Von der Seele | Page 2

Carl Ludwig Schleich
unser F��hlen und Denken, unsere Ethik und ?sthetik, unser Handeln und Schaffen, unsere Liebe und unser Ha?, Sympathie und Reaktion vom Grundgesetz des Rhythmischen beeinflu?t und beherrscht werden, um daran die psychophysischen M?glichkeiten zu erw?gen, welcher Mechanismen wohl die Natur sich bedient, um unsere menschliche Seele den kreisenden Ringen des Ganzen einzuf��gen. Da? bei der unendlichen Reihe der Beziehungen der Psyche zum Gesamtrhythmus diese Betrachtung nicht ersch?pfend, sondern ein Versuch, eine Skizze, vielleicht nur eine Anregung sein kann, bedarf wohl nicht einer besonderen Begr��ndung.
Schon mehrfach habe ich versucht, eine Art philosophischen Glaubensbekenntnisses abzulegen, das in dem Satze wurzelt: _Die treibende Kraft des Weltganzen ist f��r den Menschengeist ewig unerkennbar, undefinierbar, unverst?ndlich, kann niemals der Gegenstand wissenschaftlicher Analyse sein. Was wir von ihr zu verstehen glauben, ist nur ihr Verh?ltnis zu den wechselnden, erforschbaren, variierbaren Hemmungen, die ihr eingeschaltet sind, bzw. die wir ihr selbst k��nstlich einschalten, um dann ihre von den Widerst?nden erzwungenen ?u?erungen zu studieren_. Die Kraft, an sich einheitlich und unzertrennbar, ��berall und unverg?nglich, allgegenw?rtig und allm?chtig, wird zu einem sich nur scheinbar selbstwandelnden, metamorphisierenden, irisierenden Proteus, nicht aus eigener spielerischer Variationslust, sondern die Hand der Hemmung zwingt sie, ihr Gewand von Fall zu Fall zu wechseln. _Die Art der Widerst?nde bestimmt die Art der ?u?erung der an sich unver?nderlichen Urkraft_.
Die gesamte Physik ist nichts als eine Lehre von den Widerst?nden. Die Chemie ist ebenso nichts als eine Lehre von der Variabilit?t der K?rpereigenschaften unter der Variabilit?t der Bedingungen, unter denen sie aufeinander wirken. Wir wissen z.B. nichts vom Wesen der Schwerkraft, wir studieren aber ihre Gesetze am Widerstand, welche den fallenden Kr?ften die verschiedenartig abge?nderte Luft entgegensetzt. Wir w��?ten nichts von der Elektrizit?t, wenn wir nicht gelernt h?tten, der Gesamtkraft spezifische Widerst?nde einzuschalten, welche sie zwingen in einer Form sich zu ?u?ern, welche wir elektrisch nennen. Die Art, in welcher die Kraft die Hemmung durchbricht, ihr ausweicht, um sie herumzukommen sucht, ist entscheidend f��r die neuen Eigenschaften, welche die unendlich variable Urkraft anzunehmen bef?higt ist. Die Faust der Hemmung und des Widerstandes ist es, welche dem Weltganzen Form und Richtung gibt und welche auch in dem Organischen als Gesetz der variablen Bedingungen, als Anpassung an die Widerst?nde des Milieus ihre universelle Macht t?glich mehr erkennbar entfaltet. Wir werden uns ewig umsonst bem��hen, das Wesen irgendeiner Kraft zu analysieren, es gibt keine Erforschung von dem eigentlichen Agens der Welt--sein f��hlbares Dasein verdichtet unser Denken zum Gedicht, zur Andacht, zum Glauben, die Kraft und ihr religi?ser Name "Gott" ist darum kein Gegenstand wissenschaftlicher Analysen. Was aber um so erfolgreicher der menschlichen Erkenntnis unterworfen ist, was in gewissem Sinne sogar unserer experimentellen, k��nstlichen Ab?nderung der Weltbedingungen unterliegt, das ist die Hemmung, die Lehre von den Widerst?nden: das ist eigentlich das Problem aller Wissenschaft. Die Lehre von der Macht der Hemmungen ist eins der Grundgesetze der Weltmechanik. Hier hat auch die Definition von dem Sinne des Rhythmus im Weltganzen einzusetzen, wenn sie bis zu den erkennbaren Grundanschauungen, gleichsam bis zu den M��ttern des Wissens vordringen will.
_Der Rhythmus ist n?mlich eine Art Kompromi? zwischen Kraft und Widerstand_, ein wechselseitiges Gegeneinanderprallen, Sichausweichen, Sichfliehen und -finden, ein harmonisches Spiel von Energieentfaltung und Hemmungsbet?tigung, das Sichumkreisen und Sichumsprudeln zweier nie ganz vereinbarer Gegens?tze; der Rhythmus ist gleichsam eine Ehe zwischen Kraft und Hemmung, die in Harmonie nur durch ein st?ndiges wechselndes Nachgeben des einen und des andern zu erhalten ist. Der Rhythmus bekundet die immer hin- und herschwankende Bilanz zwischen dem Ja und Nein des Lebens und der Bewegung, er ist ein immer hin- und herpendelnder, wechselnder Wert zwischen Plus und Minus, eine an- und abschwellende Diagonale im Parallelogramm von Kraft und Widerstand. Und seine eigentliche Ursache? _Die Aktivit?t der Kraft auf der einen Seite und die Elastizit?t der Materie auf der andern_. Die Kraft, nach allen Seiten gleichm??ig aktiv, geht gegen den Stoff gleichsam an, um ihn aus dem Wege zu schleudern, er weicht aus, verdichtet sich, diese Verdichtung komprimiert sein innerstes Gef��ge, wodurch wiederum der Widerstand erh?ht wird, den er der Kraft bietet, so da? diese nicht wie eine Welle den Schlamm langsam durchrinnt, sondern wie eine Woge vom starren Felsen sch?umend zur��ckgeworfen wird. Aus diesem Anprall, dieser Verdichtung der Materie und dem Wachsen ihres r��cksto?gebenden Widerstandes setzt sich der Rhythmus, dieser Tanz zwischen Aktion und Hemmung, zusammen. Das Herz der Welt, die Kraft, treibt seinen Strom in alle Adern, die ihm die Widerst?nde lassen, und alle Str?me rinnen, abprallend und abgeschleudert vom Widerstande des Alls, zur��ck in ihre anf?ngliche, urewige Quelle. Das ist der Kreislauf der Kraft, das ist der Puls der Welt, der Rhythmus!
War das Gesetz des Rhythmischen, der "ewigen Wiederkehr" aller Dinge vom Sternenhimmel her, von Tag und Nacht, von Schlaf und Wachen, von Ebbe und Flut, von Jahreszeiten, von Krankheiten und St?rungen des Wohlbefindens, von Geburt und Tod, von Saat und Ernte, von Wind und Wetter, von Ha? und
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