Zur Freundlichen Erinnerung

Oscar Maria Graf

Zur Freundlichen Erinnerung, by Oscar Maria Graf

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Title: Zur Freundlichen Erinnerung
Author: Oscar Maria Graf
Release Date: April, 2005 [EBook #7985] [This file was first posted on June 9, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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ZUR FREUNDLICHEN ERINNERUNG--ACHT ERZ?HLUNGEN
von
OSCAR MARIA GRAF

INHALT
Zw?lf Jahre Zuchthaus.
Sinnlose Begebenheit.
Die Lunge.
Ohne Bleibe.
Etappe.
Michael J��rgert.
Ein dummer Mensch.
Ablauf.

ZW?LF JAHRE ZUCHTHAUS
I.
Weit hatte es der Schlosser Peter Windel im Laufe einer beinahe zwanzigj?hrigen Arbeitszeit bei der Motorenfabrik Jank gebracht. Als blutjunger Geselle trat er damals in den Dienst und heute war er erster Werkmeister. Seine stumpfe, schweigende Energie, sein fanatischer Lerneifer und seine fast pedantische, aber keineswegs devote P��nktlichkeit hatten ihm Respekt und Achtung verschafft, bei den Arbeitern sowohl, wie bei den Vorgesetzten. Beliebt war er nicht, aber es war keiner in der ganzen Fabrik, der auf ein einmal gesprochenes Wort von Windel nichts gab. Es dauerte allerdings lange, bis er mehr als das Allernotwendigste sprach. Verschlossen, wortkarg und mit jener stoischen Strenge im Gesicht, die schon nahe an der Grenze des Mi?muts steht--so kannte man ihn seit Jahr und Tag. Noch dazu war er keineswegs eine Erscheinung. Von Gestalt klein und nicht gerade kr?ftig, etwas vorn��bergebeugt, mit langem Hals, auf dem ein unf?rmiger, zu gro?er Kopf mit borstigen, kurzen, schon etwas angegrauten Haaren und weitwegstehenden Ohren sa?. Das lederne, scharfe Gesicht machte einen ��berreizten Eindruck. Die tiefliegenden, unruhigen Augen waren von vielen blutunterlaufenen ?derchen durchzogen. Aus dem schroffen Tal der Backen hob sich die plumpe, unregelm??ige Nase wie ein spitzer H��gel. Griesgr?mig griff die massige, verfaltete Stirne von einer Schl?fenbucht zur andern.
Das Merkw��rdigste an diesem Antlitz aber war der untere Teil. Er schien fast von einem anderen Menschen zu sein, hatte etwas so Hilfloses und Sch��chternes, da? man den Eindruck des M?dchenhaften nicht losbrachte, wenn nicht hin und wieder der ge?ffnete kleine, aufgeworfene Mund die eingerissenen, stark mitgenommenen Z?hne gezeigt h?tte. Kam noch hinzu ein ungew?hnlich kurzes, fast in den Hals gefallenes und nur durch einen ganz kleinen Ballen angedeutetes Kinn, aus dem ein spr?der Knebelbart spritzte wie eine Rettung. Sonst h?tte man buchst?blich der Meinung sein k?nnen, nach dem Hals ginge der Mund an.
Man sagt im allgemeinen, Pedanten, die ihr Dasein fast abgezirkelt genau ableben, h?tten ein sorgf?ltig gepflegtes Erinnerungsverm?gen und verg??en die kleinste Kleinigkeit oft jahrelang nicht.
Peter Windel hatte keine Erinnerung.
Schlie?lich, da? man irgendwie zur Welt kommt, aufw?chst und allm?hlich auf einen Namen h?rt, dann, in der Schule, noch auf einen zweiten; in die Lehre kommt, etliche Stellen wechselt; da? es einem schlecht oder besser geht, da? man auf einem Gottesacker unter anderen Leuten um ein Grab steht und den Kies auf den Sarg einer toten Mutter oder eines verstorbenen Vaters, eines Bruders oder einer Schwester fallen h?rt und endlich Hinterlassenschaftspapiere, Notariatszimmer und Pfandbriefe zu sehen bekommt,--das erlebt so ziemlich jeder Mensch auf die eine oder andere Weise.
Ein schepperndes Weckerl?uten. Es ist noch tiefste Nacht drau?en, die Fenster sind gefroren und hoch herauf verschneit, man h?rt auf den weiten, ��berschneiten Stra?en nur seine eigenen Schritte knirschen. Aus Schnee und Dunkelheit kommt langsam eine flimmernde Stra?enbahn, dann hinter einer gelben Fensterscheibe ein verschlafenes, ?rgerliches Pf?rtnergesicht, ��her einen Hof viele, dumpf trommelnde Schritte und ineinanderschwimmende Laute, endlich einen glatten Hebel in der Hand, --herumgezogen--und ratsch! ein ganzer Hauskolo? surrt bebend auf, die Riemen klatschen, ?chzen, es h?mmert, feilt, quietscht, kracht, klingt, braust--das wu?te Peter Windel seit ewiger Zeit. Zwischendurch freilich auch Sommertage. Ein offenes Fenster, K��hle und D?mmerung und etliche sch��chterne Vogeltriller beim Erwachen. Das meiste der zwanzig Jahre--: N?chte ��ber technischen B��chern, Sonntagnachmittage ��ber dem Zeichenblock und manchmal ein Z?hlen des ersparten Geldes. ?fters als w��nschenswert Streitigkeiten, Z?nkereien mit der halbtauben, beschr?nkten Logisfrau k?nnen noch hinzugez?hlt werden. Das war alles. Peter Windel hatte keine Erinnerung. Er kannte nur Interessen.
Wenn nicht--
Und hier beginnt diese Geschichte.
II.
"Sie sind eine Sau! Vier Wochen kein frisches Handtuch, zwei Monate keine Bettw?sche gewechselt! Wenn das nicht
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