Ein Bruderzwist in Habsburg | Page 2

Franz Grillparzer
um deinetwillen da? Sieh, dieser ist's, der deinen
Buhlen schlug, --Er tat's, nicht ich, doch freut mich was er tat-- Ein
Ende setzte jenem nächt'gen Flüstern, Den Ständchen, dem Gekos',
drob Ärgernis Den Nachbarn kam, besorgt um scheue Töchter; Er tat's,
und statt dafür ihn zu belohnen, Schleppt man ihn vor den Richter und
verdammt ihn.
Prokop (zur Gerichtsperson). Ist es gestattet, Herr, Auf offner Straße
Ehrbare Mädchen zu beschimpfen also?
Don Cäsar. Ehrbare Mädchen? Ha sie täuscht dich Alter, So wie sie
mich getäuscht und alle, alle Welt! Wohin nur geht ihr? Ja, zur Kirche
wohl! Da weift sie ab die volle Sündenspule, Um neue drauf zu winden,
still bemüht. Warum gehst du in Schwarz? Dir starb kein Blutsfreund.
Register führ ich über alles Unheil, Das dich bedroht und das dich
schon betraf. Kein Blutsfreund starb dir. Warum denn in Schwarz?
Klagst du ob dem, den dieser Mann erschlug? Sprich ja, und dieses
Schwert--O Nacht und Greuel! Warum in Schwarz?
Prokop. Komm laß uns gehn mein Kind!
Don Cäsar. Geh nicht, und du!--Bleib noch!--Lukrezia! (Prokop mit
seiner Tochter ab.) Ich will ihr nach!--Und doch!--Rußworm verzeih,
Mich übermannte, blendete der Zorn. Doch soll darob nicht deine
Sache leiden. Zum Kaiser geh ich, fordre deine Freiheit, Und weigert
er's--Glaub nur, er wird es nicht!-- So werf ich vor ihm ab die Gnaden
alle, Die Lasten, die mir seine Laune schuf, Gönn andern das Bemühn
ihm zu gefallen Und such in Ungarn Türkensäbel auf. Leb wohl! Ihr
andern aber merkt euch dieses Wort: Wird ihm ein Haar gekrümmt, eh'
neue Botschaft, Des Kaisers eigener Befehl es heischt, Zahlt euer Kopf
für jede rasche Regung (Im Vorübergehen vor Lukrezias Hause.) Haus,
sei verdammt, du Hölle mir von je! (Ab.)
(Rußworm wird nach der andern Seite abgeführt.)
Verwandlung Saal im kaiserlichen Schlosse zu Prag.
Durch die Mitteltüre treten Hofleute auf, die sich im Hintergrunde

zerstreuen. Ein Kämmerer kommt durch den Haupteingang, hinter ihm
Klesel und Erzherzog Mathias.
Klesel. Ich bitt Euch, Herr!
Kämmerer. Fürwahr, es kann nicht sein.
Klesel. Ein Augenblick Gehör.
Kämmerer. Sie sind beschäftigt.
Klesel. Des Kaisers Bruder selbst.
Kämmerer. Wenn auch, wenn auch! Doch will ich wohl versuchen ob's
gelingt. (Ab in eine Seitentüre rechts.)
Mathias. So viel denn braucht's, den Kaiser nur zu sehn!
Klesel. Den Kaiser? Herr, glaubt ihr, wir sind soweit? Bei Wolfen
Rumpf, geheimen Kämmerer, Sucht Ihr nun Audienz.
Mathias. Du heil'ger Gott! Und das im selben Schloß, denselben
Zimmern, Wo ich an unsers Vaters Hand einherging, Mit meinem
Bruder,--der geliebtre Sohn.
Klesel. Ja, der geliebtre Sohn! Da liegt es eben! Hätt' Euer Vater
minder Euch geliebt, Was gilt es? Euer Bruder liebt' Euch wärmer.
Mathias. Entehrt, verstoßen!
Klesel. Hart, ich geh es zu. Doch war der Schritt bedenklich wohl
genug, Der Euch zuletzt gebracht aus allen Hulden. Reist ab von Wien
ins ferne Niederland, Stellt an die Spitze der Rebellen Euch, Entzweit
die Höfe von Madrid und Wien; Und, was das schlimmste, kehrt denn
endlich heim Und habt nichts effektuiert.
Mathias. Ich ward getäuscht, Oranien betrog mich um den Sieg. Doch
war der Plan, gesteht es, göttlich schön: Hineinzugreifen in den wilden
Aufruhr Und aus den Trümmern, schwimmend rechts und links, Sich
einen Thron erbaun, sein eigner Schöpfer, Niemand darum verpflichtet
als sich selbst.
Klesel. Ich seh es kommen. Weht der Wind von daher? Hab was du
hast, woher du's hast gilt gleich, Gekauft, ererbt,--nur nicht gestohlen,
Herr. Zwar Politik nennt so was akquiriert Und find't sich wohl dabei.
Mathias. Mit mir ist's aus. Ich will den Kaiser untertänig bitten Mir zu
verleihn die Stadt und Herrschaft Steyr, Dort will ich leben, und dafür
entsagen All meinem Erbrecht, aller Sukzession, Die mir gebührt auf
österreich'sche Lande. Der Anfallstag, er fände mich im Grab.
Klesel. Nun allzuwenig, wie nur erst zuviel. So treibt Ihr Euch denn
stets im Äußersten O Maximilians unweise Söhne! (Nachdem er sich

umgesehen, leise.) Eu'r Spiel steht gut, Ihr habt die Trümpfe, Herr!
Harrt aus! Harrt aus! Und nur nichts von Entsagung, Von Schäferglück!
Begehrt mir ein Kommando In Ungarn! Ein Kommando sag ich Herr!
Was soll Euch Steyr? Der Waagebalken steht, Und kurze Frist, so
schnellt ein Quentchen mehr In Eurer Schale, diese in die Höh'. Auf
Euch ruht Habsburgs Heil, das Heil der Kirche, Ruht unser aller Heil.
Mathias. Mit mir ist's aus!
Klesel. Ich seh es ist, und so geb ich Euch auf. Hier kommt Herr
Rumpf, führt selber Eure Sache. (Er tritt zurück.)
(Wolf Rumpf kommt aus der zweiten Seitentüre rechts, Schriften unter
dem Arme, gebückten Ganges, der Kämmerer hinter ihm. Der
Kämmerer zeigt mit der Hand auf Erzherzog Mathias. Rumpf geht,
ohne darauf zu achten, der Mitteltüre zu. Nachdem er sie fast erreicht
hat, tritt ihm Klesel in den Weg.)
Klesel. Eu'r Strengen! Darf erzherzogliche Durchlaucht Gehör beim
Kaiser hoffen?
Rumpf. Kann nicht sein.
Klesel (auf Mathias zeigend, der im
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