Literaturgeschichte in einer 
Stunde, by Klabund 
 
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Title: Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde Von den ältesten 
Zeiten bis zur Gegenwart 
Author: Klabund 
Release Date: September 5, 2007 [EBook #22517] 
Language: German 
Character set encoding: ISO-8859-1 
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DEUTSCHE LITERATURGESCHICHTE *** 
 
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[Anmerkungen zur Transkription: 
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Das Kreuz zur Angabe von Todesjahren ist im Text durch ein '+' 
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Schreibweise ansonsten aber wie im Original belassen. Eine Auflistung 
aller vorgenommenen Korrekturen findet sich am Ende des Textes.] 
 
Nummer 12 der Zellenbücherei 
Copyright 1922 by Dürr & Weber m. b. H. Leipzig 
* 
Dritte, vom Autor neu durchgesehene und überarbeitete Auflage 20.-30. 
Tausend 
 
Klabund 
Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde 
* * * * * 
Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart 
[Illustration] 
1922 Dürr & Weber m. b. H. * Leipzig 
 
Diese kleine Literaturgeschichte verfolgt weder philosophische noch 
philologische Absichten. Sie ist nichts als der Versuch einer kurzen,
volkstümlichen, lebendigen Darstellung der deutschen Dichtung. Die 
Dichtung eines Volkes beruht auf dem Eigentümlichsten, was ein Volk 
haben kann: seiner Sprache. In diesem Sinne wird und soll sie immer 
»völkisch« sein. Die deutsche Dichtung ist vergleichbar einem Baum, 
der tief in der deutschen Erde wurzelt, dessen Stamm und Krone aber 
den allgemeinen Himmel tragen hilft. Es gibt eine deutsche Erde. Der 
Himmel aber ist allen Völkern gemeinsam. 
Blüten vom Baum der deutschen Dichtung mögen vom Winde da- und 
dorthin getragen werden. Zu Früchten reifen werden nur die, die am 
Baum bleiben. Sie werden im Herbst geerntet werden, und im Schatten 
des Baumes wird ein ganzes Volk sich an ihnen erquicken. 
* * * * * 
Jener germanische Jüngling, der einsam im Eichenwald am Altare 
Wodans niedersinkend, von ihm, der jeglichen Wunsch zu erfüllen 
vermag, in halbartikuliertem Gebetruf, singend, schreiend, die Geliebte 
sich erflehte, dessen Worte, ihm selbst erstaunlich, zu sonderbaren 
Rhythmen sich banden, die seiner Seele ein Echo riefen, war der erste 
deutsche Dichter. 
Wie eine Blüte brach ihm das Herz in einer Nacht auf, daß es der Sonne 
entgegenglühte, eine Schwestersonne. Daß er dem Sonnengott sich als 
geringerer Brudergott verwandt fühlte, daß er Worte fand in seinem 
Munde wie nie zuvor. Unbewußtes ward bewußt. Liebe machte den 
Stummen beredt. Er sang einen heiligen Gesang. Er neigte sich dem 
Gott, er neigte sich der Geliebten, er versank vor sich selbst. Himmel, 
Erde, Mensch verschmolz in seinem Gedicht. Die Sehnsucht wurde 
Wort, das Wort wurde Erfüllung. Aller Dichtung Urbeginn ist die Liebe. 
Der Weg zur Liebe führt durch Haß und Kampf und Schmerz. Der 
Urmensch sang den Haß gegen den Feind, den Feind seines Gottes und 
Räuber seines Weibes. Er singt den Schmerz seiner im Weltall 
verlorenen einsamen Seele, die dahinfliegt wie ein Meervogel über den 
Ozean, und nur die Sonne ist ihre Hoffnung. In ihr verehrt er Gottes 
Auge, das ihn beglänzt, jeden Tag neu, nach fürchterlicher Nacht. Und 
er sieht auch in sich die ewige Nacht, aus der er nur immer kurz zu 
Dämmerung und Helle erwacht, und seine Sehnsucht sucht die Nacht
immer mehr mit Licht zu erfüllen. Und das Licht zeigt ihm den langen 
mühseligen Weg des Menschen, welcher aus Finsternis und Sumpf 
emporführt zu Licht und Gebirg, bis über die Wolken, bis an Gottes 
Thron selbst. 
* * * * * 
Eines der ältesten deutschen Sprachdenkmäler ist das Wessobrunner 
Gebet, um 800 entstanden, voll großer Anschauung und starker 
dichterischer Kraft. Karls des Großen Biograph Einhart (+ 840) erzählt, 
daß Karl der Große alle alten Sagen habe aufschreiben lassen. Leider 
haben seine frömmelnden Nachfolger, von unverständigen Pfaffen 
aufgereizt, dafür gesorgt, daß derlei »heidnisches« Zeug ausgerottet 
wurde, wo es sich zeigte. Unersetzbares ist verloren gegangen. Als 
Ersatz werden uns blasse, versifizierte Heiligenlegenden und 
Christusgeschichten aufgetischt. Unter den Nachfolgern Karls des 
Großen blüht, begünstigt von den Priestern, die lateinische Poesie. Da 
wir nur von der deutschen Dichtung, dem deutschen Wort sprechen 
wollen, gehört sie nicht in unsere Betrachtung. Die deutsche Sprache 
wurde höchstens dazu verwandt, um dem Laien heilige Texte zu 
übersetzen. 
Das stolzeste Epos der Deutschen ist das Nibelungenlied (um 1210). 
Die sagenhafte deutsche Urzeit ersteht in den Rittern der 
Völkerwanderung noch einmal. Jeder der Helden: Siegfried, Hagen, 
Gunther ist ein Held seiner Zeit, aber mit den strahlenden Attributen 
der Vorzeit umgeben. »Welch ein Gemälde der menschlichen    
    
		
	
	
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