Nur wunderte man sich, dass er sich nicht verheiratete. 
Er wollte einen seiner Neffen zu sich nehmen, um ihm seinen Besitz zu 
ueberlassen. So kam es, dass der aeltere Bruder des jetzigen 
Eigentuemers von dannen zog. Er hiess Hans. 
Aber siehe da, ein jung norwegisch Maedchen, auch eine Verwandte, 
kam genau zur selben Zeit hin, und in sie verliebte sich der alternde 
Onkel. Er bot seinem Neffen an, ihm die Kosten der Rueckreise zu 
erstatten. Dem jungen Mann aber erschien das unwuerdig. Er blieb und 
fing ein eigenes Geschaeft an, und zwar einen Holzhandel, denn darauf 
verstand er sich. Das Geschaeft ging ausserordentlich gut. Als er nach 
dem Tode seines Vaters nach Hause sollte und den Hof uebernehmen, 
wollte er nicht. Der juengere Bruder Anders war inzwischen Kaufmann 
geworden; er betrieb das groesste Kolonialwarengeschaeft der Stadt. 
Jetzt musste er auch den Hof uebernehmen. 
Ein eigentlicher Geschaeftsmann war der junge Anders Krog nicht. 
Aber seine Gewissenhaftigkeit ohnegleichen und sein ruecksichtsvolles 
Wesen bewirkten, dass bald alle bei ihm kauften. Ein andrer haette 
reich dabei werden muessen; aber das wurde er nicht. Als er Krogskog 
uebernahm, war sowohl das Geschaeft in der Stadt wie vor allem auch 
der Hof erheblich verschuldet. Keins von beiden hatte er billig 
bekommen. Reisen hatte er freilich auch muessen, aber es waren jedes 
Jahr nur vier Wochen gewesen, einmal nach England, ein andermal 
nach Frankreich usw. Sein groesster Wunsch war allerdings, einmal bis 
nach Amerika zu kommen, aber dazu hatte er denn doch nicht den Mut. 
Er begnuegte sich damit, von dem neuen Wunderlande zu lesen; Lesen 
war seine groesste Freude; nach ihr kam das Hantieren im Garten. Das 
verstand er besser als der Gaertner. 
Dieser stille Mann mit den leuchtenden Augen war schuechtern wie ein 
Maedchen von vierzehn Jahren. An jedem Werktag morgen suchte er 
sich einen einsamen Platz--d.h. wenn so einer da war--auf dem kleinen 
Dampfer, der ihn nach der Stadt brachte, solange die Bucht nicht 
zugefroren war. Beim Aussteigen war er voll Ruecksicht gegen die 
andern; ehrerbietig gruessend eilte er an ihnen vorbei, wenn er an Land 
gekommen war,--und war dann in seinem Hause am Markt zu finden 
bis zum Abend, wo er auf die gleiche Weise heimkehrte. Das heisst: 
wenn er nicht radelte. Im Winter fuhr er mit dem Wagen oder 
uebernachtete in der Stadt, wo er in seinem eigenen Hause zwei
bescheidene Mansardenstuben bewohnte. 
Er hatte das Zeug zu dem besten Ehemann, den man sich in der Stadt 
vorstellen konnte. Aber seine unueberwindliche Bescheidenheit machte 
jede Annaeherung unmoeglich,--bis die rechte kam. Da war er aber 
schon ueber vierzig Jahr. Es ging ihm wie seinem Namensvetter, dem 
Onkel am Michigansee, dass ein junges Maedchen aus seiner eigenen 
Familie erschien und ihn eroberte. Und das war ausgerechnet das 
einzige Kind dieses Onkels. 
Er stand eines Sonntag morgens in Hemdsaermeln in seinem Kuechen- 
und Blumengarten an der Nordseite des Hauses, als ein junges 
Maedchen mit einem grossen Strohhut die beiden unbehandschuhten 
Haende auf das weisse Staket legte und zwischen den grossen Knaufen 
des Gitters hindurchschaute. 
Anders Krog, der vor einem Blumenbeet kauerte, hoerte ein 
schelmisches "Guten Tag" und fuhr in die Hoehe. Seine Augen nahmen 
das Maedel wie eine Offenbarung in sich auf. Sprachlos und 
unbeweglich stand er mit seinen erdigen Haenden da und starrte sie an. 
Sie lachte und sagte: "Wer bin ich?" Da kam ihm die Besinnung 
zurueck. "Sie sind--Sie sind sicher--", er kam nicht weiter, aber sein 
Laecheln hiess sie willkommen. "Wer bin ich?"--"Marit Krog aus 
Michigan." Er hatte von seiner Schwester, die jenseits des linken 
Huegelrueckens wohnte, gehoert, Marit Krog sei unterwegs. Aber er 
hatte nicht geahnt, dass sie schon da war.--"Und Sie sind der Bruder 
meines Vaters", antwortete sie in etwas englischem Tonfall. "Wie Ihr 
beide Euch aehnlich seid!--Nein, wie Ihr Euch aehnlich seid!"--Sie 
stand und starrte ihn an. "Darf ich nicht hineinkommen?"--"Ja, 
selbstverstaendlich,--aber erst--erst muss ich doch--", er blickte auf 
seine Haende und auf die Hemdsaermel.--"Ich kann ja ins Haus 
gehen?" sagte sie unternehmungslustig. "Das koennen 
Sie,--selbstverstaendlich! Gehen Sie bitte durch die Haupttuer hinein. 
Ich werde das Maedchen schicken",--und er begab sich eilig nach der 
Kueche. 
Sie lief vorn vor das Gebaeude und die Treppe hinauf. Sie musste einen 
ungeheuer grossen Schluessel, der wie der ganze Eisenbeschlag ein 
altes Kunstwerk war, umdrehen, um in das Vorzimmer zu gelangen, 
das sehr viel Licht hatte. In ihr steckte ein Stueck von einem Maler, sie 
hatte Augen fuer so etwas. Sie sah sofort, dass all diese grossen und
kleinen Schraenke wunderschoene hollaendische Arbeit waren, und 
dass das Zimmer groesser war, als es den Anschein hatte; denn die 
Moebel nahmen viel Platz ein. Eine schoene altertuemliche Treppe mit 
Schnitzwerk fuehrte zu ihrer Rechten in das zweite Stockwerk hinauf. 
Geradeueber musste der Eingang in die Kueche sein; sie dachte es sich 
und sie roch es auch. Das bestaetigte sich ihr, als das Maedchen 
herauskam. Durch die offne    
    
		
	
	
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