und sagte nun mit möglichst 
milder Stimme: »Nun, nun, ärgert euch nur nicht, das war nicht so bös 
gemeint; aber diese allerliebste Schildkröte gefällt mir und ich möchte 
sie gern besitzen. Wollt ihr euch in einen Handel mit mir einlassen? 
Wie wäre es, wenn ihr mir das Tier verkaufen würdet? Für Geld könnt 
ihr euch etwas kaufen und euch bessere Freude machen, als daß ihr 
dieses Tier hier im Kreise herumschleudert!« 
Die Kinder gingen erfreut schnell auf den Handel ein und überließen 
Urashima gegen einige Silbermünzen die Schildkröte. 
Urashima nahm sie in die Hand, ging bis zum Wasser und setzte das 
Tier ins Meer, indem er sagte: 
»Armes Tierchen, nicht um dich der Freiheit zu berauben, sondern dir 
die Freiheit wiederzugeben, habe ich dich gekauft; nun schwimme hin 
und sei in Zukunft vorsichtiger, damit du nicht wieder in böser Buben
Hände fällst!« Er blieb noch ein Weilchen stehen und sah zufrieden 
lächelnd der schnell im Wasser dahinschwimmenden Schildkröte nach, 
bis er sie nicht mehr erblickte; dann nahm er sein Fischereigerät und 
seine Fische und ging wohlgemut in seine Hütte. 
Am andern Morgen ging er wie gewöhnlich seinem Handwerk nach. 
Als er mit seinem Kahne auf dem Meer war und seine Netze 
ausgeworfen hatte, hörte er plötzlich ein zartes Stimmchen rufen: 
»Urashima sama!«[3] 
Erstaunt sah er sich um, konnte aber nicht entdecken, woher die 
Stimme ertönte und wer seinen Namen rief. Da ertönte es abermals: 
»Urashima sama!« 
Jetzt merkte er, daß die Stimme aus dem Wasser kam und er beugte 
sich über den Rand seines Bootes und erblickte die kleine Schildkröte, 
die er am Tage vorher aus den Händen der Buben befreit hatte. Im 
ersten Moment war er erschrocken; doch faßte er sich ein Herz und 
fragte: »Warst du es, die mich rief?« 
»Gewiß!« antwortete das Tierchen. »Ich bin gekommen um euch 
meinen Dank für euere gestrige edle Tat zu sagen. Und weil ihr mir 
meine Freiheit gegeben habt, möchte ich euch etwas recht Schönes 
zeigen! Habt ihr Lust, so folget mir!« 
Urashima dachte: Was kann es wohl sein, das mir dieses unscheinbare 
Tier zeigen könnte? Doch nichts Besonderes. Aber das macht auch 
nichts, es will sich mir dankbar erweisen und so will ich ihm auch die 
Freude nicht verderben. Nachdem er sich so ein Weilchen bedacht hatte, 
fragte er doch vorsorglich: 
»Dauert es auch nicht lange? Ich will dir gerne folgen, aber ich habe 
nicht viel Zeit zu versäumen. Wohin soll es denn gehen?« 
»Garnicht weit von hier. Ich beabsichtige nur, euch zum Palast unserer 
Meereskönigin Otohime zu führen und euch dort Wunderdinge zu
zeigen!« 
»Das ist ganz unmöglich«, erwiderte Urashima, »denn ich kann nicht 
so schnell schwimmen und nicht so gut tauchen wie ihr und was 
schließlich die Hauptsache ist, ich kann ja im Wasser nicht atmen und 
dich deshalb nicht auf den Meeresgrund begleiten!« 
»Macht euch deshalb keine Sorge, Urashima«, entgegnete die 
Schildkröte, »steigt auf meinen Rücken und das weitere werdet ihr 
sehen!« 
»Aber mein Boot -- --« meinte Urashima bedenklich. 
»Das findet ihr hier wieder, ich führe euch zurück!« unterbrach ihn das 
Tier. 
»Aber du bist so klein, du kannst mich nicht tragen!« rief Urashima 
noch immer bedenklich. 
Da rauschte es im Wasser, die Schildkröte dehnte und streckte sich und 
staunend sah Urashima, wie sie sich immer mehr vergrößerte, bis sie 
die gleiche Größe des Bootes hatte, dann fragte sie lachend: 
»Nun? -- Bin ich noch zu schwach für dich?« Da schwanden Urashima 
alle Bedenken, flugs stieg er aus seinem Boote, nachdem er dasselbe 
sicherheitshalber verankert hatte und nahm auf dem Rücken des Tieres 
Platz. 
»Halte dich nur recht fest und fürchte dich nicht!« Nach einiger Zeit 
rief die Schildkröte: »Nun schließe fest die Augen und öffne sie nicht 
eher, als bis ich es dir sage. Auch halte ein Weilchen den Atem an, es 
dauert nicht lange!« 
Urashima tat, wie ihm geheißen und dann fühlte er, wie das Tier im 
Wasser versank; das Wasser rauschte und brauste um seine Ohren; 
ängstlich klammerte er sich mit beiden Händen an das Schild seines 
sonderbaren Reitpferdes; aber eingedenk der Mahnung behielt er die 
Augen geschlossen und hielt den Atem an.
Schon glaubte er, es ginge mit ihm zu Ende; da ertönte der Ruf: 
»Jetzt!« 
Da öffnete er seine Augen und sah sich auf dem Grunde des Meeres, 
dessen feiner Sand aus lauter Perlen bestand. In der Ferne sah er ein 
riesiges Gebäude in blendendem Glanze schimmern, auf das die 
Schildkröte mit ihrem Reiter zuschwamm. Endlich kamen sie an und 
standen vor einem großen Tore, das aus purem Golde mit Edelsteinen 
verziert war. Zwei große unheimliche Meerdrachen lagen vor dem Tore 
und glotzten Urashima mit fürchterlich rollenden Augen an, so daß ihm 
ganz ängstlich wurde. Als die Drachen aber die Schildkröte erblickten, 
ließen ihre drohenden Blicke nach und sie versuchten freundlichere 
Gesichter zu machen. 
»Nun steige ab und warte hier!« sagte die Schildkröte und    
    
		
	
	
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