aber wurden wir beide zum 
Throne gerufen, und der sorgende König, der eifersüchtige Nachbar 
unterdrückte, leider! den gefälligen Freund.-- 
Philotas. Verzeih, o König, wenn du mich in Erwiderung so süßer 
Worte zu kalt findest. Man hat meine Jugend denken, aber nicht reden 
gelehrt.--Was kann es mir itzt helfen, daß du und mein Vater einst 
Freunde waren? Waren: so sagst du selbst. Der Haß, den man auf 
verloschne Freundschaft pfropfet, muß, unter allen, die tödlichsten 
Früchte bringen;--oder ich kenne das menschliche Herz zu wenig.-- 
Verzögere daher, König, verzögere meine Verzweiflung nur nicht. Du 
hast als der höfliche Staatsmann gesprochen; sprich nun als der 
Monarch, der den Nebenbuhler seiner Größe ganz in seiner Gewalt hat. 
Strato. O laß ihn, König, die Ungewißheit seines Schicksals nicht 
länger peinigen.-- 
Philotas. Ich danke, Strato!--Ja, laß mich es nur gleich hören, wie 
verabscheuungswürdig du einen unglücklichen Sohn seinem Vater
machen willst. Mit welchem schimpflichen Frieden, mit welchen 
Ländern soll er ihn erkaufen? Wie klein und verächtlich soll er werden, 
um nicht verwaist zu bleiben?--O mein Vater!-- 
Aridäus. Auch diese frühe, männliche Sprache, Prinz, war deines 
Vaters! So höre ich dich gern! Und möchte, meiner nicht minder 
würdig, auch mein Sohn itzt vor deinem Vater so sprechen!-- 
Philotas. Wie meinst du das?-- 
Aridäus. Die Götter--ich bin es überzeugt--wachen für unsere Tugend, 
wie sie für unser Leben wachen. Die so lang als mögliche Erhaltung 
beider ist ihr geheimes, ewiges Geschäft. Wo weiß ein Sterblicher, wie 
böse er im Grunde ist, wie schlecht er handeln würde, ließen sie jeden 
verführerischen Anlaß, sich durch kleine Taten zu beschimpfen, ganz 
auf ihn wirken?--Ja, Prinz, vielleicht wäre ich der, den du mich glaubst; 
vielleicht hätte ich nicht edel genug gedacht, das wunderliche 
Kriegesglück, das dich mir in die Hände liefert, bescheiden zu nützen; 
vielleicht würde ich durch dich ertrotzt haben, was ich zu erfechten 
nicht länger wagen mögen; vielleicht--Doch fürchte nichts; allen diesen 
"Vielleicht" hat eine höhere Macht vorgebauet; ich kann deinen Vater 
seinen Sohn nicht teurer erkaufen lassen als--durch den meinigen. 
Philotas. Ich erstaune! Du gibst mir zu verstehen-- 
Aridäus. Daß mein Sohn deines Vaters Gefangener ist, wie du meiner.-- 
Philotas. Dein Sohn meines Vaters? Dein Polytimet?--Seit wenn? Wie? 
Wo? 
Aridäus. So wollt' es das Schicksal! Aus gleichen Wagschalen nahm es 
auf einmal gleiche Gewichte, und die Schalen blieben noch gleich. 
Strato. Du willst nähere Umstände wissen.--Eben dasselbe Geschwader, 
dem du zu hitzig entgegen eiltest, führte Polytimet; und als dich die 
Deinigen verloren erblickten, erhob sie Wut und Verzweiflung über 
alle menschliche Stärke. Sie brachen ein, und alle stürmten sie auf den 
einen, in welchem sie ihres Verlustes Ersetzung sahen. Das Ende weißt
du.--Nun nimm noch von einem alten Soldaten die Lehre an: Der 
Angriff ist kein Wettrennen; nicht der, welcher zuerst, sondern welcher 
zum sichersten auf den Feind trifft, hat sich dem Siege genähert. Das 
merke dir, zu feuriger Prinz; sonst möchte der werdende Held im ersten 
Keime ersticken. 
Aridäus. Strato, du machst den Prinzen durch deine, zwar 
freundschaftliche, Warnung verdrießlich. Wie finster er da steht!-- 
Philotas. Nicht das! Aber laß mich; in tiefe Anbetung der Vorsicht 
verloren-- 
Aridäus. Die beste Anbetung, Prinz, ist dankbare Freude. Ermuntere 
dich! Wir Väter wollen uns unsere Söhne nicht lange vorenthalten. 
Mein Herold hält sich bereits fertig; er soll gehen und die 
Auswechselung beschleunigen. Aber du weißt wohl, freudige 
Nachrichten, die wir allein vom Feinde erfahren, scheinen Fallstricke. 
Man könnte argwohnen, du seist vielleicht an deiner Wunde gestorben. 
Es wird daher nötig sein, daß du selbst mit dem Herolde einen 
unverdächtigen Boten an deinen Vater sendest. Komm mit mir! Suche 
dir einen unter den Gefangenen, den du deines Vertrauens würdigen 
kannst.-- 
Philotas. So willst du, daß ich mich vervielfältiget verabscheuen soll? 
In jedem der Gefangenen werde ich mich selbst erblicken.-- Schenke 
mir diese Verwirrung. 
Aridäus. Aber-- 
Philotas. Unter den Gefangenen muß sich Parmenio befinden. Den 
schicke mir her; ich will ihn abfertigen. 
Aridäus. Wohl; auch so! Komm, Strato! Prinz wir sehen uns bald 
wieder. 
 
Vierter Auftritt.
Philotas. 
Götter! Näher konnte der Blitz, ohne mich ganz zu zerschmettern, nicht 
vor mir niederschlagen. Wunderbare Götter! Die Flamme kehrt zurück; 
der Dampf verfliegt, und ich war nur betäubt.--So war das mein ganzes 
Elend, zu sehen, wie elend ich hätte werden können? Wie elend mein 
Vater durch mich!--Nun darf ich wieder vor dir erscheinen, mein Vater! 
Zwar noch mit niedergeschlagenen Augen; doch nur die Scham wird 
sie niederschlagen, nicht das brennende Bewußtsein, dich mit mir ins 
Verderben gerissen zu haben. Nun darf ich nichts von dir fürchten, als 
einen Verweis mit Lächeln; kein stummes Trauren; keine, durch die 
stärkere Gewalt der väterlichen Liebe erstickte Verwünschungen.-- 
Aber--ja, bei dem Himmel! ich bin zu gütig gegen mich. Darf ich mir 
alle Fehler vergeben, die mir die Vorsicht zu vergeben scheinet? Soll 
ich mich nicht strenger richten, als sie und mein Vater mich richten? 
Die allzugütigen!--Sonst jede der traurigen Folgen meiner 
Gefangenschaft konnten    
    
		
	
	
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