wer weiß es anders?
Sacco. Niemand.
Calcagno. So wahr Gott lebt, Niemand.
Verrina. Ich bin der letzte meines Geschlechts. Mein Weib liegt
begraben. Diese Tochter ist ihr einziges Vermächtniß. Genueser, ihr
seid Zeugen, wie ich sie erzog. Wird Jemand auftreten und Klage
führen, daß ich meine Bertha verwahrloste?
Calcagno. Deine Tochter ist ein Muster im Lande.
Verrina. Freunde! ich bin ein alter Mann. Verliere ich diese, darf ich
keine mehr hoffen. Mein Gedächtniß löscht aus. (Mit einer
schrecklichen Wendung.) Ich habe sie verloren. Infam ist mein Stamm.
Beide. (in Bewegung). Das wolle Gott verhüten! (Bertha wälzt sich
jammernd im Sopha.)
Verrina. Nein! Verzweifle nicht, Tochter. Diese Männer sind tapfer und
gut. Beweinen dich diese, wird's irgendwo bluten.--Seht nicht so
betroffen aus, Männer. (Langsam, mit Gewicht.) Wer Genua unterjocht,
kann doch wohl ein Mädchen bezwingen?
Beide (fahren auf, werfen die Sessel zurück). Gianettino Doria!
Bertha (mit einem Schrei). Stürzt über mich, Mauern! mein Scipio!
Zwölfter Auftritt
Bourgognino. Vorige.
Bourgognino (erhitzt). Springe hoch, Mädchen! Eine Freudenpost!
--Edler Verrina, ich komme, meinen Himmel auf Ihre Zunge zu setzen.
Schon längst liebte ich Ihre Tochter, und nie durft' ich es wagen, um
ihre Hand zu bitten, weil mein ganzes Vermögen auf falschen Brettern
von Coromandel schwamm. Eben jetzt fliegt meine Fortuna
wohlbehalten in die Rhede und führt, wie sie sagen, unermeßliche
Schätze mit. Ich bin ein reicher Mann. Schenken Sie mir Bertha, ich
mache sie glücklich. (Bertha verhüllt sich, große Pause.)
Verrina (bedächtlich zu Bourgognino). Haben Sie Lust, junger Mensch,
Ihr Herz in eine Pfütze zu werfen?
Bourgognino (greift nach dem Schwert, zieht aber plötzlich die Hand
zurück). Das sprach der Vater-Verrina. Das spricht jeder Schurk' in
Italien. Nehmen Sie mit dem Abtrag von anderer Leute Gastung
vorlieb?
Bourgognino. Mach mich nicht wahnwitzig, Graukopf!
Calcagno. Bourgognino, wahr spricht der Graukopf.
Bourgognino (auffahrend, gegen Bertha stürzend). Wahr spricht er?
Mich hätte eine Dirne genarrt?
Calcagno. Bourgognino, nicht da hinaus. Das Mädchen ist engelrein.
Bourgognino (steht erstaunt still). Nun! so wahr ich selig werden will.
Rein und entehrt. Ich habe keinen Sinn für das.--Sie sehen sich an und
sind stumm. Irgend ein Unhold von Missethat zuckt auf ihren bebenden
Zungen. Ich beschwöre euch! Schiebt meine Vernunft nicht im
Kurzweil herum. Rein wäre sie? Wer sagte rein?
Verrina. Mein Kind ist nicht schuldig.
Bourgognino. Also Gewalt! (Faßt das Schwert von dem Boden.)
Genueser! bei allen Sünden unter dem Mond! Wo--wo find' ich den
Räuber?
Verrina. Eben dort, wo du den Dieb Genuas findest.--(Bourgognino
erstarrt. Verrina geht gedankenvoll auf und nieder, dann steht er still.)
Verrina. Wenn ich deinen Wink verstehe, ewige Vorsicht, so willst du
Genua durch meine Bertha erlösen! (Er tritt zu ihr, indem er den
Trauerflor langsam von seinem Arme wickelt, darauf feierlich.) Eh das
Herzblut eines Doria diesen häßlichen Flecken aus deiner Ehre wäscht,
soll kein Strahl des Tages auf diese Wangen fallen. Bis dahin--(er wirft
den Flor über sie) verblinde! (Pause. Die Übrigen sehen ihn
schweigend, betreten an.)
Verrina (feierlicher, seine Hand auf Berthas Haupt gelegt). Verflucht
sei die Luft, die dich fächelt! Verflucht der Schlaf, der dich erquickt!
Verflucht jede menschliche Spur, die deinem Elend willkommen ist!
Geh hinab in das unterste Gewölb meines Hauses. Winsle, heule, lähme
die Zeit mit deinem Gram. (Unterbrochen von Schauern fährt er fort.)
Dein Leben sei das gichterische Wälzen des sterbenden Wurms--der
hartnäckige, zermalmende Kampf zwischen Sein und
Vergehen.--Dieser Fluch hafte auf dir, bis Gianettino den letzten Odem
verröchelt hat.--Wo nicht, so magst du ihn nachschleppen längs der
Ewigkeit, bis man ausfindig macht, wo die zwei Enden ihres Rings in
einander greifen.
(Großes Schweigen. Auf allen Gesichtern Entsetzen. Verrina blickt
Jeden fest und durchdringend an.)
Bourgognino. Rabenvater! was hast du gemacht? Diesen ungeheuren,
gräßlichen Fluch deiner armen, schuldlosen Tochter?
Verrina. Nicht wahr--das ist schrecklich, mein zärtlicher
Bräutigam?--(Höchst bedeutend.) Wer von euch wird nun auftreten und
jetzt noch von kaltem Blut und Aufschube schwatzen? Genuas Loos ist
auf meine Bertha geworfen, mein Vaterherz meiner Bürgerpflicht
überantwortet. Wer von uns ist nun Memme genug, Genuas Erlösung
zu verzögern, wenn er weiß, daß dieses schuldlose Lamm seine
Feigheit mit unendlichem Gram bezahlt?--Bei Gott! das war nicht das
Gewäsch eines Narren--Ich hab' einen Eid gethan und werde mich
meines Kindes nicht erbarmen, bis ein Doria am Boden zuckt, und sollt'
ich auf Martern raffinieren, wie ein Henkersknecht, und sollt' ich dieses
unschuldige Lamm auf kannibalischer Folterbank zerknirschen--Sie
zittern--Blaß wie Geister schwindeln sie mich an.--Noch einmal, Scipio!
Ich verwahre sie zum Geisel deines Tyrannenmords. An diesem
theuren Faden halt' ich deine, meine, eure Pflichten fest. Genuas
Despot muß fallen, oder das Mädchen verzweifelt. Ich widerrufe nicht.
Bourgognino (wirft sich der Bertha zu Füßen). Und fallen soll er--fallen
für Genua, wie ein Opferstier. So gewiß ich dies Schwert im Herzen
Dorias umkehre, so gewiß will ich den Bräutigamskuß auf deine
Lippen drücken. (Steht auf.)
Verrina. Das erste Paar, das die Furien einsegnen. Gebt

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