Gedenkrede auf Wolfgang Amade Mozart

Richard Beer-Hofmann
Gedenkrede auf Wolfgang
Amade Mozart, by

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Title: Gedenkrede auf Wolfgang Amade Mozart
Author: Richard Beer-Hofmann
Release Date: April 22, 2006 [EBook #18232]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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GEDENKREDE AUF WOLFGANG ***

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VON DIESER REDE WURDEN 550 EXEMPLARE AUF
BÜTTENPAPIER ABGEZOGEN UND HANDSCHRIFTLICH
NUMERIERT. DIESES EXEMPLAR TRÄGT DIE NUMMER 163.

GEDENKREDE AUF WOLFGANG AMADE MOZART
VON RICHARD BEER-HOFMANN
S. FISCHER, VERLAG, BERLIN MDCCCCVI

GEDENKREDE AUF WOLFGANG AMADE MOZART
Von hohen Bergen rinnt ein Wasser zu tiefen Tälern hinab. Einem
Gletschersee entstürzt es, wildstürmende Wasser aus seitlichen Tälern
werfen sich ihm zu, und in Sturz und Fall, von Talstufe zu Talstufe
schwellender und reicher, sucht es seinen Weg. Von Horten, die tief in
ringsum starrenden Bergen verborgen schlafen, tragen mündende
Bäche ihm verräterische Kunde zu; und wer den Sand seiner Ufer in
hohler Hand faßt, dem gleiten, mit dem Sand zugleich, durch seine
Finger: dunkles Erz und rotes Kupfer, grauer Kobalt und das Gold und
Silber des Rauris. Und wer seine Hand in die Flut taucht -- und wäre es
selbst dort, wo sie schon zur Ebene hinabsteigt -- der fühlt noch immer:
Von hoch her kommt dies Drängen, das zu Meeren will; von
Gletschern gespeist, uraltem Eise nah, springt helläugig dieser Quell --
tief unter ihm sind die Dünste der Täler.
Von venetischen Küsten steigt eine Straße zu verschneiten Pässen der
Tauern auf, und sucht die Hänge, wo Ambisontier und Alaunen die
Stätten heiligen Salzes hüten. Saumtiere, mit Öl und dunklem Wein
beladen, treten den Weg, der Schritt römischer Legionen stampft ihn
breiter, und ehe die alten Götter zur Ruhe gehen, leuchtet ihre heilige
Nacktheit noch den Bergen.
Und dort wo die zwei sich treffen -- der Strom von den Firnen
norischer Berge, und die Straße vom Meer und vom Süden her -- ist
eine Stadt gelagert. Dort wird Mozart geboren!
Musik ist um dies Kind, wenn es erwacht. Die schweren Glocken vieler
Kirchen, hell und dunkel wie Menschenstimmen bebend, und neben
ihnen kleine Glocken, zu zierlichen Liedern gebündelt, im
Glockenspiel der Residenz, und über allen -- die Zeiten des Tages vom

Berge grüßend -- das Hornwerk der hohen Salzburg. Nichts Fremdes
schwingt sich von dort oben zu ihm herab. Was jetzt in Orgeltönen
über den Bezirk der Stadt hinhallt, war ehedem in seinem Vater, stumm
allen andern und nur diesem tönend. Nun klingt von oben allen,
Leopold Mozarts schäferliches Menuett im May, ein Jagdlied im
Herbstmonat, und im Hornung ein Fastnachtsstück. Und morgens und
abends haben sie dort oben in mächtigen Bälgen den Wind gefangen,
und der wilde Frühwind, der die Bergnebel zerreißt, und die fächelnden
Abendwinde, sie alle sind dienstbar der Musik!
Und wenn die Glocken dieser Stadt schweigen, rauschen ihre Wasser
dem Knaben. Nicht bloß die des marmornen Brunnens, wo über
Delphinen, die Musik verlockt, der Triton ins Horn stößt. Ein Weg
führt zum Schloß des Marcus Sitticus, wo hellsprudelnde Brunnen
gebändigt sind, zierliche Künste zu treiben. Dort wird er zuerst sehen,
wie der leuchtende Gott den Stümper Marsyas tötet, in steinerner
Grotte wird Orpheus stehen, die Hand erhoben, bereit zum Spiel, das
den Weg zu den Toten bahnt, und eine Tür wird aufspringen, und auf
bunter Bühne, um den Bau eines Hauses geschart, werden Werkleute,
klopfend und hämmernd, ihr Tagwerk verrichten, die Bürger an ihr
Handwerk gehen und vornehme Herren aus den Fenstern grüßend sich
neigen. Und mitten in den Lärm und die lächerliche Hast ihres Tuns
klingt ein Choral; das Wasser, das sie alle treibt, treibt auch die Orgel
die jetzt tönt. An einem Sinnbild mag dann der Knabe hier zuerst
erkennen, was ihm -- wie allen die Gott zu Schöpfern aufgerufen --
verliehen ist: Auf kleiner Menschen tägliche Hast und geschäftiges
Mühen, vergängliche Lust und endliches Leid, mildlächelnd, ihrer
Buntheit sich freuend, zu horchen -- und zugleich dem Lobgesang zu
lauschen, der aus der lärmenden Unruhe ihres Treibens feierlich und
ewig sich hebt; und zu wissen, daß ein Quell beides bewegt.
Doch ehe er noch solches zu fassen vermag, entwächst er der Stadt.
Andere Kinder mögen auf Märchen hören, deren Könige und Kaiser
fern und zauberhaft vorüberziehen, wie Fabeltiere und Feen. Aber
dieses Kindes wunderbaren Fingern ist früh Kraft gegeben, die Welt
sich aufzublättern wie ein Märchenbuch. Weit hinter ihm liegt die Stadt
und der Untersberg, drin der alte Kaiser schläft. Des heiligen römischen

Reiches kaiserliche Majestät sendet ihm goldgebortete Kleider und lädt
ihn in seiner Stadt zu Hof, des Kaisers Töchter führen ihn an der Hand
durch die spiegelnden
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