seid Ihr es?" sagte der Wirt und lachte aus vollem Halse. "Was 
gilt's, Ihr wollt mir einen Taler bringen." Der Unteroffizier aber 
lächelte nur, zwar etwas spöttisch und sagte: "Nein, ich will einen 
holen. Versucht einmal Euern Branntwein, ob er nicht schmeckt 
akkurat wie Brunnenwasser." Da wusste der Wirt vor Verwunderung 
und Beschämung nicht, was er sagen wollte. Der Unteroffizier aber 
sagte spöttisch: "Euch ist keiner schlau genug." Also hatte er den Taler 
gewonnen, doch durfte der Wirt sechs Kreuzer davon abziehen, was der 
Branntwein kostete, und bekam, wie das Sprichwort sagt, zum Schaden 
den Spott. 
 
Das fremde Kind 
Durch den Schnee und durch die Tannen des Schwarzwalds kommt 
abends am 5. Dezember 1807 ein achtjähriges Mägdlein halb barfuss, 
halb nackt vor das Häuslein eines armen Taglöhners im Gebirg und 
gesellt sich, mir nichts, dir nichts, zu den Kindern des armen Mannes, 
die vor dem Hause waren, und gaukelt mit ihnen, geht mit ihnen, mir 
nichts, dir nichts, in die Stube und denkt weiter nimmer ans Fortgehen. 
Nicht anders als ein Schäflein, das sich vor der Herde verlaufen hat und 
in der Wildnis herumirrt, wenn es wieder zu seinesgleichen kommt, so 
hat es keinen Kummer mehr. Der Taglöhner fragt das Kind, wo es 
herkomme. "Oben aben von Gutenberg."--"Wie heisst dein 
Vater?"--"Ich habe keinen Vater."--"Wie heisst deine Mutter?"--"Ich 
habe keine Mutter."--"Wem gehörst du denn sonst an?"--"Ich gehöre 
niemand sonst an."--Aus allem, was er fragte, war nur so viel 
herauszubringen, dass das Kind von den Bettelleuten sei aufgelesen 
worden, dass es mehrere Jahre mit Bettlern und Gaunern sei
herumgezogen, dass sie es zuletzt in St. Peter haben sitzen lassen, und 
dass es allein über St. Märgen gekommen sei und jetzt da sei. Als der 
Taglöhner mit den Seinigen zu Nacht ass, setzte sich das fremde Kind 
auch an den Tisch. Als es Zeit war zu schlafen, legte es sich auf den 
Ofenbank und schlief auch; so den andern Tag, so den dritten. Denn der 
Mann dachte: ich kann das arme Kind nicht wieder in sein Elend 
hinausjagen, so schwer es mich ankommt, eins mehr zu füttern. Aber 
am dritten Tag sagte er zu seiner Frau: "Frau, ich will's doch auch dem 
Herrn Pfarrer anzeigen." Der Pfarrherr lobte die gute Denkungsart des 
armen Mannes, der Hausfreund auch; "aber das Mägdlein", sagte der 
Pfarrherr, "soll nicht das Brot mit Euern Kindern teilen, sonst werden 
die Stücklein zu klein. Ich will ihm einen Vater und eine Mutter 
suchen." Also ging der Pfarrherr zu einem wohlhabenden und 
gutdenkenden Mann in seinem Kirchspiel, der selber wenig Kinder hat, 
und der Hausfreund weiss just nicht, wie er's dem Manne sagte: "Peter", 
sagte er, "wollt Ihr ein Geschenk annehmen?"--"Nach dem's ist", sagte 
der Mann.--"Es kommt von unserm lieben Herr Gott.-- "Wenn's von 
dem kommt, so ist's kein Fehler." Also bot ihm der Pfarrherr das 
verlassene Mägdlein an und erzählte ihm die Geschichte dazu, so und 
so. Der Mann sagte: "Ich will mit meiner Frau reden. Es wird nicht 
fehlen." Der Mann und die Frau nahmen das Kind mit Freuden auf. 
"Wenn's guttut", sagte der Mann, so will ich's erziehen, bis es sein 
Stücklein Brot selber verdienen kann. Wenn's nicht guttut, so will ich's 
wenigstens behalten bis im Frühjahr. Denn dem Winter darf man keine 
Kinder anvertrauen." Jetzt hat er's schon viermal überwintert und 
viermal übersommert auch. Denn das Kind tat gut, ist folgsam und 
dankbar und fleissig in der Schule, und Speise und Trank ist nicht der 
grösste Gotteslohn, den das fromme Ehepaar an ihm ausübt, sondern 
die christliche Zucht, die väterliche Erziehung und die mütterliche 
Pflege. Wer das fremde Töchterlein unter den andern in der Schule 
sieht, sollt' es nicht erkennen, so gut sieht es aus, und so sauber ist es 
gekleidet. So etwas tut dem Hausfreund wohl, und er könnte den 
braven Taglöhner und die braven Pflegeeltern des Kindes mit Namen 
nennen, wer sie sind, und wie sie heissen. Aber über seinen Mund 
kommt's nicht. 
 
Das letzte Wort
Zwei Eheleute in einem Dorf an der Donau herwärts Ulm lebten 
miteinander, die waren nicht für einander gemacht, und ihre Ehe ward 
nicht im Himmel geschlossen. Sie war verschwenderisch und hatte eine 
Zunge wie ein Schwert; er war karg, was nicht etwa in den eigenen 
Mund und Magen ging. Nannte er sie eine Vergeuderin, so schimpfte 
sie ihn einen Knicker, und es kam nur auf ihn an, wie oft er seinen 
Ehrentitel des Tags hören wollte. Denn wenn er hundertmal in einer 
Stunde Vergeuderin sagte, sagte sie hundertundeinmal: "Du Knicker", 
und das letzte Wort gehörte allemal ihr. Einmal fingen sie es wieder 
miteinander an, als sie ins Bett gingen, und sollen's getrieben haben bis 
früh um fünf Uhr, und als ihnen zuletzt vor Müdigkeit die Augen 
zufielen und ihr das Wort auf der Zunge einschlafen wollte, kneipte sie 
sich mit den Nägeln in den Arm und sagte noch einmal:    
    
		
	
	
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