Herr dem jungen Ritter glich. 
29
Der junge Mann erzählt, nach Art der lieben Jugend,
Ein wenig 
breit: wie seine Mutter ihn
Bey Hofe (dem wahren Ort um Prinzen zu 
erziehn)
Gar fleißig zu guter Lehr' und ritterlicher Tugend
Erzogen; 
wie schnell der Kindheit lieblicher Traum
Vorüber geflogen; und wie, 
so bald ihm etwas Flaum
Durchs Kinn gestochen, man ihn zu 
Bordeaux, von den Stufen
Des Schlosses, mit großem Pomp zum 
Herzog ausgerufen; 
30
Und wie sie drauf in eitel Lust und Pracht,
Mit Jagen, Turnieren, 
Banketten, Saus und Brause,
Zwey volle Jahre wie einzelne Tage 
verbracht;
Bis Amory, der Feind von seinem Hause,
Beym Kaiser 
(dessen Huld sein Vater schon verscherzt)
Ihn hinterrücks gar böslich 
angeschwärzt;
Und wie ihn Karl, zum Schein in allen Gnaden,
Nach Hofe, zum Empfang der Lehen, vorgeladen; 
31
Wie sein besagter Feind, der listige Baron
Von Hohenblat, mit 
Scharlot, zweytem Sohn
Des großen Karls, dem schlimmsten 
Fürstenknaben
Im Christenthum, (als der schon lange Lust gehegt
Zu Hüons Land) es heimlich angelegt
Auf seinem Zuge nach Hof ihm 
eine Grube zu graben;
Und wie sie, eines Morgens früh,
Ihm 
aufgepaßt im Wald bey Montlery.
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Mein Bruder, fuhr er fort, der junge Gerard, machte,
Mit seinem 
Falken auf der Hand,
Die Reise mit. Aus frohem Unverstand
Entfernt der Knabe sich, da niemand arges dachte,
Von unserm Trupp, 
läßt seinen Falken los,
Und rennt ihm nach: wir andern alle zogen
Indessen unsern Weg, und achteten's nicht groß
Als Falk' und Knab' 
aus unserm Blick entflogen. 
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Auf einmahl dringt ein klägliches Geschrey
In unser Ohr. Wir 
eilen schnell herbey,
Und siehe da! mein Bruder liegt, vom Pferde
Gestürzt, beschmutzt und blutend auf der Erde.
Ein Edelknecht (von 
keinem unsrer Schaar
Erkannt, wiewohl es Scharlot selber war)
Stand im Begriff ihn weidlich abzuwalken,
Und seitwärts hielt ein 
Zwerg mit seinem Falken. 
34
Von Zorn entbrannt rief ich: Du Grobian,
Was hat der Knabe dir 
gethan,
Der wehrlos ist, ihm also mitzuspielen?
Zurück, und rühr' 
ihn noch mit einem Finger an,
Wofern dich's jückt mein Schwert in 
deinem Wanst zu fühlen. Ha! schrie mir jener zu--bist du's? Dich sucht' 
ich just;
Schon lange dürst' ich nach der Lust
Mein racheglühend 
Herz in deinem Blut zu kühlen. 
35
Kennst du mich nicht, so wiß', ich bin der Sohn
Des Herzogs 
Dietrich von Ardennen:
Dein Vater Siegewin (mög' er im Abgrund 
brennen!)
Trug über meinen einst bey einem offnen Rennen
Mit 
Hinterlist den Dank davon,
Und durch die Flucht allein entging er 
seinem Lohn.
Doch, Rache hab' ich ihm geschworen,
Du sollst mir 
zahlen für ihn! Da, sieh zu deinen Ohren! 
36
Und mit dem Worte rennt er gegen mich,
Der, unbereit zu 
solchem Tanze,
Sich dessen nicht versah, mit eingelegter Lanze.
Zum Glück pariert' ich seinen Stich
Mit meinem linken Arm, um den 
ich in der Eile
Den Mantel schlug, und auf der Stell' empfing
Mit 
meinem Degenknopf der Unhold eine Beule
Am rechten Schlaf, 
wovon der Athem ihm entging.
37
Er fiel, mit Einem Wort, um nimmer aufzustehen.
Da ließen 
plötzlich sich im Walde Reiter sehen
In großer Zahl; doch des 
Erschlagnen Tod
Zu rächen, war dem feigen Troß nicht Noth.
Sie 
hielten, während wir des Knaben Wunde banden,
Sich still und fern, 
bis wir aus ihren Augen schwanden;
Drauf legten sie den Leichnam 
auf ein Roß
Und zogen eilends fort zum kaiserlichen Schloß. 
38
Unwissend, wie bey Karl mein Handel sich verschlimmert,
Verfolg' ich meinen Weg, des Vorgangs unbekümmert.
Wir langen an. 
Mein alter Oheim, Abt
Zu Saint Denys, ein Mann mit Weisheit 
hochbegabt,
Führt beym Gehör das Wort. Wir werden wohl 
empfangen,
Und alles wär' erwünscht für uns ergangen:
Doch, wie 
man eben sich zur Tafel setzen will,
Hält Hohenblat am Schloß mit 
Scharlots Leiche still. 
39
Zwölf Knappen tragen sie, in schwarzen Flor vermummt,
Die 
hohen Stufen hinan, und wer sie sieht verstummet
Und steht erstarrt. 
Sie nehmen ihren Lauf
Dem Sahle zu. Die Thüren springen auf:
Da 
tragen zwölf Gespenster eine Bahre,
Mit blut'gen Linnen bedeckt, bis 
mitten in den Sahl.
Der Kaiser selbst erblaßt, uns andern stehn ' die 
Haare
Zu Berg, und mich trifft's wie ein Wetterstrahl. 
40
Indem tritt Amory hervor, hebt von der Leiche
Das blut'ge Tuch, 
und--"Sieh! (ruft er dem Kaiser zu)
Dieß ist dein Sohn! und hier der 
Frevler, der dem Reiche
Und dir die Wunde schlug, der Mörder 
unsrer Ruh!
Weh mir! ich kam zu spät dazu!
Sich nichts versehend 
fiel dein Scharlot im Gesträuche,
Durch Meuchelmord, nicht wie in 
offnem Feld
Von Rittershand ein ritterlicher Held." 
41
Wie viel Verdrieß dem alten Herrn auch täglich
Sein böser Sohn 
gebracht, so blieb er doch sein Sohn,
Sein Fleisch und Blut. Erst 
stand er unbeweglich;
Dann schrie er laut vor Schmerz, mein Sohn! 
Mein Sohn!
Und warf sich in Verzweiflung neben
Den Leichnam 
hin. Mir war der bange Vaterton
Ein Dolch ins Herz; ich hätt' um
Scharlots Leben
In diesem Augenblick mein bestes Blut gegeben. 
42
Herr, rief ich, höre mich! Mein Will' ist ohne Schuld;
Er gab 
sich für den Sohn des Herzogs von Ardennen,
Und was er that, bey 
Gott! es hätte die Geduld
Von einem Heil'gen morden können!
Er 
schlug den Knaben dort, der ihm kein Leid gethan,
Sprach lästerlich 
von meines Vaters Ehre,
Fiel unverwarnt mich selber mörd'risch an--
Den möcht' ich sehn, der kalt geblieben wäre! 
43
Ha! Bösewicht! schreyt Karl mich hörend, springt entbrannt Vom 
Leichnam auf, mit Löwengrimm im Blicke,
Reißt einem Knecht das 
Eisen aus der Hand,
Und, hielten ihn mit Macht die Fürsten nicht 
zurücke,
Er hätt'    
    
		
	
	
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