wie 
ich im Hofe in Gedanken auf und ab ging. Ich setzte mich und fragte, 
ob das denn ein Verbrechen sei. "Das nicht," antwortete mir ein 
Anderer, "aber ohne Zweck auf- und abgehen thun nur die Thiere und 
ist hier nicht anständig[9]." "Gott verfluche Deinen Vater," sagte ein 
Anderer zu mir, "wenn er Dir auch gute Lehren giebt, hat er doch kein 
Recht, Dich Christ zu nennen; Gott sei Dank, Du glaubst jetzt an einen 
einigen Gott und an dessen Liebling, Gott vertilge alle Christen und 
lasse sie ewig brennen!"--"Aber, o Wunder!" fing ein Dritter an, "seht 
den ungläubigen Hund, wie er die Hände gefaltet hat (ich hatte mich 
auf türkisch niedergesetzt und in Gedanken die Hände gefaltet), gewiss 
betet er seine sündhaften Gebete!" Ich entfaltete rasch meine Hände, 
und ein Anderer ermahnte mich nun, nie wieder in der Gesellschaft von 
Gläubigen solche gottvergessenen Handlungen vorzunehmen. 
[Fußnote 9: Ich übersetze das Wort "drif", dessen er sich bediente so, 
eigentlich bedeutet es zart, elegant, fein gebildet.] 
So unangenehm es auch war, auf diese Art auf Tritt und Schritt wie ein 
kleines Kind geschulmeistert zu werden, so lernte ich doch dadurch 
rasch die Sitten in ihren kleinsten Einzelheiten kennen. Am 
peinlichsten war mir immer die Essstunde; abgesehen davon, dass am 
Boden hockend aus einer Schüssel gegessen wird, und Jeder mit halb 
oder gar nicht gewaschener Hand ins Essen fährt, haben alle 
Marokkaner die sehr unangenehme Angewohnheit, zwischen und 
gleich nach dem Essen laut aufzustossen. "Veizeih's [Verzeih's] Gott," 
ist das Einzige, was so ein alter Schlemmer mit seiner unsauberen 
Erleichterung zugleich ausruft, und ein "Gott sei gelobt" der 
Anwesenden giebt die Billigung derselben zu erkennen. 
Als endlich das Wetter sich aufheiterte, setzte ich in Begleitung eines 
Bauern aus der Umgegend von Tetuan meine Reise nach Uesan fort. 
Durch die strotzenden Gärten hatten wir bald den Ued Kus erreicht, 
setzten über und gingen auf die Berge los; obschon man den Weg recht 
gut in Einem Tage machen kann, nächtigten wir doch abermals, da der 
anhaltende Regen die Wege in dem Lehmboden fast grundlos gemacht 
hatte. Die Gegend wurde uns als gefährlich geschildert, doch schützte 
uns der Umstand, dass wir Uesan als Reiseziel hatten. Der Ruf des 
dortigen Grossscherif ist in der That so gross, dass Alle, die zu ihm 
pilgern, unter einem allgemein anerkannten Schutz stehen.
Die reizende Gegend, durch die wir zogen, jeder Hügel, jeder 
Berggipfel, wie in der Romagna mit einem Dorf oder Städtchen, 
machte einen grossen Eindruck auf mich. Mit grosser Freigebigkeit 
wurden wir Mittags in einem Orte, Kaschuka genannt, bewirthet, 
angestaunt von der ganzen Bevölkerung, welche wohl noch nie einen 
Deutschen gesehen hatte. In einem dem Grossscherif gehörenden Dorfe 
aus Zelten wurde übernachtet, und am anderen Morgen gegen 9 Uhr 
erreichten wir die heilige Pilgerstadt, das Mekka der Marokkaner. 
Doch bevor ich den Leser mit Uesan bekannt mache, werfen wir auf 
Bodengestalt, Klima und Bevölkerung des ganzen Reiches einen Blick. 
* * * * * 
 
2. Bodengestalt und Klima 
* * * * * 
Das am nordwestlichen Ende von Afrika gelegene Kaiserreich 
Marokko, Rharb el djoani[10] im Lande selbst genannt, ist von allen an 
das Mittelmeer grenzenden Ländern Nordafrika's eins der am 
günstigsten gelegenen. Es würde zu nichts führen, wollten wir 
versuchen, die Grösse des Landes in Zahlen anzugeben; selbst eine 
allgemeine Bezeichnung, dass Marokko zwischen den so und so vielten 
Längen- und Breitengraden liege, giebt nur annähernd einen Begriff 
und wechselt je nachdem wir die bedeutenden Oasen von Gurara, Tuat 
und Tidikelt, die fast bis zum 26° N. B. nach dem Süden und bis zum 
22° O. L. von Ferro reichen, hinzurechnen oder nicht. Halten wir diese 
letzte Ausdehnung fest und rechnen die grossen Strecken wüsten 
Terrains, welche zwischen den Oasen und dem atlantischen Ocean 
liegen, hinzu, so können wir uns den besten Begriff von der Grösse 
Marokko's machen, wenn wir dann aus der Karte ersehen, dass es um 
ein Drittel grösser ist, als Frankreich,[11] ohne diese Gebiete aber 
ungefähr mit Deutschland eine gleiche Grösse hat. 
[Fußnote 10: Der Name Maghreb el aksa ist im Lande selbst nicht 
bekannt und gebräuchlich, wohl aber sagt man Rharb schlechtweg, oder 
Bled-es-Sidi-Mohammed, oder bled Fes nach der Hauptstadt. Das Wort 
djoani bedeutet nach Wetzstein das "innere" und "eigentliche", also der 
innere und eigentliche Westen.] 
[Fußnote 11: Klöden und Behm 12,210 Quadrat-Meilen. Renou 5775 
Myriam.-Q.-M. Beaumier 5000 M.-Q.-M. Daniel ca. 13,000 Q.-M. A.
Rey und Xavier Durrieu 24,379 Lieues car. Gråberg de Hemsö 219,400 
Q.-M. italiane. Jardine 50,000 (englische) Q.-M. Donndorf 7425 Q.-M. 
J. Duval 57,000,000 Hectars und in Berlings Staatszeitung von 1778 
giebt Tempelmann 6287 Q.-M. für Fes, Tafilet und Marokko an.] 
Wenige Länder von Afrika haben im Verhältniss zum Binnenlande eine 
so grosse Küstenentwickelung. Die Gestadelänge Marokko's am 
atlantischen Ocean beträgt 1265, die an der Meerenge von Gibraltar 60, 
die am Mittelmeere 425 Kilometer, während die Landgrenze nur eine 
Länge von 250    
    
		
	
	
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