über 
mein Herz bringen, Sie so unhöflich sein zu lassen--Bin ich denn nicht 
Frauenzimmers genug, um einer kurzen Unterhaltung wert zu sein? 
Christoph. Der Geier! Sie nehmen die Sache genau, Mamsell. Ob Sie 
Frauenzimmers genug oder zuviel sind, kann ich nicht sagen. Wenn ich 
zwar aus Ihrem gesprächigen Munde schließen sollte, so dürfte ich 
beinahe das letzte behaupten. Doch dem sei, wie ihm wolle; jetzt 
werden Sie mich beurlauben;--Sie sehen, ich habe Hände und Arme 
voll. --Sobald mich hungert oder dürstet, werde ich bei Ihnen sein. 
Lisette. So macht's unser Schirrmeister auch. 
Christoph. Der Henker! das muß ein gescheuter Mann sein: er macht's 
wie ich! 
Lisette. Wenn Sie ihn wollen kennenlernen: er liegt vor dem 
Hinterhause an der Kette. 
Christoph. Verdammt! ich glaube gar, Sie meinen den Hund. Ich merke 
also wohl, Sie werden den leiblichen Hunger und Durst verstanden 
haben. Den aber habe ich nicht verstanden; sondern den Hunger und 
Durst der Liebe. Den, Mamsell, den! Sind Sie nun mit meiner 
Erklärung zufrieden? 
Lisette. Besser als mit dem Erklärten. 
Christoph. Ei! im Vertrauen:--Sagen Sie etwa zugleich auch damit so 
viel, daß Ihnen ein Liebesantrag von mir nicht zuwider sein würde? 
Lisette. Vielleicht! Wollen Sie mir einen tun? im Ernst? 
Christoph. Vielleicht! 
Lisette. Pfui! was das für eine Antwort ist! vielleicht! 
Christoph. Und sie war doch nicht ein Haar anders, als die Ihrige. 
Lisette. In meinem Munde will sie aber ganz etwas anders sagen.
Vielleicht, ist eines Frauenzimmers größte Versicherung. Denn so 
schlecht unser Spiel auch ist, so müssen wir uns doch niemals in die 
Karte sehen lassen. 
Christoph. Ja, wenn das ist!--Ich dächte, wir kämen also zur Sache. 
--(Er schmeißt beide Mantelsäcke auf die Erde.) Ich weiß nicht, warum 
ich mir's so sauer mache? Da liegt!--Ich liebe Sie, Mamsell. 
Lisette. Das heiß ich, mit wenigen viel sagen. Wir wollen's 
zergliedern-- 
Christoph. Nein, wir wollen's lieber ganz lassen. Doch,--damit wir in 
Ruhe einander unsre Gedanken eröffnen können;--belieben Sie sich 
niederzulassen!--Das Stehn ermüdet mich.--Ohne Umstände!--(Er 
nötiget sie auf den Mantelsack zu sitzen.)--Ich liebe Sie, Mamsell.-- 
Lisette. Aber,--ich sitze verzweifelt hart.--Ich glaube gar, es sind 
Bücher darin-- 
Christoph. Darzu recht zärtliche und witzige;--und gleichwohl sitzen 
Sie hart darauf? Es ist meines Herrn Reisebibliothek. Sie besteht aus 
Lustspielen, die zum Weinen, und aus Trauerspielen, die zum Lachen 
bewegen; aus zärtlichen Heldengedichten; aus tiefsinnigen Trinkliedern, 
und was dergleichen neue Siebensachen mehr sind.--Doch wir wollen 
umwechseln. Setzen Sie sich auf meinen;--ohne Umstände!--meiner ist 
der weichste. 
Lisette. Verzeihen Sie! So grob werde ich nicht sein-- 
Christoph. Ohne Umstände,--ohne Komplimente!--Wollen Sie 
nicht?--So werde ich Sie hintragen.-- 
Lisette. Weil Sie es denn befehlen--(Sie steht auf und will sich auf den 
andern setzen.) 
Christoph. Befehlen? behüte Gott!--Nein! befehlen will viel sagen. 
--Wenn Sie es so nehmen wollen, so bleiben Sie lieber sitzen.--(Er setzt 
sich wieder auf seinen Mantelsack.) 
Lisette (beiseite). Der Grobian! Doch ich muß es gut sein lassen-- 
Christoph. Wo blieben wir denn?--Ja,--bei der Liebe--Ich liebe Sie also, 
Mamsell. Je vous aime, würde ich sagen, wenn Sie eine französische 
Marquisin wären. 
Lisette. Der Geier! Sie sind wohl gar ein Franzose? 
Christoph. Nein, ich muß meine Schande gestehn: ich bin nur ein 
Deutscher.--Aber ich habe das Glück gehabt, mit verschiedenen 
Franzosen umgehen zu können, und da habe ich denn so ziemlich
gelernt, was zu einem rechtschaffnen Kerl gehört. Ich glaube, man sieht 
mir es auch gleich an. 
Lisette. Sie kommen also vielleicht mit Ihrem Herrn aus Frankreich? 
Christoph. Ach nein!-- 
Lisette. Wo sonst her? freilich wohl!-- 
Christoph. Es liegt noch einige Meilen hinter Frankreich, wo wir 
herkommen. 
Lisette. Aus Italien doch wohl nicht? 
Christoph. Nicht weit davon. 
Lisette. Aus Engeland also? 
Christoph. Beinahe; Engeland ist eine Provinz davon. Wir sind über 
funfzig Meilen von hier zu Hause.--Aber, daß Gott!--meine Pferde,--die 
armen Tiere stehen noch gesattelt. Verzeihen Sie, Mamsell!--Hurtig! 
stehen Sie auf!--(Er nimmt die Mantelsäcke wieder untern 
Arm. )--Trotz meiner inbrünstigen Liebe muß ich doch gehn, und erst 
das Nötige verrichten.--Wir haben noch den ganzen Tag, und, was das 
meiste ist, noch die ganze Nacht vor uns. Wir wollen schon noch eins 
werden.--Ich werde sie wohl wieder zu finden wissen. 
 
Eilfter Auftritt 
Martin Krumm. Lisette. 
Lisette. Von dem werde ich wenig erfahren können. Entweder, er ist zu 
dumm, oder zu fein. Und beides macht unergründlich. 
Martin Krumm. So, Jungfer Lisette? Das ist auch der Kerl darnach, daß 
er mich ausstechen sollte! 
Lisette. Das hat er nicht nötig gehabt. 
Martin Krumm. Nicht nötig gehabt? Und ich denke, wer weiß wie fest 
ich in Ihrem Herzen sitze. 
Lisette. Das macht, Herr Vogt, Er denkt's. Leute von Seiner Art haben 
das Recht, abgeschmackt zu denken. Drum ärgre ich mich auch nicht 
darüber, daß Er's gedacht hat; sondern, daß Er mir's gesagt hat. Ich 
möchte wissen, was Ihn mein Herz angeht? Mit was für Gefälligkeiten, 
mit was für Geschenken hat Er sich denn ein Recht darauf 
erworben?--Man gibt die Herzen jetzt nicht mehr, so in    
    
		
	
	
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