Weihnachtserzählungen | Page 2

Adolph Schwayer
O Sturm, was bist du für ein j?mmerlicher Kraftprotz gegen diese Giganten im Menschenherzen!
Aber des Vaters Sonne leuchtete und seine Wonne ging nie aus. Und ihr gesellten sich froher fr?hlicher Sinn bei und sonnenheitere Freude, stille warme Lebensfreude, die über den Seelen von Vater und Mutter lagen wie ein Sonnenglanz. Und in seinem Herzen, in seinem Hause blühte und duftete die Wunderblume Zufriedenheit und waltete und webte still der Zauber unbewu?ter Poesie: das stille echte Glück war zu Hause bei Vater und Mutter und sein Sonnenglanz fiel auch auf ihn, den heranwachsenden Sohn. -- Da mu?te wohl eines Tages der Neid vorbeigegangen sein an dem Hause des Glückes und es dem Bruder Hein verraten haben. Und der kam und nahm den Vater mit und lie? Frau Sorge zurück. Und die rief bald, ach! nur zu bald ihre unerbittliche Schwester herbei -- die Not. Die wehrt den Leibern das t?gliche Brot und bringt der Seelen duftende Blüten langsam zum Verdorren ...
Allm?hlich verbla?te nach des Vaters Tode aller Glanz. Die Hilfsquellen versiegten, das hinterlassene Geld ging aus. Gar viel war's ja nicht. Nur der Stolz blieb dem Sohne als Erbe. Und dieses Erbe konnten nicht Not und nicht Hunger schm?lern. Es mehrte sich noch und verst?rkte sich noch durch den Trotz. Diese beiden Tyrannen seines Herzens stellte er dem Onkel entgegen, der, durch des Bruders j?hen Tod weich gestimmt, rasche Vers?hnung suchte. Der Sohn aber wies ihn kalt ab: er, der dem Bruder die Tür gewiesen habe, er h?tte müssen den Weg zum Bruderherzen im Leben finden und nicht nach dem Tode. Für dieses nachhinkende Mitgefühl danke er!
Da hatte der gereizte Onkel ein b?ses Wort gesagt: auch wenn er einst -- und das werde kommen! -- in Not und Elend vor ihm auf den Knien liegen werde, würde er ihn nicht erh?ren und ihm nicht helfen, dem Starrkopf, und wenn er zugrunde gehn sollte vor seinen Augen! Damit war's aus mit den zweien, rundweg aus.
So ging in leuchtenden Bildern und ging mit Schaudern und Grimm die Vergangenheit an dem jungen Manne vorüber, der mit dem Lebenssturme weit h?rter zu ringen hatte, als jetzt mit dem wütigen Herbststurme.
Seine Mienen waren düsterer geworden als droben der graue Himmel. So trat er in den kleinen Kr?merladen in der N?he seiner Wohnung, bestellte Holz und Kohle und nahm einen kleinen Imbi? mit -- für die Mutter. Dabei knurrte ihm der Magen just vor dem grinsenden Kr?mer boshafterweise so laut, da? der Mann es h?ren konnte. Ueberstürzt eilte Theobald davon.
Als er in die Stube trat, die noch manch liebes altes, erinnerunggeweihtes M?belstück enthielt, lag auf seinem Angesichte ein L?cheln, das so heiter scheinen sollte wie eitel Frühlingssonnenschein und doch nur eines L?chelns herzberührendes Zerrbild war.
Die Mutter sah's und -- l?chelte ihn gleichfalls an. Aber es war nicht das wehmütige L?cheln, das wie sonst dem Sohne verriet, sie habe ihn durchschaut bis auf seines Herzens dunkelsten Grund: scheu l?chelte sie heute und verlegen, schier schamhaft und doch so lieb, so unendlich lieb, da? der erregte Sohn sie in seine Arme schlo? und aufst?hnte, aufschluchzte vor Freud und Weh.
Er ri? sich rasch los und zog seinen Schatz hervor.
?Mutter -- da! Für dich!?
?Und du??
?Hab schon gegessen -- im ... im Studentenheim ...?
Sie sah ihn forschend an und glaubte ihm nicht recht. Im Studentenheim hatte man ihn neulich wie einen Bettler behandelt. Dahin ging er also wohl nimmer. Und neu war ihr diese Selbstverleugnung an ihrem Sohne auch nicht, neu war ihr auch nicht, da? er lieber Hunger litt, als sie darben zu lassen. Er sei jünger -- sie müsse sich zuerst sattessen. Für ihn tat's auch eine Krumme trockenen Brotes.
Sonst gab es immer gar seltsam lieben Zank nach solcher Opfertat des Sohnes -- heute nahm sie das P?ckchen wortlos hin, legte Wurst und Schinken fein s?uberlich auf einen Teller und sagte dann mit fast schalkhaftem L?cheln -- wie gut stand das ihrem zarten Gesichtchen! -- sie wolle schon essen -- o! -- sehr gern; denn sie, sie habe ja wirklich ... Appetit. ?Hunger?, sagte sie nie. Das Wort hatte einen gar zu bitteren Beigeschmack, seitdem sie es seinem ganzen Grimme nach kannte. Ja ja, sie werde schon essen, aber der Sohn müsse auch essen -- was viel besseres, viel feineres!
Damit ging sie an dem ma?los erstaunten Theo vorbei in die kleine saubere Küche hinaus, und kam l?chelnd zurück, eingehüllt in eine duftige Wolke, die von der -- ja wahrhaftig! von der Bratenschüssel aufstieg!
?Ja was ist denn das??
?Rostbraten mit Essig gespritzt, mein lieber Theobald. Und ger?stete Kartoffeln dazu. Dein Lieblingsabendmahl!?
?Ja, wer hat denn ...?
?I? nur und frage nicht! I?! Glaubst du, ich hab deinen Magen nicht knurren h?ren! O der! Der hat eine Aufrichtigkeit! Aber so komm doch!?
?Keinen Bissen nehm ich, bevor ich nicht wei?, woher das kommt!?
?Na, woher soll's denn kommen? Vom Fleischhauer!? scherzte die Mutter gutlaunig.
?Mutter, du wei?t! Sag
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