Vortheil über den König erhalten haben, 
dann vereiniget euch mit ihnen, und macht die Starken stärker. Aber, 
um unsrer Aller willen, laßt sie vorher ihre Kräfte allein versuchen. Das 
mußt euer Sohn thun, ihr ließ't es geschehen, so wurd' ich eine Wittwe; 
und nimmer werd' ich Leben genug haben, sein Andenken* aus meinen 
Augen so lange zu beregnen, bis es zum Gedächtniß meines edeln 
Gemals an den Himmel empor wachse. 
{ed. * Eine Anspielung auf den Rosmarin, der, weil er ein (Cephalicon) 
ist, in unsers Autors Zeiten (Remembrance), Andenken, genannt 
wurde.} 
Northumberland.
Kommt, kommt, geht mit mir hinein; mein Gemüth 
ist izt wie die Fluth, wenn sie zu ihrer grösten Höhe hinaufgeschwollen 
ist; sie steht dann still, und fliesset weder vorwärts noch zurük. Ich 
wünschte herzlich, daß ich mit dem Erzbischoff mich vereinbaren 
könnte; aber tausend Ursachen halten mich zurük. Ich will mich 
entschliessen nach Schottland zu gehen, und dort warten, bis Zeit und 
bessere Umstände meinen Beytritt fordern. 
(Sie gehen ab.) 
([Die übrigen sechs Scenen in diesem Aufzug, stellen dasjenige vor, 
was bey dem) Soupé (des Sir John Falstaff in Gesellschaft der 
liebenswürdigen Dortchen Tear-Scheet und der Frau Wirthin zum 
Bärenkopf in East-Cheap vorgegangen; die Händel zwischen Falstaff 
und Pistol, die Verwandlung des Prinzen in einen Keller-Buben, und 
den zärtlichen Abschied zwischen Dortchen Tear-Scheet und Falstaff, 
welcher mitten aus seinen Vergnügungen fortgerissen wird, um zur 
Armee abzugehen. Es sind Scenen aus Bierschenken und 
Bordelhäusern, in Ostadens Geschmak nach dem Leben gemahlt. Der 
Genie unsers Autors zeigt sich vielleicht in gewisser Maaße so groß 
darinn, als in den schönsten Scenen des Hamlet oder des Kauffmanns 
von Venedig; aber die ekelhafte Unsittlichkeit derselben verbietet uns 
sie zu übersezen, und würde auf jedem anderm Theater als dem zu
London, auch ihre öffentliche Aufführung verbieten.]) 
Dritter Aufzug. 
Erste Scene.
(Der Palast in London.)
(König Heinrich in seinem 
Nachtrok, und ein Edelknabe treten auf.) 
König Heinrich.
Geh, ruffe die Grafen von Surrey und Warwik; aber 
eh sie kommen, sag ihnen, daß sie diese Briefe lesen, und den Inhalt 
wol überlegen sollen: Halte dich nicht auf. 
(Der Edelknabe geht ab.) 
Wie viele tausende von meinen ärmsten Unterthanen schlafen in dieser 
Stunde! O holder Schlaf, wohlthätige Amme der Natur, womit hab' ich 
dich erschrekt, daß du meine Auglieder nicht mehr
schliessen, meine 
Sinnen nicht mehr in süsses Vergessen aller Sorgen wiegen willst? 
Warum ligst du lieber in rauchigen Krippen, auf unbequemen 
Strohsäken ausgestrekt, und von summenden
Nachtfliegen in deinen 
Schlummer eingezischet, als in den
parfümirten Zimmern der 
Grossen, unter goldnen Thronhimmeln, und von den angenehmsten 
Symphonien eingewiegt? O warum liegst du bey den Niedrigsten in 
ekelhaften Betten, und verlässest das königliche Lager wie ein 
Schilderhäuschen bey einer Sturmgloke? Kanst du, zu oberst auf dem 
wankenden Mast des Schiff-Jungens Augen versiegeln, und sein Gehirn 
in der Wiege der ungestümen Woge einwiegen, den Winden ausgesezt, 
welche die aufrührischen Wellen beym Schopf ergreiffen, ihre 
ungeheuren Häupter krümmen, und sie unter
betäubendem Geschrey 
an den schlüpfrigen Mast-Tauen aufhängen-- Kanst du, o partheyischer 
Schlaf, dem nassen See-Jungen in einer so rauhen Stunde Ruhe geben, 
und versagst sie in der stillesten Nacht, bey allen ersinnlichen Mitteln 
sie zu befördern, einem Könige? So schlummre dann sanft, glüklicher 
Bettler! Das Haupt ligt übel, das eine Crone trägt. 
Zweyte Scene.
(Warwik und Surrey treten auf.) 
Warwik.
Unzählbare glükliche Morgen, Gnädigster Herr!
König Heinrich.
Ist es schon Morgen, Lords? 
Warwik.
Es ist schon über ein Uhr. 
König Heinrich.
Nun dann, so wünsch ich euch einen guten 
Morgen--Gut, Milords, habt ihr die Briefe gelesen, die ich euch 
schikte? 
Warwik.
Wir haben, Gnädigster Herr. 
König Heinrich.
Ihr habt also daraus ersehen, in welch einem 
verdorbnen Zustand unser Staats-Körper ligt, wie sehr seine innerliche 
Schäden zunehmen, und wie nahe die Gefahr zu seinem Herzen 
gedrungen ist. 
Warwik.
Die Krankheit ist nicht so gefährlich, daß dieser fiebrische 
Körper nicht durch gute Diät und ein wenig Medicin zu seiner vorigen 
Stärke hergestellt werden könnte; Milord von Northumberland wird 
bald abgekühlt seyn. 
König Heinrich.
O Himmel, wer im Buche des Schiksals lesen könnte, 
was für
Veränderungen die kommenden Zeiten mit sich bringen, wie 
sie Gebürge ebnen, und das feste Land, troz seiner unbeweglichen 
Dauerhaftigkeit, in die See zerschmelzen werden; oder wie zu einer 
andern Zeit der felsichte Gürtel des Oceans zu weit für Neptuni Hüften 
wird; wie ein Wechsel den andern verdrängt, und der Zufall den Becher 
des Glüks bald mit süssem bald mit bitterm Getränk anfällt! O, könnte 
diß gesehen werden, der glüklichste Jüngling, wenn er durch diese 
Aussicht vergangner und zukünftiger
Widerwärtigkeiten 
hindurchschaute, würde das Buch zumachen, sich niederlegen und 
sterben! Es sind noch nicht zehn Jahre, daß Richard und 
Northumberland als die besten Freunde einander Bankette gaben, und 
zwey Jahre darauf lagen sie gegen einander zu Felde. Es ist kaum acht 
Jahre, daß dieser Percy meinem Herzen der nächste war, daß er sich mit 
dem Eifer eines Bruders für mich bearbeitete, und seine Liebe und sein 
Leben unter meine Füsse legte. Er gieng so weit, daß er um 
meinetwillen Richarden    
    
		
	
	
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