Die Geburt der Tragödie

Friedrich Wilhelm Nietzsche
Die Geburt der Tragoedie
by
Friedrich Wilhelm Nietzsche

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Title: Die Geburt der Tragoedie
Author: Friedrich Wilhelm Nietzsche

Release Date: January, 2005 [EBook #7206] [This file was first posted
on March 26, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: ISO Latin-1
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GEBURT DER TRAGOEDIE ***

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Friedrich Nietzsche
Die Geburt der Tragödie
Versuch einer Selbstkritik.

1.
Was auch diesem fragwürdigen Buche zu Grunde liegen mag: es muss
eine Frage ersten Ranges und Reizes gewesen sein, noch dazu eine tief
persönliche Frage, - Zeugniss dafür ist die Zeit, in der es entstand, trotz
der es entstand, die aufregende Zeit des deutsch-französischen Krieges
von 1870/71. Während die Donner der Schlacht von Wörth über
Europa weggiengen, sass der Grübler und Räthselfreund, dem die
Vaterschaft dieses Buches zu Theil ward, irgendwo in einem Winkel
der Alpen, sehr vergrübelt und verräthselt, folglich sehr bekümmert und
unbekümmert zugleich, und schrieb seine Gedanken über die Griechen
nieder, - den Kern des wunderlichen und schlecht zugänglichen Buches,

dem diese späte Vorrede (oder Nachrede) gewidmet sein soll. Einige
Wochen darauf: und er befand sich selbst unter den Mauern von Metz,
immer noch nicht losgekommen von den Fragezeichen, die er zur
vorgeblichen "Heiterkeit" der Griechen und der griechischen Kunst
gesetzt hatte; bis er endlich in jenem Monat tiefster Spannung, als man
in Versailles über den Frieden berieth, auch mit sich zum Frieden kam
und, langsam von einer aus dem Felde heimgebrachten Krankheit
genesend, die "Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik"
letztgültig bei sich feststellte. - Aus der Musik? Musik und Tragödie?
Griechen und Tragödien-Musik? Griechen und das Kunstwerk des
Pessimismus? Die wohlgerathenste, schönste, bestbeneidete, zum
Leben verführendste Art der bisherigen Menschen, die Griechen - wie?
gerade sie hatten die Tragödie nöthig? Mehr noch - die Kunst? Wozu -
griechische Kunst?
Man erräth, an welche Stelle hiermit das grosse Fragezeichen vom
Werth des Daseins gesetzt war. Ist Pessimismus nothwendig das
Zeichen des Niedergangs, Verfalls, des Missrathenseins, der ermüdeten
und geschwächten Instinkte? - wie er es bei den Indern war, wie er es,
allem Anschein nach, bei uns, den "modernen" Menschen und
Europäern ist? Giebt es einen Pessimismus der Stärke? Eine
intellektuelle Vorneigung für das Harte, Schauerliche, Böse,
Problematische des Daseins aus Wohlsein, aus überströmender
Gesundheit, aus Fülle des Daseins? Giebt es vielleicht ein Leiden an
der Ueberfülle selbst? Eine versucherische Tapferkeit des schärfsten
Blicks, die nach dem Furchtbaren verlangt, als nach dem Feinde, dem
würdigen Feinde, an dem sie ihre Kraft erproben kann? an dem sie
lernen will, was "das Fürchten" ist? Was bedeutet, gerade bei den
Griechen der besten, stärksten, tapfersten Zeit, der tragische Mythus?
Und das ungeheure Phänomen des Dionysischen? Was, aus ihm
geboren, die Tragödie? - Und wiederum: das, woran die Tragödie starb,
der Sokratismus der Moral, die Dialektik, Genügsamkeit und Heiterkeit
des theoretischen Menschen - wie? könnte nicht gerade dieser
Sokratismus ein Zeichen des Niedergangs, der Ermüdung, Erkrankung,
der anarchisch sich lösenden Instinkte sein? Und die "griechische
Heiterkeit" des späteren Griechenthums nur eine Abendröthe? Der
epikurische Wille gegen den Pessimismus nur eine Vorsicht des

Leidenden? Und die Wissenschaft selbst, unsere Wissenschaft - ja, was
bedeutet überhaupt, als Symptom des Lebens angesehn, alle
Wissenschaft? Wozu, schlimmer noch, woher - alle Wissenschaft? Wie?
Ist Wissenschaftlichkeit vielleicht nur eine Furcht und Ausflucht vor
dem Pessimismus? Eine feine Nothwehr gegen - die Wahrheit? Und,
moralisch geredet, etwas wie Feig- und Falschheit? Unmoralisch
geredet, eine Schlauheit? Oh Sokrates, Sokrates, war das vielleicht dein
Geheimniss? Oh geheimnissvoller Ironiker, war dies vielleicht deine -
Ironie? - -
2.
Was ich damals zu fassen bekam, etwas Furchtbares und Gefährliches,
ein Problem mit Hörnern, nicht nothwendig gerade ein Stier, jedenfalls
ein neues Problem: heute würde ich sagen, dass es das Problem der
Wissenschaft selbst war - Wissenschaft zum ersten Male als
problematisch, als fragwürdig
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