kleine Bursche, von jedermann nur 'der 
dumme This' genannt, sah so mager und dürftig aus, daß man ihn kaum 
für achtjährig gehalten hätte. Er schaute auch so scheu und 
verschüchtert drein, daß niemand wußte, wie der This eigentlich aussah, 
denn er blickte immer furchtsam auf den Boden, wenn man zu ihm 
sprach. This hatte nie eine Mutter gekannt. Sie war gestorben, als er 
kaum zwei Jahre alt war. Sein Vater war nicht viel später über die 
Felsen in die Tiefe gestürzt, als er vom Heuholen in den Bergen 
herunterkam und den Weg abkürzen wollte. Seit dem Sturz war er lahm 
und konnte nichts mehr tun, als kleine Matten zusammenflechten, die 
er in dem großen Gasthof oben auf dem Seelisberg verkaufte. Der 
kleine This hatte seinen Vater nie anders gesehen, als auf einem 
Schemel sitzend, eine Strohmatte auf den Knien. Alle Leute hatten ihn 
den lahmen Matthis genannt. 
Schon seit sechs Jahren war er tot, und da er im Häuschen vom 
Hälmli-Sepp eine kleine Kammer als Schlafstätte mit seinem Büblein 
gemietet hatte, blieb dieser nach des Vaters Tod gleich an demselben 
Ort. Das wenige Geld, das für den kleinen This von der Gemeinde 
bezahlt wurde, war der Frau des Hälmli-Sepp sehr erwünscht. Und in
die Kammer konnte sie nun noch zwei von ihren Buben stecken, für die 
schon lange fast kein Platz zum Schlafen mehr da war. Der kleine This 
war schon von Natur aus ein schüchternes und stilles Büblein gewesen. 
Seinem Vater, der erst seine Frau verloren, dann das große Unglück 
gehabt hatte, war aller Lebensmut vergangen. Und hatte er vor seinem 
Unglück wenig geredet, so sagte er nun fast gar nichts mehr. 
So saß der kleine This ganze Tage lang neben seinem Vater, ohne ein 
Wort zu hören, und so lernte er auch lange keines sagen. Als er dann 
seinen Vater verloren hatte und nun ganz zu der Familie des 
Hälmli-Sepp gehörte, da redete er fast gar nicht mehr, denn er wurde 
von jedem angefahren und hin und her gestoßen, weil er sich nie wehrte. 
Zu all den Püffen, die er von den Kindern auszustehen hatte, kamen 
dann noch die bösen Worte der Frau, wenn sie den Ärger über das 
saubere Häuschen der Sennerin drüben hatte. Der This wehrte sich aber 
nie, denn er hatte das Gefühl, die ganze Welt sei gegen ihn, und so 
nutze doch alles nichts. Nach und nach wurde der Bub so scheu und 
verschüchtert, daß man glaubte, als merke er kaum, was um ihn her 
vorging. Und meistens gab er auch gar keine Antwort, wenn man ihn 
anrief. Er sah überhaupt immer so aus, als suche er nach einem Loch, 
wo er in die Erde hineinkriechen könnte, daß ihn keiner mehr fände. 
So war es gekommen, daß die vier Großen vom Hälmli-Sepp, der Jopp, 
der Hans, der Ulli und Lisi das schon manchmal zu ihm gesagt hatten: 
"Du bist doch ein dummer This", und daß es die vier Kleinen auch 
nachsagten, sobald sie nur reden konnten. Da sich der This niemals 
dagegen wehrte, so hatten nach und nach alle Leute angenommen, es 
werde wohl so sein, und er wurde weit und breit nur noch 'der dumme 
This' genannt. Es war auch so, als ob der This nicht arbeiten könnte, 
wie die andern es taten. Sollte er helfen, die Kühe zu hüten, und war er 
mit all den anderen Buben zusammen, so suchte er gleich eine Hecke 
oder einen Busch auf, um sich dahinter zu verstecken. Da saß er 
meistens zitternd vor Furcht, denn er hörte wohl, wie die anderen 
Buben ihn mit großem Geschrei suchten, daß er bei den Spielen 
mitmachte, die sie spielen wollten. 
Diese Spiele endeten aber immer mit vielem Prügeln, und das traf
regelmäßig den This am stärksten, da er sich nicht wehrte und auch 
nicht wehren konnte gegen die viel Stärkeren. So verkroch er sich, 
sobald er konnte, und inzwischen liefen seine Kühe, wohin sie wollten 
und fraßen auf der Weide der Nachbarn. Das gab dann großen Ärger, 
und jeder fand, der This sei zu dumm, um nur die Kühe zu hüten, und 
keiner stellte ihn mehr an. Ebenso ging es bei den Arbeiten auf dem 
Feld, wenn die Buben zum Jäten auf die Kartoffelfelder gehen sollten. 
Da warfen sie sich mit Vorliebe die Knollen der Kartoffelblüten an den 
Kopf, schon damit die Zeit etwas schneller vergehe. Und jeder gab dem 
anderen reichlich zurück, was er empfangen hatte. Der This gab aber 
nichts zurück, sondern scheu und furchtsam schaute er nach allen 
Seiten, von woher er getroffen werde. Das war gerade, was die anderen 
gern wollten. Und so flogen ihm unter vielem Lachen von allen Seiten 
die Knollen an den Rücken und an den Kopf. 
Während aber die anderen Zeit hatten, dazwischen zu arbeiten, 
versuchte der This nur immer auszuweichen und sich hinter den 
Kartoffelstauden zu verstecken. So war es auch mit    
    
		
	
	
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