Die Laune des Verliebten | Page 4

J.W. Goethe
Was gab sie dir dafuer?
Lamon. Was? Nichts! Sie liess sich kuessen. Man tu auch, was man will, man traegt doch nie zum Lohn Von einem Maedchen mehr als einen Kuss davon.
Amine [zeigt Eglen den Kranz mit der Schleife]. Ist es so recht?
Egle. Ja, gib! [Sie haengt Aminen den Kranz um, so dass die Schleife auf die rechte Schulter kommt. Mittlerweile redet sie mit Lamon.] Hoer! nur recht lustig heute!
Lamon. Nur heute recht gelaermt! Man fuehlt nur halbe Freude, Wenn man sie sittsam fuehlt und lang sich's ueberlegt, Ob unser Liebster das, der Wohlstand jens ertraegt.
Egle. Du hast wohl recht.
Lamon. Ja wohl!
Egle. Amine! setz dich nieder! [Amine setzt sich, Egle steckt ihr Blumen in die Haare, indem sie fortredet.] Komm, gib mir doch den Kuss von deiner Chloris wieder.
Lamon [kuesst sie]. Von Herzen gerne. Hier!
Amine. Seid ihr nicht wunderlich!
Egle. Waer Eridon es so, es waer ein Glueck fuer dich.
Amine. Gewiss, er duerfte mir kein fremdes Maedchen kuessen.
Lamon. Wo ist die Rose?
Egle. Sie hat sie ihm geben muessen, Ihn zu besaenftigen.
Amine. Ich muss gefaellig sein.
Lamon. Gar recht! Verzeih du ihm, so wird er dir verzeihn. Ja, ja! Ich merk es wohl, ihr plagt euch um die Wette.
Egle [als ein Zeichen, dass sle mit dem Kopfputze fertig ist]. So!
Lamon. Schoen!
Amine. Ach dass ich doch jetzt schon die Blumen haette, Die Eridon mir bringt.
Egle. Erwart' ihn immer hier. Ich geh' und putze mich. Komm Lamon, geh mit mir! Wir lassen dich allein und kommen bald zuruecke.

Fuenfter Auftritt
[Amine. Hernach Eridon.]
Amine. O welche Zaertlichkeit, beneidenswuerdges Gluecke! Wie wuenscht' ich - sollt' es wohl in meinen Kraeften stehn - Den Eridon vergnuegt, und mich beglueckt zu sehn! Haett' ich nicht so viel Macht ihm ueber mich gegeben, Er wuerde gluecklicher und ich zufriedner leben. Versuch', ihm diese Macht durch Kaltsinn zu entziehn! Doch, wie wird seine Wut bei meiner Kaelte gluehn! Ich kenne seinen Zorn, wie zittr' ich, ihn zu fuehlen! Wie schlecht wirst du, mein Herz, die schwere Rolle spielen! Doch wenn du es so weit wie deine Freundin bringst, Da er dich sonst bezwang, du kuenftig ihn bezwingst - Heut' ist Gelegenheit; sie nicht vorbei zu lassen, Will ich gleich jetzt - Er kommt! Mein Herz, du musst dich fassen.
Eridon [gibt ihr Blumen]. Sie sind nicht gar zu schoen, mein Kind! verzeih es mir, Aus Eile nahm ich sie.
Amine. Genug, sie sind von dir.
Eridon. So bluehend sind sie nicht, wie jene Rosen waren, Die Damon dir geraubt.
Amine [steckt sie an den Busen]. Ich will sie schon bewahren; Hier, wo du wohnst, soll auch der Blumen Wohnplatz sein.
Eridon. Ist ihre Sicherheit da -
Amine. Glaubst du etwa? -
Eridon. Nein! Ich glaube nichts, mein Kind; nur Furcht ist's, was ich fuehle. Das allerbeste Herz vergisst bei muntrem Spiele, Wenn es des Tanzes Lust, des Festes Laerm zerstreut, Was ihm die Klugheit raet und ihm die Pflicht gebeut. Du magst wohl oft an mich auch beim Vergnuegen denken; Doch fehlt es dir an Ernst, die Freiheit einzuschraenken, Zu der das junge Volk sich bald berechtigt glaubt, Wenn ihm ein Maedchen nur im Scherze was erlaubt. Es haelt ihr eitler Stolz ein taendelndes Vergnuegen Sehr leicht fuer Zaertlichkeit.
Amine. Gnug, dass sie sich betruegen! Wohl schleicht ein seufzend Volk Liebhaber um mich her; Doch du nur hast mein Herz, und sag, was willst du mehr? Du kannst den Armen wohl mich anzusehn erlauben, Sie glauben wunder -
Eridon. Nein, sie sollen gar nichts glauben! Das ist's, was mich verdriesst. Zwar weiss ich, du bist mein; Doch einer denkt vielleicht, beglueckt wie ich zu sein, Schaut in das Auge dir und glaubt dich schon zu kuessen Und triumphiert wohl gar, dass er dich mir entrissen.
Amine. So stoere den Triumph! Geliebter, geh mit mir, Lass sie den Vorzug sehn, den du -
Eridon. Ich danke dir. Es wuerde grausam sein, das Opfer anzunehmen; Mein Kind, du wuerdest dich des schlechten Taenzers schaemen; Ich weiss, wem euer Stolz beim Tanz den Vorzug gibt: Dem, der mit Anmut tanzt, und nicht dem, den ihr liebt.
Amine. Das ist die Wahrheit.
Eridon [mit zurueckgehaltenem Spott]. Ja! Ach, dass ich nicht die Gabe Des leichten Damarens, des Vielgepriesnen, habe! Wie reizend tanzt er nicht!
Amine. Schoen! dass ihm niemand gleicht.
Eridon. Und jedes Maedchen -
Amine. Schaetzt -
Eridon. Liebt ihn darum!
Amine. Vielleicht.
Eridon. Vielleicht? Verflucht! Gewiss!
Amine. Was machst du fuer Gebaerden?
Eridon. Du fragst? Plagst du mich nicht, ich moechte rasend werden!
Amine. Ich? Sag, bist du nicht schuld an mein und deiner Pein? Grausamer Eridon! wie kannst du nur so sein?
Eridon. Ich muss; ich liebe dich. Die Liebe lehrt mich klagen; Liebt ich dich nicht so sehr, ich wuerde dich nicht plagen! Ich fuehl mein zaertlich Herz von Wonne hoch entzueckt, Wenn mir dein Auge lacht, wenn deine Hand mich drueckt, Ich dank den Goettern, die mir dieses Gluecke gaben; Doch ich verlang's allein, kein andrer soll es haben.
Amine. Nun gut, was klagst du denn? Kein
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