es", erwiderte Dete, "ich will mit ihm hinauf zum Öhi, es muss 
dort bleiben." 
"Was, beim Alm-Öhi soll das Kind bleiben? Du bist, denk ich, nicht 
recht bei Verstand, Dete! Wie kannst du so etwas tun! Der Alte wird 
dich aber schon heimschicken mit deinem Vorhaben!" 
"Das kann er nicht, er ist der Großvater, er muss etwas tun, ich habe 
das Kind bis jetzt gehabt, und das kann ich dir schon sagen, Barbel, 
dass ich einen Platz, wie ich ihn jetzt haben kann, nicht dahinten lasse 
um des Kindes willen; jetzt soll der Großvater das Seinige tun." 
"Ja, wenn der wäre wie andere Leute, dann schon", bestätigte die kleine 
Barbel eifrig; "aber du kennst ja den. Was wird der mit einem Kinde 
anfangen und dann noch einem so kleinen! Das hält's nicht aus bei ihm! 
Aber wo willst du denn hin?" 
"Nach Frankfurt", erklärte Dete, "da bekomm ich einen extraguten 
Dienst. Die Herrschaft war schon im vorigen Sommer unten im Bad, 
ich habe ihre Zimmer auf meinem Gang gehabt und sie besorgt, und 
schon damals wollten sie mich mitnehmen, aber ich konnte nicht 
fortkommen, und jetzt sind sie wieder da und wollen mich mitnehmen, 
und ich will auch gehen, da kannst du sicher sein." 
"Ich möchte nicht das Kind sein!", rief die Barbel mit abwehrender 
Gebärde aus. "Es weiß ja kein Mensch, was mit dem Alten da oben ist! 
Mit keinem Menschen will er etwas zu tun haben, jahraus, jahrein setzt 
er keinen Fuß in eine Kirche, und wenn er mit seinem dicken Stock im 
Jahr einmal herunterkommt, so weicht ihm alles aus und muss sich vor 
ihm fürchten. Mit seinen dicken grauen Augenbrauen und dem 
furchtbaren Bart sieht er auch aus wie ein alter Heide und Indianer, 
dass man froh ist, wenn man ihm nicht allein begegnet." 
"Und wenn auch", sagte Dete trotzig, "er ist der Großvater und muss 
für das Kind sorgen, er wird ihm wohl nichts tun, sonst hat er's zu
verantworten, nicht ich." 
"Ich möchte nur wissen", sagte die Barbel forschend, "was der Alte auf 
dem Gewissen hat, dass er solche Augen macht und so 
mutterseelenallein da droben auf der Alm bleibt und sich fast nie 
blicken lässt. Man sagt allerhand von ihm; du weißt doch gewiss auch 
etwas davon, von deiner Schwester, nicht, Dete?" 
"Freilich, aber ich rede nicht; wenn er's hörte, so käme ich schön an!" 
Aber die Barbel hätte schon lange gern gewusst, wie es sich mit dem 
Alm-Öhi verhalte, dass er so menschenfeindlich aussehe und da oben 
ganz allein wohne und die Leute immer so mit halben Worten von ihm 
redeten, als fürchteten sie sich, gegen ihn zu sein, und wollten doch 
nicht für ihn sein. Auch wusste die Barbel gar nicht, warum der Alte 
von allen Leuten im Dörfli der Alm-Öhi genannt wurde, er konnte doch 
nicht der wirkliche Oheim von den sämtlichen Bewohnern sein; da aber 
alle ihn so nannten, tat sie es auch und nannte den Alten nie anders als 
Öhi, was die Aussprache der Gegend für Oheim ist. Die Barbel hatte 
sich erst vor kurzer Zeit nach dem Dörfli hinauf verheiratet, vorher 
hatte sie unten im Prättigau gewohnt, und so war sie noch nicht so ganz 
bekannt mit allen Erlebnissen und besonderen Persönlichkeiten aller 
Zeiten vom Dörfli und der Umgegend. Die Dete, ihre gute Bekannte, 
war dagegen vom Dörfli gebürtig und hatte da gelebt mit ihrer Mutter 
bis vor einem Jahr; da war diese gestorben, und die Dete war nach dem 
Bade Ragaz hinübergezogen, wo sie im großen Hotel als 
Zimmermädchen einen guten Verdienst fand. Sie war auch an diesem 
Morgen mit dem Kinde von Ragaz hergekommen; bis Maienfeld hatte 
sie auf einem Heuwagen fahren können, auf dem ein Bekannter von ihr 
heimfuhr und sie und das Kind mitnahm. --Die Barbel wollte also 
diesmal die gute Gelegenheit, etwas zu vernehmen, nicht unbenutzt 
vorbeigehen lassen; sie fasste vertraulich die Dete am Arm und sagte: 
"Von dir kann man doch vernehmen, was wahr ist und was die Leute 
darüber hinaus sagen; du weißt, denk ich, die ganze Geschichte. Sag 
mir jetzt ein wenig, was mit dem Alten ist und ob der immer so 
gefürchtet und ein solcher Menschenhasser war." 
"Ob er immer so war, kann ich, denk ich, nicht präzis wissen, ich bin
jetzt sechsundzwanzig und er sicher siebzig Jahr alt; so hab ich ihn 
nicht gesehen, wie er jung war, das wirst du nicht erwarten. Wenn ich 
aber wüsste, dass es nachher nicht im ganzen Prättigau herumkäme, so 
könnte ich dir schon allerhand erzählen von ihm; meine Mutter war aus 
dem Domleschg und er auch." 
"A bah, Dete, was meinst denn?", gab die Barbel ein wenig beleidigt 
zurück; "es geht nicht so streng mit dem Schwatzen im Prättigau, und 
dann kann ich schon etwas für mich behalten, wenn es sein muss. 
Erzähl mir's jetzt, es muss dich nicht gereuen." 
"Ja nu,    
    
		
	
	
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