen Vorstellung es unm?glich war, der Versuchung zu widerstehen, an diesen g��nstigen Herbsttagen eine schon verschobene Jagd zu unternehmen, sich selbst und den vielen angekommenen Fremden ein eignes und seltnes Fest zu er?ffnen.
Die F��rstin blieb ungern zur��ck; man hatte sich vorgenommen, weit in das Gebirg hineinzudringen, um die friedlichen Bewohner der dortigen W?lder durch einen unerwarteten Kriegszug zu beunruhigen.
Scheidend vers?umte der Gemahl nicht, einen Spazierritt vorzuschlagen, den sie im Geleit Friedrichs, des f��rstlichen Oheims, unternehmen sollte ".
"Auch lasse ich", sagte er, "dir unsern Honorio als Stallund Hofjunker, der f��r alles sorgen wird".
Und im Gefolg dieser Worte gab er im Hinabsteigen einem wohlgebildeten jungen Mann die n?tigen Auftr?ge, verschwand sodann bald mit G?sten und Gefolge.
Die F��rstin, die ihrem Gemahl noch in den Schlo?hof hinab mit dem Schnupftuch nachgewinkt hatte, begab sich in die hintern Zimmer, welche nach dem Gebirg eine freie Aussicht lie?en, die um desto sch?ner war, als das Schlo? selbst von dem Flusse herauf in einiger H?he stand und so vor--als hinterw?rts mannigfaltige bedeutende Ansichten gew?hrte.
Sie fand das treffliche Teleskop noch in der Stellung, wo man es gestern abend gelassen hatte, als man, ��ber Busch, Berg und Waldgipfel die hohen Ruinen der uralten Stammburg betrachtend, sich unterhielt, die in der Abendbeleuchtung merkw��rdig hervortraten, indem alsdann die gr??ten Licht- und Schattenmassen den deutlichsten Begriff von einem so ansehnlichen Denkmal alter Zeit verleihen konnten.
Auch zeigte sich heute fr��h durch die ann?hernden Gl?ser recht auffallend die herbstliche F?rbung jener mannigfaltigen Baumarten, die zwischen dem Gem?uer ungehindert und ungest?rt durch lange Jahre emporstrebten.
Die sch?ne Dame richtete jedoch das Fernrohr etwas tiefer nach einer ?den, steinigen Fl?che, ��ber welche der Jagdzug weggehen mu?te.
Sie erharrte den Augenblick mit Geduld und betrog sich nicht, denn bei der Klarheit und Vergr??erungsf?higkeit des Instruments erkannten ihre gl?nzenden Augen deutlich den F��rsten und den Oberstallmeister; ja sie enthielt sich nicht, abermals mit dem Schnupftuche zu winken, als sie ein augenblickliches Stillhalten und R��ckblicken mehr vermutete als gewahr ward.
F��rst Oheim, Friedrich mit Namen, trat sodann, angemeldet, mit seinem Zeichner herein, der ein gro?es Portefeuille unter dem Arm trug.
"Liebe Cousine", sagte der alte, r��stige Herr, "hier legen wir die Ansichten der Stammburg vor, gezeichnet, um von verschiedenen Seiten anschaulich zu machen, wie der m?chtige Trutz- und Schutzbau von alten Zeiten her dem Jahr und seiner Witterung sich entgegenstemmte und wie doch hie und da sein Gem?uer weichen, da und dort in w��ste Ruinen zusammenst��rzen mu?te.
Nun haben wir manches getan, um diese Wildnis zug?nglicher zu machen, denn mehr bedarf es nicht, um jeden Wanderer, jeden Besuchenden in Erstaunen zu setzen, zu entz��cken".
Indem nun der F��rst die einzelnen Bl?tter deutete, sprach er weiter: "hier, wo man, den Hohlweg durch die ?u?ern Ringmauern heraufkommend, vor die eigentliche Burg gelangt, steigt uns ein Felsen entgegen von den festesten des ganzen Gebirgs; hierauf nun steht gemauert ein Turm, doch niemand w��?te zu sagen, wo die Natur aufh?rt, Kunst und Handwerk aber anfangen.
Ferner sieht man seitw?rts Mauern angeschlossen und Zwinger terrassenm??ig herab sich erstreckend.
Doch ich sage nicht recht, denn es ist eigentlich ein Wald, der diesen uralten Gipfel umgibt.
Seit hundertundfunfzig Jahren hat keine
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