dem Kind sei doch nichts zu reden, das besitze 
noch keine Vernunft und kenne seinen eigenen Vorteil nicht. Aber die 
Großmutter blieb standhaft. Im Herbst möge er noch einmal kommen, 
dann solle er bestimmt eine Antwort haben. Wenn sie dann 
einverstanden sei, so könne er dann das Kind gleich selbst mitnehmen, 
für den Augenblick könne sie nichts weiter sagen. Dabei blieb sie. Der 
Vetter sah, daß da nichts zu machen war. Er ermahnte nochmals die 
alte Kusine, des Kindes Vorteil nicht außer acht zu lassen. Es sei ja 
doch auch ihr eigener Vorteil, wenn das Kind etwas einnehme und sie 
nachher auch unterstützen könne. Dann ging er. 
Schon den ganzen Tag während der Arbeit dachte die Großmutter nach 
über die Worte des Vetters, aber sie konnte keinen Entschluß fassen. 
Jetzt in der Dämmerung überlegte sie in Ruhe, und sie mußte ein 
paarmal tief aufseufzen dabei. Der Vetter hatte recht, es war ein großer 
Vorteil für das Kind, daß es in seinem Haus wohnen konnte, um von da 
aus in der Fabrik einen sicheren Verdienst zu finden. Sie selbst wußte 
keinen vorteilhafteren Weg für das Kind, sie wußte eigentlich gar 
keinen. Rings herum waren nur kleine Güter, die die Leute alle selbst 
bebauten und die an der Hilfe ihrer eigenen Kinder genug hatten. Wer 
eine Magd anstellte, wie es unten im Pfarrhaus oder im Amtshaus oder 
in dem neuen Wirtshaus die Frauen taten, da mußten es ältere Mädchen 
sein. Es waren kräftige, erwachsene Personen, die in Küche und Garten 
zu arbeiten wußten.
Auch die Goldäpfelbäuerin auf dem großen, obstreichen Hof hatte 
immer eine Magd, aber auch eine große, starke, die ihr in allem helfen 
konnte. Trotzdem konnte auch die nie lange bei der Bäuerin bleiben. 
Wenn ihr also nicht einmal eine erwachsene Person die Arbeit recht 
machen konnte, was wäre dann ein Kind wie das Trini für sie. Daß das 
Kind aber im Frühjahr, wenn es nun aus der Schule entlassen wurde, 
eine Arbeit suchen mußte, das sah die Großmutter wohl ein. Seit sie 
nicht mehr wie früher als Wäscherin auf die Arbeit gehen konnte, 
sondern nur mühsam mit ihren gekrümmten Fingern am Spinnrad 
arbeitete, war sie kaum in der Lage, sich und das Kind zu erhalten. Und 
mit jedem Tage konnte es schwerer für sie werden. Und doch, sich von 
dem Kind trennen zu müssen, das kam der Großmutter als das 
Allerschwerste vor, das sie erleben konnte. 
Würde die neue Aufgabe für das junge Kind nicht zu schwer sein? Die 
Alte wußte wohl, wie es bei dem Vetter war. Er selbst hatte eine rohe 
und unfreundliche Art und war meistens unwirsch. Seine Frau war 
immer krank und daher auch nicht gut gelaunt. Sie saß meistens 
freudlos und wie abgestumpft in ihrer Ofenecke und sagte kein Wort. 
Nun war es so schlimm mit ihr geworden, daß der Mann daran denken 
mußte, eine Hilfe ins Haus zu holen. Da hätte dann das Kind die 
Geschäfte im Haus alle allein zu besorgen und konnte dann erst zur 
Arbeit in die Fabrik gehen. War nun für all die Arbeit das Kind nicht 
noch zu jung? Und wurde es ihm nicht zu schwer fallen, von der 
Großmutter weg, die es so lieb hatte, in ein ganz fremdes Haus zu 
gehen. Würde sie es ertragen, nie ein Wort der Liebe und des Trostes 
zu hören? Daran war ihr liebes Trineli nicht gewohnt. 
Der Großmutter trat jener Tag vor Augen, als es ihr ins Haus gebracht 
worden war, ein kleines, hilfloses Ding, das niemand brauchen konnte 
und das niemand pflegen wollte. Damals hatte sie noch rüstige Hände 
und gute Kräfte, und wenn sie auch von früh bis spät tätig sein mußte, 
sie tat es gern. Die Waschkäthe hatte drei Kinder gehabt, zwei Söhne 
und eine Tochter. Ihr Mann war an einem hitzigen Fieber gestorben, als 
die Kinder alle drei noch ganz klein waren. Da mußte die Käthe viel 
arbeiten, damit die Kleinen etwas zum Anziehen hatten und keinen 
Mangel litten. Tag und Nacht war sie bei der Arbeit, und jedermann
ringsum rief sie zur Hilfe bei der großen Wäsche. Denn man wußte, 
keine arbeitete so gut wie die Käthe, die wegen dieser Tätigkeit überall 
nur die Waschkäthe hieß. Als ihre Söhne groß waren, bekamen sie Lust, 
in die Ferne zu wandern, und gingen miteinander nach Amerika. Die 
Tochter verheiratete sich und zog ins Tal hinab. Aber nicht viel mehr 
als ein Jahr später starb sie plötzlich noch ganz jung. Das betrübte ihren 
Mann so sehr, daß er es daheim nicht mehr aushalten konnte. Er 
brachte das ganz kleine Trineli zur Großmutter hinauf und sagte: "Da, 
Mutter, nimm du das Kind, ich weiß nichts damit anzufangen. Ich muß 
fort, es hält mich nichts mehr hier." Dann ging er zu den Schwägern 
nach Amerika. 
Von dem Tag an hatte die Waschkäthe eine neue Sorge, aber auch eine 
neue, große Freude nach    
    
		
	
	
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