Im Sonnenschein, by Theodor 
Storm 
 
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Title: Im Sonnenschein Novelle 
Author: Theodor Storm 
Release Date: April 3, 2007 [EBook #20977] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK IM 
SONNENSCHEIN *** 
 
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Paetels 
Taschenausgaben
23 
_________________________________________________ 
Im Sonnenschein 
Drei Sommergeschichten 
von 
Theodor Storm 
Dreizehnte Auflage 
 
Verlag von Gebrüder Paetel 
Berlin 
________________________________________________ 
Druck von G. Kreysing in Leipzig 
________________________________________________ 
Meiner Mutter 
zum 
W e i h n a c h t a b e n d 1854 
_________________________________________________ 
 
IM SONNENSCHEIN. 
1. 
In den höchsten Zweigen des Ahornbaums, der an der Gartenseite des
Hauses stand, trieben die Stare ihr Wesen. Sonst war es still; denn es 
war Sommernachmittag zwischen eins und zwei. 
Aus der Gartentür trat ein junger Reiteroffizier in weißer festtäglicher 
Uniform, den kleinen dreieckigen Federhut schief auf den Kopf 
gedrückt, und sah nach allen Seiten in die Gänge des Gartens hinab; 
dann, seinen Rohrstock zierlich zwischen den Fingern schwingend, 
horchte er nach einem offenstehenden Fenster im oberen Stockwerke 
hinauf, aus dem sich in kleinen Pausen das Klirren holländischer 
Kaffeeschälchen und die Stimmen zweier alten Herren deutlich 
vernehmen ließen. Der junge Mann lächelte wie jemand, dem was 
Liebes widerfahren soll, indem er langsam die kleine Gartentreppe 
hinunterstieg. Die Muscheln, mit denen der breite Steig bestreut war, 
knirschten an seinen breiten Sporen; bald aber trat er behutsam auf, als 
wolle er nicht bemerkt sein. -- Gleichwohl schien es ihn nicht zu stören, 
als ihm aus einem Seitengange ein junger Mann in bürgerlicher 
Kleidung mit sauber gepuderter Frisur entgegenkam. Ein Ausdruck 
brüderlichen, fast zärtlichen Vertrauens zeigte sich in beider Antlitz, als 
sie sich schweigend die Hände reichten. »Der Syndikus ist droben; die 
alten Herren sitzen am Tokadilletisch,« sagte der junge Bürger, indem 
er eine starke goldene Uhr hervorzog, »Ihr habt zwei volle Stunden! 
Geh nur, du kannst rechnen helfen.« Er zeigte bei diesen Worten den 
Steig entlang nach einem hölzernen Lusthäuschen, das auf Pfählen über 
den unterhalb des Gartens vorüberströmenden Fluß hinausgebaut war. 
»Ich danke dir, Fritz. Du kommst doch zu uns?« 
Der Angeredete schüttelte den Kopf. »Wir haben Posttag!« sagte er und 
ging dem Hause zu. Der junge Offizier hatte den Hut in die Hand 
genommen und ließ, während er den Steig hinabging, die Sonne frei 
auf seine hohe Stirn und seine schwarzen ungepuderten Haare scheinen. 
So hatte er bald den Schatten des kleinen Pavillons, der gegen Morgen 
lag, erreicht. 
Die eine Flügeltür stand offen; er trat vorsichtig auf die Schwelle. Aber 
die Jalousien schienen von allen Seiten geschlossen; es war so 
dämmerig drinnen, daß seine noch eben des vollen Sonnenlichts 
gewöhnten Augen erst nach einer ganzen Weile die jugendliche Gestalt
eines Mädchens aufzufassen vermochten, die inmitten des Zimmers an 
einem Marmortischchen sitzend, Zahl um Zahl mit sicherer Hand in 
einen vor ihr liegenden Folianten eintrug. Der junge Offizier blickte 
verhaltenen Atems auf das gepuderte Köpfchen, das über den Blättern 
schwebend, wie von dem Zuge der Feder, harmonisch hin und wieder 
bewegt wurde. Dann, als einige Zeit vorübergegangen, zog er seinen 
Degen eine Hand breit aus der Scheide und ließ ihn mit einem Stoß 
zurückfallen, daß es einen leichten Klang gab. Ein Lächeln trat um den 
Mund des Mädchens, und die dunkeln Augenwimpern hoben sich ein 
Weniges von den Wangen empor; dann aber, als hätte sie sich 
besonnen, streifte sie nur den Ärmel der amarantfarbenen Kontusche 
zurück und tauchte aufs neue die Feder ein. 
Der Offizier, da sie immer nicht aufblickte, tat einen Schritt ins 
Zimmer und zog ihr schweigend die Feder durch die Finger, daß die 
Tinte auf den Nägeln blieb. 
»Herr Kapitän!« rief sie und streckte ihm die Hand entgegen. Sie hatte 
den Kopf zurückgeworfen; ein Paar tiefgraue Augen waren mit dem 
Ausdruck nicht allzu ernsthaften Zürnens auf ihn gerichtet. 
Er pflückte ein Rebenblatt draußen vom Spalier und wischte ihr 
sorgfältig die Tinte von den Fingern. Sie ließ das ruhig an sich 
geschehen; dann aber nahm sie die Feder und fing wieder an zu 
arbeiten. 
»Rechne ein andermal, Fränzchen!« sagte der junge Mann. 
Sie schüttelte den Kopf. »Morgen ist Klosterrechnungstag; ich muß das 
fertig machen.« Und sie setzte ihre Arbeit fort. 
»Du bist ein Federheld!« 
-- »Ich bin eine Kaufmannstochter!« 
Er lachte. 
-- »Lache nicht! Du weißt, wir können die Soldaten eigentlich nicht
leiden.« 
»Wir? Welche wir sind das?« 
-- »Nun, Konstantin,« -- und dabei rückte ihre Feder addierend die 
Zahlenreihen hinunter -- »wir, die ganze Firma!« 
»Du auch, Fränzchen?« 
-- »Ach! ich« -- -- Und sie    
    
		
	
	
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