doch gehoben von--ich weiß nicht was, Doch von was 
Edlem, Hohem muß es sein; Die Augen aufgespannt, als säh' er Bilder 
Aus einem andern, unbekannten Land, Die allzugroß für also kleine 
Rahmen: Sah ich ihn so durch unsre Straßen ziehn, Da rief's in mir: 
dem mußt du dienen, dem, Und wär's als Stallbub. Also kam ich her. In 
diesem Haus, dacht' ich, wär' Gottesfrieden, Sonst alle Welt im Krieg. 
Nun da ich hier, Nun muß ich sehn, wie er das Brot sich abknappt, Als 
hätt' er sich zum Hungertod verdammt, Wie er die Bissen sich zum 
Munde zählt. Mag das mit ansehn, wer da will, ich nicht. 
Hausverwalter. Was sorgst du mehr um ihn, als selbst er tut? Ist er
nicht kräftig noch für seine Jahre? 
Leon. Mag sein! Doch ist's was andres noch, was Tiefers. Ich weiß es 
manchmal deutlich anzugeben, Und wieder manchmal spukt's nur still 
und heimlich. Daß er ein Bild mir alles Großen war Und daß ich jetzt 
so einen schmutz'gen Flecken, Als Geiz ist, so 'nen hämisch garst'gen 
Klecks, Auf seiner Reinheit weißem Kleide seh, Und sehen muß, ich tu 
auch, was ich will; Das setzt mir alle Menschen fast herab, Mich selber, 
Euch; kurz alle, alle Welt, Für deren Besten ich so lang ihn hielt, Und 
quält mich, daß ich wahrlich nicht mehr kann. Kurz, ich geh fort, ich 
halt's nicht länger aus. 
Hausverwalter. Und das willst du ihm sagen? 
Leon. Ja, ich will's. 
Hausverwalter. Du könntest's wagen? 
Leon. Ei, wohl mehr als das. Er soll sich vor mir reinigen, er soll Mir 
meine gute Meinung wieder geben, Und will er nicht; nun wohl denn, 
Gott befohlen! Pfui Schande über alle Knauserei! 
Hausverwalter. Des wagst du ihn zu zeihn, den frommen Mann? Weißt 
du denn nicht, daß Arme, Blinde, Lahme Der Säckel sind, dem er sein 
Geld vertraut? 
Leon. Wohl gibt er viel, und segn' ihn Gott dafür! Doch heißt das Gutes 
tun, wenn man dem Armen Die Spende gibt, dem Geber aber nimmt? 
Dann seht! Er ließ mich neulich rufen Und gab mir Geld aus einer 
großen Truhe --Die Küchenrechnung nämlich für die Woche--, Doch 
eh er's gab, nahm er 'nen Silberling Und sah ihn zehnmal an und küßt' 
ihn endlich Und steckt' ihn in ein Säckel, das gar groß Und straff gefüllt 
im Winkel stand der Truhe. Nun frag ich Euch: ein frommer Mann Und 
küßt das Geld. Ein Mann, der Hunger leidet Und Spargut häuft im 
Säckel, straff gefüllt. Wie nennt Ihr das? Wie nennt Ihr so 'nen Mann? 
Ich will sein Koch nicht sein. Ich geh und sag ihm's. 
Hausverwalter. Du töricht toller Bursch, willst du wohl bleiben? Störst
du den guten Herrn, und eben heut, Wo er betrübt im Innern seiner 
Seele, Weil Jahrstag grade, daß sein frommer Neffe, Sein Atalus, nach 
Trier ward gesandt, Als Geisel für den Frieden, den man schloß; Allwo 
er jetzt, da neu entbrannt der Krieg, Gar hart gehalten wird vom 
grimmen Feind, Der jede Lösung unerbittlich weigert. 
Leon. Des Herren Neffe? 
Hausverwalter. Wohl, seit Jahresfrist. 
Leon. Und hat man nichts versucht, ihn zu befrein? 
Hausverwalter. Gar mancherlei; doch alles ist umsonst. Dort kommt 
der Herr, versunken in Betrachtung. Geh aus dem Wege, Bursch, und 
stör ihn nicht. 
Leon. Er schreibt. 
Hausverwalter. Wohl an der Predigt für den Festtag. 
Leon. Wie bleich! 
Hausverwalter. Ja wohl, und tief betrübt. 
Leon. Doch sprechen muß ich ihn trotz alledem. 
Hausverwalter. Komm, komm! (Er faßt ihn an.) 
Leon. Herr, ich entwisch Euch doch. 
(Beide ab.) 
(Der Bischof kommt, ein Heft in der Hand, in das er von Zeit zu Zeit 
schreibt.) 
Gregor. Dein Wort soll aber sein: Ja, ja; nein, nein. Denn was die 
menschliche Natur auch Böses kennt, Verkehrtes, Schlimmes, 
Abscheuwürd'ges, Das Schlimmste ist das falsche Wort, die Lüge. Wär' 
nur der Mensch erst wahr, er wär' auch gut. Wie könnte Sünde irgend
doch bestehn, Wenn sie nicht lügen könnte, täuschen? erstens sich, 
Alsdann die Welt; dann Gott, ging' es nur an. Gäb's einen Bösewicht? 
müßt' er sich sagen, So oft er nur allein: du bist ein Schurk'! Wer hielt' 
sie aus, die eigene Verachtung? Allein die Lügen in verschiednem 
Kleid: Als Eitelkeit, als Stolz, als falsche Scham, Und wiederum als 
Großmut und als Stärke, Als innre Neigung und als hoher Sinn, Als 
guter Zweck bei etwa schlimmen Mitteln, Die hüllen unsrer 
Schlechtheit Antlitz ein Und stellen sich geschäftig vor, wenn sich Der 
Mensch beschaut in des Gewissens Spiegel. Nun erst die wissentliche 
Lüge! Wer Hielt' sie für möglich, wär' sie wirklich nicht? Was, Mensch, 
zerstörst du deines Schöpfers Welt? Was sagst du, es sei nicht, da es 
doch ist; Und wiederum, es sei, da es doch nie gewesen? Greifst du das 
Dasein an, durch das du bist? Zuletzt noch: Freundschaft, Liebe, 
Mitgefühl Und all die schönen Bande unsers Lebens, Woran sind sie 
geknüpft als an das wahre Wort? Wahr    
    
		
	
	
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