leichter, alle 
Zurüstungen zu ihrem Vorteil zu gebrauchen und ihn über das, was er 
zu tun hatte, nur noch mehr zu verwirren. 
Serlo benutzte die Todespost zu seinem Vorteil, und wirklich hatte er 
auch täglich immer mehr Ursache, an eine andere Einrichtung seines 
Schauspiels zu denken. Er mußte entweder seine alten Kontrakte 
erneuern, wozu er keine große Lust hatte, indem mehrere Mitglieder, 
die sich für unentbehrlich hielten, täglich unleidlicher wurden; oder er 
mußte, wohin auch sein Wunsch ging, der Gesellschaft eine ganz neue 
Gestalt geben. 
Ohne selbst in Wilhelmen zu dringen, regte er Aurelien und Philinen
auf; und die übrigen Gesellen, die sich nach Engagement sehnten, 
ließen unserm Freunde gleichfalls keine Ruhe, so daß er mit ziemlicher 
Verlegenheit an einem Scheidewege stand. Wer hätte gedacht, daß ein 
Brief von Wernern, der ganz im entgegengesetzten Sinne geschrieben 
war, ihn endlich zu einer Entschließung hindrängen sollte. Wir lassen 
nur den Eingang weg und geben übrigens das Schreiben mit weniger 
Veränderung. 
 
V. Buch, 2. Kapitel 
 
Zweites Kapitel 
"--So war es, und so muß es denn auch wohl recht sein, daß jeder bei 
jeder Gelegenheit seinem Gewerbe nachgeht und seine Tätigkeit zeigt. 
Der gute Alte war kaum verschieden, als auch in der nächsten 
Viertelstunde schon nichts mehr nach seinem Sinne im Hause geschah. 
Freunde, Bekannte und Verwandte drängten sich zu, besonders aber 
alle Menschenarten, die bei solchen Gelegenheiten etwas zu gewinnen 
haben. Man brachte, man trug, man zahlte, schrieb und rechnete; die 
einen holten Wein und Kuchen, die andern tranken und aßen; 
niemanden sah ich aber ernsthafter beschäftigt als die Weiber, indem 
sie die Trauer aussuchten. 
Du wirst mir also verzeihen, mein Lieber, wenn ich bei dieser 
Gelegenheit auch an meinen Vorteil dachte, mich deiner Schwester so 
hilfreich und tätig als möglich zeigte und ihr, sobald es nur 
einigermaßen schicklich war, begreiflich machte, daß es nunmehr unsre 
Sache sei, eine Verbindung zu beschleunigen, die unsre Väter aus 
allzugroßer Umständlichkeit bisher verzögert hatten. 
Nun mußt du aber ja nicht denken, daß es uns eingefallen sei, das große, 
leere Haus in Besitz zu nehmen. Wir sind bescheidner und vernünftiger; 
unsern Plan sollst du hören. Deine Schwester zieht nach der Heirat 
gleich in unser Haus herüber, und sogar auch deine Mutter mit. 
"Wie ist das möglich?" wirst du sagen; "ihr habt ja selbst in dem Neste 
kaum Platz." Das ist eben die Kunst, mein Freund! Die geschickte 
Einrichtung macht alles möglich, und du glaubst nicht, wieviel Platz 
man findet, wenn man wenig Raum braucht. Das große Haus verkaufen 
wir, wozu sich sogleich eine gute Gelegenheit darbietet; das daraus 
gelöste Geld soll hundertfältige Zinsen tragen.
Ich hoffe, du bist damit einverstanden, und wünsche, daß du nichts von 
den unfruchtbaren Liebhabereien deines Vaters und Großvaters geerbt 
haben mögest. Dieser setzte seine höchste Glückseligkeit in eine 
Anzahl unscheinbarer Kunstwerke, die niemand, ich darf wohl sagen 
niemand, mit ihm genießen konnte: jener lebte in einer kostbaren 
Einrichtung, die er niemand mit sich genießen ließ. Wir wollen es 
anders machen, und ich hoffe deine Beistimmung. 
Es ist wahr, ich selbst behalte in unserm ganzen Hause keinen Platz als 
den an meinem Schreibepulte, und noch seh ich nicht ab, wo man 
künftig eine Wiege hinsetzen will; aber dafür ist der Raum außer dem 
Hause desto größer. Die Kaffeehäuser und Klubs für den Mann, die 
Spaziergänge und Spazierfahrten für die Frau, und die schönen 
Lustörter auf dem Lande für beide. Dabei ist der größte Vorteil, daß 
auch unser runder Tisch ganz besetzt ist und es dem Vater unmöglich 
wird, Freunde zu sehen, die sich nur desto leichtfertiger über ihn 
aufhalten, je mehr er sich Mühe gegeben hat, sie zu bewirten. 
Nur nichts überflüssiges im Hause! nur nicht zu viel Möbeln, 
Gerätschaften, nur keine Kutsche und Pferde! Nichts als Geld, und 
dann auf eine vernünftige Weise jeden Tag getan, was dir beliebt. Nur 
keine Garderobe, immer das Neueste und Beste auf dem Leibe; der 
Mann mag seinen Rock abtragen und die Frau den ihrigen vertrödeln, 
sobald er nur einigermaßen aus der Mode kömmt. Es ist mir nichts 
unerträglicher als so ein alter Kram von Besitztum. Wenn man mir den 
kostbarsten Edelstein schenken wollte mit der Bedingung, ihn täglich 
am Finger zu tragen, ich würde ihn nicht annehmen; denn wie läßt sich 
bei einem toten Kapital nur irgendeine Freude denken? Das ist also 
mein lustiges Glaubensbekenntnis: seine Geschäfte verrichtet, Geld 
geschafft, sich mit den Seinigen lustig gemacht und um die übrige Welt 
sich nicht mehr bekümmert, als insofern man sie nutzen kann. 
Nun wirst du aber sagen: wie ist denn in eurem saubern Plane an mich 
gedacht? Wo soll ich unterkommen, wenn ihr mir das väterliche Haus 
verkauft und in dem eurigen nicht der mindeste Raum übrigbleibt?' 
Das ist freilich der Hauptpunkt, Brüderchen, und auf den werde ich dir 
gleich dienen können, wenn ich dir vorher das gebührende Lob über 
deine vortrefflich angewendete Zeit werde entrichtet    
    
		
	
	
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