Augenblick tritt jedoch die Ursula, Hansjörgens Mutter in 
die Stube und sagt zum Benedict: "He, Benedict, wollt Ihr tanzen? 
Weißt wohl, daß ich nichts dagegen habe, wenn´s Zeit ist, doch ist 
heute nicht Freitag Abend? Was fällt dir auch ein, an einem solchen 
Abend blasen zu wollen? Kommt am Sonntag oder an einem Tage in 
der nächsten Woche!" 
Der Benedict wird feuerroth, steckt die Klarinette ein, geht mit dem 
jungen Volke fort und sagt auf dem Heimwege zu den Mädlen, er wisse
gar nicht, was er darum gäbe, wenn er heute nur nicht in Ursulas Haus 
gewesen wäre! ... Die Ursula war eine Gevatterin seiner Mutter und 
Gotte dreier seiner jüngern Geschwister, hatte ihn von Kindesbeinen an 
geliebt und geehrt, doch wer ihr Haus mit keinem Schritte mehr betrat 
und ihr auf der Straße fortan auswich, das war er, und zwar deßhalb, 
weil er meinte, sie hielte ihn in ihrem Herzen für einen 
religionsfeindlichen Menschen, der sich nichts daraus mache, am 
Freitag zu tanzen und aufzuspielen! 
Hatte es früher schon schlechte und verrufene Leute im Dorfe gegeben, 
so gab es allmälig auch Aufgeklärte, denn mancher, der als frommer, 
züchtiger Rekrut fortgegangen war und auf Urlaub heimkam, hatte die 
Welt in der Stadt und in der Kaserne mit neuen Augen betrachten 
gelernt und der reiche Max aus dem Rindhofe wanderte jetzt fleißig in 
die nahe Stadt, wo er in jeder Bierkneipe gescheidte Leute und genug 
kirchenfeindliche Zeitungen fand. Der arme Benedict regierte die 
Jungen im Dorfe, der reiche Max sah dies nicht gern, suchte und bekam 
auch Anhang und daß der vielgepriesene "Zeitgeist" auch in diesem 
Dörflein zu rumoren anfange, zeigte sich vor dem Frohnleichnamsfeste. 
Seit urdenklichen Zeiten saßen jedes Jahr am Tage vor dem 
Frohnleichnamsfeste die Mädchen in der Schulstube und arbeiteten oft 
bis Mitternacht, um das Kreuz und den Altar, zu welchem die 
Prozession morgen aus dem Pfarrdorfe herüberzog, mit den 
stattlichsten Kränzen und Blumen zu schmücken. Sie hätten es sich um 
keinen Preis nachsagen lassen, der Herrgott am Kreuz und das ganze 
Kreuz sammt dem Altare seien nicht mit Kränzen, Blumen und 
Bändern aufs reichlichste ausstaffirt gewesen. Die Bänder wurden von 
den Mädchen und deren Müttern geliefert und heuer kommandirt der 
Benedict den ganzen Tag im Schulhause, macht den stattlichsten Kranz, 
der die Dornenkrone bedecken sollte und verspricht Abends beim 
Fortgehen, er werde der erste sein, welcher morgen früh den ersten 
Kranz ans Kreuz hefte. 
Dem schwülen Tage folgte eine Regennacht, welche zu stürmisch war, 
als daß man hätte fürchten mögen, die Prozession werde darunter leiden 
und noch um 11 Uhr saßen einige Mädchen in der Schulstube, um beim 
Licht die letzten Zurüstungen zu treffen. Der Benedict liegt im Bett und
will sich eben vom Rauschen des Sturmes in den Baumwipfeln und 
vom Plätschern des Regens in Schlaf lullen lassen, als es leise an 
seinem Fensterlein klopft und ruft. Er springt auf, denn er kennt diese 
freundliche Stimme und verwundert sich über den seltsamen Ton 
derselben. 
"Hör', Benedict, jetzt sind wir Mädchen zu Schanden gemacht," 
berichtet die Margareth, welche den hübschen Kopf in das 
Kammerfensterlein hineinstreckt, damit das Wasser vom Dache sie 
nicht ersäufe. 
"Verlassen und verrathen sind wir, alle Mühe war umsonst, denn die 
Buben haben keine Maien geholt!" bestätigt die Susanne. "Was? keine 
Maien?" sagt der Benedict erschrocken und Margareth sammt der Jutta 
und dem Vefele, die auch herbeieilen, erzählen, der Max habe die 
Buben aufgehetzt, heuer keine Maien im Walde zu holen und gesagt, es 
sei eine Schande für so große Esel, sich noch mit solchen "Kindereien" 
abzugeben. Daß der Max nicht umsonst redete, während der Benedict 
im Schulhause saß, stellte sich um Mitternacht sonnenklar heraus. Die 
Maien sind jedoch gleichsam die Rahmen, welche das Kreuz und den 
Altar liebend umfassen und wie armselig sieht ein Bild ohne Rahmen 
drein? Je größer, schöner und frischer die Maien, desto größer die Ehre 
für die Mädchen, an den Maien erkannten die Leute aller benachbarten 
Dörfer, wie Buben und Mädchen in diesem Jahre zusammen standen, 
seit Menschengedenken hatten die Maien nie gefehlt, drum that es den 
Mädchen heuer desto weher, sie sahen nicht nur den Herrgott 
vernachlässigt, sondern sich selbst beschimpft. 
Rathlos steht der Benedict, ängstlich stehen seine Herzkäfer vor dem 
Fensterlein, der Regen stürzt wie aus Kübeln vom dunkeln 
Nachthimmel und ob den Vogesen, dem Rheinthale und Schwarzwalde 
zugleich flammen Blitze und kanonirt hundertstimmiger Donner. 
"Geht heim, ihr Lieben, Maien müssen her, ich verlasse Euch nicht!" 
sagt endlich der Benedict, reicht den Mädchen die Hand, schließt das 
Fensterlein und schleicht zu den Eltern. Die Mutter hat all ihre Seiden- 
und Taffetbänder ins Schulhaus geschickt, sie weiß, daß sich die 
Mädchen heuer ganz besonders abmühten, jetzt erzählt er, wie
schimpflich die Buben gehandelt und die Mutter stößt ihren Alten aus 
dem Schlafe. "Wär´ der Werktag nicht schon vorbei und der 
Fronleichnamstag angebrochen, so ginge ich wahrlich trotz Sturm und 
Wetter in    
    
		
	
	
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