Leben und Tod Konigs Richard des zweyten | Page 2

William Shakespeare
zu gut, ein solcher zu seyn, und zu schlimm, beym Leben zu
bleiben; denn je schöner und crystallner der Himmel ist, desto
häßlicher sehen die Wolken aus, die ihn befleken. Noch einmal, das
Gewicht meiner Anklage zu verdoppeln, stopf ich dir mit dem
schändlichen Namen eines Verräthers den Rachen, und wünsche, daß
mir von meinem Gnädigsten Oberherrn erlaubt werde, an eben diesem
Plaz und in diesem Augenblik, was meine Zunge gesprochen hat, durch
mein recht- gezognes Schwerdt zu beweisen.
Mowbray. Laßt nicht hier die Kälte meiner Worte meinen Eifer
verdächtig machen; diese unsre Sache kan nicht mit den Waffen eines
Weiberkriegs, dem bittern Geschrey zwoer scharfen Zungen, unter uns
entschieden werden. Das Blut ist heiß, das für diß erkalten muß. Jedoch
kan ich mich keiner so zahmen Geduld rühmen, mich stossen zu lassen,
und gar nichts dazu zu sagen; und würde mich nicht die Ehrfurcht vor
Eu. Hoheit zurük halten, meiner freyen Rede Zügel und Sporren zu
geben, sie sollte schnell genug seyn, diese Beschuldigungen von
Verrätherey zweyfach in seinen Rachen zurük zu stossen. Sezet aber
das hohe Vorrecht seines königlichen Geblüts bey Seite, und laßt ihn
nicht den Vetter meines Königs seyn, so biet ich ihm troz, und
verschmähe ihn, nenne ihn eine verläumderische Memme, und einen
nichtswürdigen Schurken, und bin bereit, ihm zu beweisen daß er's ist,
an welchem Ort er will mit ihm zusammen zu kommen, und wenn ich
gleich mit naktem Fuß auf die befrornen Gipfel der Alpen rennen

müßte, oder in welche andre unbewohnbare Gegend es seyn mag,
wohin nie kein Engländer es wagte seinen Fuß zu sezen. Indeß laßt diß
meine Treue rechtfertigen: Bey allen meinen Hoffnungen, er hat die
lügenhafteste Unwahrheit gesagt.
Bolingbroke. Blasser, zitternder Verräther, hier zieh ich meinen
Handschuh, lege die Vorrechte meines königlichen Geblüts bey Seite,
und begebe mich des Vortheils, der Blutsverwandte eines Königs zu
seyn, (worauf du aus Zagheit, nicht aus Ehrfurcht dich beruffen hast.)
Wenn das bebende Bewußtseyn deiner Schuld dir noch so viel Stärke
übrig gelassen hat, dieses Pfand meines Ehrenworts anzunehmen, so
büke dich. Bey diesem, und bey allen andern Gesezen der Ritterschaft
mach' ich mich anheischig, das was ich gesprochen habe, Arm gegen
Arm, dir zu beweisen.
Mowbray. Ich heb' ihn auf, und bey diesem Schwerdt schwör' ich,
dessen sanfter Schlag die Ritterschaft auf meine Schulter legte; daß ich
dir mit Speer und Schwerdt, nach ritterlichem Brauch und Sitte
antworten will, und wenn ich mein Pferd besteige, möge ich nicht
gesund wieder absteigen, wofern ich ein Verräther bin, oder für eine
ungerechte Sache kämpfe!
König Richard. Was ist es dann, was unser Vetter den Mowbray
bezüchtiget? Es muß etwas Grosses seyn, was uns vermögen kan, dem
blossen Gedanken einer bösen Gesinnung von seiner Seite Plaz zu
geben.
Bolingbroke. Höret was ich sage, mein Leben soll beweisen, daß es
Wahrheit ist; dieser Mowbray, sage ich, hat achttausend Nobels*
aufgenommen, unter dem Vorwand Eu. Hoheit Kriegs-Völker damit zu
unterhalten, solche aber wie ein Verräther und schelmischer Bube
zurük behalten, und für sich selbst zu lüderlichem Gebrauch angewandt.
Überdas sag' ich, und will es durch einen Zweykampf beweisen,
entweder hier, oder anderswo, sey es bis auf dem äussersten Stük
Landes, das jemals ein Engländisches Aug' übersehen hat, daß alle
Verräthereyen, die seit achtzehn Jahren in diesem Königreich
angezettelt worden, von diesem treulosen Mowbray ihren ersten
Ursprung genommen haben. Ferner sag' ich, und will es auf seinen
ehrlosen Kopf beweisen, daß er Ursächer der Ermordung des Herzogs
von Glocester war; daß er es war, der seine leichtgläubige Feinde
aufstiftete, und daß er folglich es war, der wie ein feiger schelmischer

Meuchelmörder sein unschuldiges Blut vergoß, welches izt, gleich
Abels Blut, aus den stummen Gewölben der Erde zu mir um gerechte
und strenge Rache schreyt. Und, bey dem glorreichen Werth dieses
Bluts, das in meinen eignen Adern fließt, dieser Arm soll es vollziehen,
oder dieses Leben soll aufgeopfert werden.
{ed.-* Eine alte Münze, die an Werth etwas über sechs Englische
Schillings betragen haben soll.}
König Richard. Was sagst du hiezu, Thomas von Norfolk?
Mowbray. O möchte mein Gebietender Herr sein Angesicht wenden,
und seinem Ohr einen Augenblik taub zu seyn befehlen, bis ich diesem
Schandflek seines Bluts gesagt habe, wie sehr Gott und Menschen
einen so schändlichen Lügner hassen.
König Richard. Mowbray, unsre Augen und Ohren sind ohne
Partheylichkeit; wär' er unser Bruder, ja wär' er der Erbe unsers Reichs,
wie er nur unsers Vaters Bruders-Sohn ist, dennoch sollte, ich schwör'
es bey der Majestät meines Scepters, eine so nahe Verwandtschaft mit
unserm geheiligten Blut ihm nicht das geringste Vorrecht geben, noch
die unbiegsam Festigkeit unsrer aufrichtigen Seele partheyisch machen.
Er ist unser Unterthan, Mowbray, wie du; rede frey und ungescheut, ich
erlaub' es dir.
Mowbray. So sag ich dann, Bolingbroke, in deinen verläumdrischen
Hals hinein, du lügst! Drey Theile von der Summe, die ich für Calais
erhielt, bezahlte ich an
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