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Von der Seele 
 
The Project Gutenberg eBook, Von der Seele, by Carl Ludwig Schleich 
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Title: Von der Seele 
Author: Carl Ludwig Schleich 
Release Date: February 15, 2005 [eBook #15070] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK VON DER 
SEELE*** 
E-text prepared by Inka Weide and the Project Gutenberg Online 
Distributed Proofreading Team 
 
VON DER SEELE
Essays 
CARL LUDWIG SCHLEICH 
1922 
 
INHALT 
Der Rhythmus 
Humor 
Schlaf und Traum 
Unterbewußtsein 
Seelische Hemmungen und Schmerzen 
Der Sitz der Seele 
Instinkt und Spiel 
Temperament 
Tierseele und Menschenseele 
Glaube und Wissenschaft 
Rausch 
Die Musik als Erzieherin 
Mutter Erde 
Über Grübchen und Falten 
Das Wunder der Wundheilung
Das Mysterium der Ernährung 
Die Haut als ein Organ der Seele 
 
DER RHYTHMUS 
Wenn ich es wage, nach einer Zeit langen Reifens die Frucht stiller 
Gedanken den Lesern dieser Abhandlungen darzubieten, so geschieht 
es gleich bei meinem ersten Thema mit einem besonderen Zagen. Es ist 
nicht die Furcht vor dem gewohnheitsmäßigen Überschäumen, eines 
wissenschaftlich vielleicht tadelnswerten Subjektivismus, die mich 
zweifelhaft macht, ob es mir gelingen wird, ein Interesse für das 
Gebotene zu wecken, als vielmehr eine gewisse, nicht zu überwindende 
Ehrfurcht vor dem Thema selbst, die immer wieder die einsamen 
Versuche, mich seinem letzten Sinn zu nähern, zurückgeworfen hat. Ist 
doch das Feld des Rhythmischen für jeden Denkenden ein heiliges 
Land, ein stiller Hort der letzten Geheimnisse. Ahnen wir doch alle, 
daß seinen dunklen Hainen die Quellen entrauschen müssen, die allen 
Erscheinens, allen Bewegens, allen Lebens unermessene Ströme 
speisen! Statt trocken aufzuzählen, was alles für unser letztes Streben 
und für unsere letzten aus dem Geschehen abstrahierten 
Gesetzmäßigkeiten dem Rhythmus unterliegt, dem Rhythmus, diesem 
wogenden Wellen von Sein und Nichtsein, von Stirb und Werde der 
Bewegung, von Aufbäumen und Verlöschen tiefinnerlichster Triebe, 
statt diese endlose Kette der rhythmischen Beziehungen trocken 
aufzuzählen, kann man kühn fragen: was ist denn eigentlich nicht 
rhythmisch?--und es gibt auf diese Frage nur eine Antwort: Es ist 
nichts ohne Rhythmus! Wo etwas Arhythmisches sich zeigt, da ist es 
schon in Gefahr, vom Räderwerk des Weltallgetriebes zentrifugal aus 
den Bahnen geschleudert zu werden, falls es nicht schleunigst wieder 
sich einfügt in den Rhythmus der Gesamtheit. Je weiter unser Wissen 
oder sagen wir besser unser Glaube an unser Wissen sich vorwagt in 
die Labyrinthe geheimsten, nicht mehr am lichten Tage offenbarten 
Geschehens des kosmischen und irdischen Getriebes, um so mehr 
erkennen wir, daß wir vor dem Rhythmus wie vor einer letzten 
Schwelle anlangen, welche menschliches Verstehen von göttlichen
Gesetzen trennt. In der Tat, das Rhythmische ist wohl der tiefste und 
grundumfassendste Gedanke, den wir der schöpferischen Natur 
nachzudenken vermögen; hier beim Rhythmischen, das wir in den 
Bewegungen der gigantischen Weltkörper nicht weniger am Werke 
sehen, als in den wirbelnden Atomen der sich zu Kristallen formenden 
Schneeflöckchen, dürfen wir uns allerdings einem letzten Geheimnis, 
einem unsern Menschenhirnen beinahe greifbaren Ahnen von einem 
verständlichen Sein des Weltganzen erschreckend nahe fühlen. Wir 
atmen gerade hier im Rhythmischen gleichsam mit den Atemzügen des 
Weltganzen; das Rhythmische ist die zuckende 
Scheinwerferbeleuchtung, in dessen Licht wir alles Erkennbare sich 
abspielen sehen, ja es ist vielleicht die einzige gemeinsame Kette, die 
uns, die Betrachter mit dem Betrachtbaren, an ein letztes unbekanntes 
Ewiges bindet. Können wir uns doch das Chaos nur vorstellen als einen 
Gegensatz zum Rhythmus, also nur negativ, nämlich durch das Fehlen 
alles Rhythmischen in dem Kosmos, und insofern ist Hans v. Bülows 
Paraphrase auf Faust «im Anfang war der Rhythmus» ein verblüffend 
moderner, tiefgreifender Gedanke. Hier ist eine Möglichkeit, 
wenigstens auf dem Umwege der Wahrscheinlichkeit sich der 
Gewißheit zu nähern. Würde doch sicherlich der endliche Fortfall alles 
Rhythmischen aus dem All die Welt ins Chaotische zusammenstürzen 
lassen. Der Rhythmus ist der Pulsschlag des Kosmos, der lebendige 
Atemzug des Alls, der alles mit Bewegung weckendem Odem 
durchströmt. Und, wie unser persönliches Leben in Staub sinkt, wenn 
Puls und Atmung aufhören, so müßte auch die Welt sterben, wenn ihr 
Rhythmus stillstände! Wie sollte nicht eine ehrfurchtsvolle Scheu jeden 
befallen, der es wagen will, auch nur einen Zipfel zu heben von dem 
tiefverschleierten Geheimnis? Und doch ist das Problem ein so recht 
modernes, immer wieder uns in jeder neuen Epoche unserer 
technischen Klassizität greifbar vor Augen gerücktes, daß es an der Zeit 
erscheint, einmal auch die Stellung der menschlichen Seele zu dem 
Rhythmus des Weltganzen, ihr Eingespanntsein in die zuckenden, 
rollenden Rahmen, in die sich her- und hinschiebenden, unendlich 
großen oder unendlich kleinen Weberspulen des Weltalls zu 
untersuchen und die Rolle des geschwungenen Mikrokosmus in 
konzentrischer Anpassung an den schwingenden Makrokosmus einer    
    
		
	
	
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