die Kiste beim Heben und Schütteln sich gar nicht 
so anließ, als ob Sachen von der angegebenen Art darin enthalten sein 
könnten. Dieser Verdacht ward dem Fiskal unter der Hand gesteckt. Er 
kam selbst an Bord, überzeugte sich von Richtigkeit des 
Konnossements und der Unversehrtheit des Siegels, und da der Jude 
ein armer Teufel war, dem sich mit einer Geldstrafe nichts anhaben ließ, 
so sollte er, wie es in aller Welt Brauch ist, für den versuchten Betrug 
mit seiner Haut bezahlen. 
Zuvörderst ward ihm gemeldet, daß sein Eigentum wieder zum 
Vorschein gekommen sei und von ihm alsogleich am Bord in Empfang 
genommen werden könne. Sein Erschrecken über diese Nachricht war 
drollig genug, aber dem Frieden nicht trauend, verlangte er, man 
möchte ihm die Kiste in Gottes Namen nur an Land und in sein Haus 
schaffen; bis auf seine beharrliche Weigerung der Fiskal ihn durch zwei 
Neger mit Gewalt und gebunden an Bord holen ließ. Hier mußte er in 
dessen Beisein die Kiste als die seinige und als vollkommen unverletzt 
anerkennen; dann aber auch öffnen, und nun kam ein gar bunter Inhalt
zum Vorschein. Der ganze Trödel bestand aus Redoutenanzügen und 
fratzenhaften Gesichtslarven; der unglückliche Eigentümer aber ward, 
auf des Richters Geheiß, über seine Kiste hingestreckt und von ein paar 
Matrosen mit ihren Tauendchen so unbarmherzig zugedeckt, daß ihm 
wahrscheinlich alle ähnliche Spekulationen für eine lange Zeit 
vergangen sein werden. 
Eher hätte man Surinam damals eine deutsche, als eine holländische 
Kolonie nennen können, denn auf den Plantagen, wie in Paramaribo, 
traf man unter hundert Weißen immer vielleicht neunundneunzig an, 
die hier aus allen Gegenden von Deutschland zusammengeflossen 
waren. Unter ihnen hatte ich während dieser Reise Gelegenheit, auch 
zwei Brüder, des Namens Kniffel, kennen zu lernen, die aus Belgard in 
Pommern gebürtig und also meine nächsten Landsleute waren. Sie 
hatten in früherer Zeit als gemeine holländische Soldaten sich hierher 
verirrt, aber Glück, Fleiß und Rechtlichkeit hatten sie seither zu 
Millionären gemacht, welche hier eines wohlverdienten Ansehens 
genossen. Am Komandewyne besaßen sie zwei Kaffeeplantagen. Die 
eine hieß Friedrichsburg, und eine andere dicht daneben, welche von 
ihnen selbst angelegt worden, hatten sie ihrer Vaterstadt zu Ehren 
Belgard genannt. Zu Paramaribo war eine Reihe von Häusern, die eine 
Straße von vierhundert Schritten in der Länge bildeten, ihr Eigentum 
und führte nach ihnen den Namen Kniffels-Loge. Ebendaselbst hatten 
sie eine lutherische Kirche aufgeführt und zur Erhaltung derselben für 
ewige Zeiten die Einkünfte der Plantage Belgard gewidmet. 
Diese Gebrüder standen schon seit längerer Zeit mit meinem Kapitän 
Blank, als einem Kolberger und Landsmann, in besonders 
freundschaftlichem Verkehr. Er versorgte sie und ihre Plantagen 
ausschließlich mit allem, was sie aus Europa bedurften; und 
hinwiederum führte er alle ihre dortigen Erzeugnisse nach Holland 
zurück. So geschah es auch bei der gegenwärtigen Reise; daß ich denn 
oft von ihm mit Aufträgen an sie geschickt und ihnen auf diese Weise 
bekannt und lieb wurde. Schon die vielfältigen Beweise von Güte, die 
ich von ihnen erfuhr, würden mich veranlaßt haben, ihrer hier zu 
gedenken, wenn nicht auch der Verfolg meiner Lebensgeschichte mir 
wiederholt Gelegenheit gäbe, auf ihren Namen zurückzukommen.
* * * * * 
Unsere Heimfahrt nach Amsterdam, die sechs Wochen währte, war 
glücklich, aber ohne weitere Merkwürdigkeit. Wir waren vierzehn 
Monate abwesend gewesen, und unser Schiff bedurfte einer völlig 
neuen Verzimmerung, die sich bis in den November 1755 zu verzögern 
drohte. Dies dauerte mir zu lange und gab die Veranlassung, daß ich in 
einen anderen Dienst, unter Kapitän Wendorp, überging. Sein Schiff 
war nach Kurassao bestimmt; auf der Rückreise ergänzten wir bei St. 
Eustaz unsere Ladung, und nach neun Monaten, die ich hier kurz 
übergehe, warfen wir wiederum vor Amsterdam wohlbehalten die 
Anker. 
Hier warteten Briefe auf mich von meinen Eltern, von so drohendem 
Inhalt und angefüllt mit so gerechten Vorwürfen, daß ich's wohl nicht 
länger verschieben durfte, mich zum zweitenmal, als der verlorene 
Sohn, reuig nach Hause auf den Weg zu machen. Doch fand ich gleich 
im voraus einigen Trost in dem Vorschlage, daß meines Vaters Bruder 
bestimmt sei, des Herrn Beckers Schiff, genannt die Hoffnung, mit 
einer Ladung Holz von Rügenwalde nach Lissabon zu führen, und mit 
dem sollte ich fahren. Dies war im Jahre 1756. 
So ging ich denn als Passagier nach Danzig und traf es da eben recht, 
daß zwölf junge und schmucke seefahrende Leute ausgesucht werden 
sollten, um die sogenannte Herren-Borse aufs stattlichste zu bemannen. 
Es war nämlich zu der Zeit der König August von Polen in der Stadt 
anwesend, und auf der Reede lag eine zahlreiche Flotte von russischen 
Kriegsschiffen vor Anker, der er einen Besuch abzustatten gedachte. Zu 
dieser Lustfahrt, die Weichsel hinunter, sollte nun jene Staatsjacht 
dienen. Zufällig kriegte man mich mit an, um die Mannschaft 
vollzählig zu machen, und sowohl das Außerordentliche bei der Sache, 
als auch der Dukaten, der dabei für jeden Mann abfallen sollte, machten 
mir Lust, diesen Ehrendienst zu verrichten. 
Das    
    
		
	
	
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