absolviere von dem Trieb zur h?chsten Leistung. Wem von Kindesbeinen an ins Gehirn geh?mmert werde, da? das Gro?e bereits getan sei, dem bleibe im besten Fall nur dem��tige Nachfolge ��brig, im schlimmsten der gedankenlose Trost der sozialen Wanzen. Der Gespensterwahn m��sse von der Erde vertilgt werden; jede Zeit habe ihre eigenen Aufgaben, unabh?ngig von aller andern Zeit, jeder in ihr Geborene habe seine eigene Sendung; keinem, der da lebe, sei die oberste Staffel verwehrt, kein Lorbeer sei ein f��r alle Mal vergeben, die Vergottung der Gewesenen mache die bl��hende Gegenwart zur Katakombe. ?Nicht Nachfolger sollt ihr sein, sondern Vorl?ufer,? rief er aus; ?verlacht die, die von euch die Andacht vor dem Fetisch fordern. Kniet nicht nieder um zu beten, wo es besser ist, Ger��mpel in die Rumpelkammer zu werfen.?
Wie sich denken lie?, wurde die Philippika mit Jubel aufgenommen, und ein junger Westpreu?e, Peter Ulschitzky, ging noch einen Schritt weiter im ungest��men Verlangen und wollte den Bildersturm gleich in Tat umsetzen, Klassiker verbannen, die Anerkannten mit dem Interdikt belegen. Dann meldete sich Georg Mathys zum Wort; er war k��hn genug, einen Ausspruch seines Vaters zu zitieren, der gesagt hatte: ?H��te dich vor denen, die H?user bauen wollen und damit anfangen, die W?lder zu verbrennen und die Steinbr��che zu versch��tten.? Er fragte, ob auch jeder Vorl?ufer bef?higt sei, einen Weg zu finden, und ob nicht eine greuliche Verwirrung zu bef��rchten sei, wenn alle vorausrennten und keiner mehr warten wolle, wohin man k?me? Und ob mit dem Ger��mpel nicht viel N��tzliches und T��chtiges in die Rumpelkammer geriete? Und ob es f��r die Mehrzahl der Menschen nicht dienlicher sei, Geschaffenes zu verehren, als frech und pfuscherhaft sich anzuma?en, Neues zu schaffen?
Er stand im Ruf eines Reaktion?rs, und Doktor von der Leyen nannte ihn bisweilen den Basler Hemmschuh. Aber er war ihm deshalb nicht gram; es behagte ihm, wenn die Meinungen scharf gegeneinander stie?en und bot selbst das sch?ne Beispiel der Duldsamkeit. Leben wollte er um sich wissen, und Leben hie? Aufruhr, Frage, Widerpart.
Aus Georg Mathys redete, ohne da? er dessen vielleicht inne wurde, die zusammenfassende Kraft eines konservativen Gemeinwesens, die alte Polis mit bewahrender Sitte und beruhigter Form. Da war er verwurzelt, und mochten die Zweige noch so weit und wild langen, das Erdreich hielt ihn in unab?nderlicher Festigkeit. Was ihn von au?en her veranla?t hatte, sich gegen die w��hlerische Flut zu stemmen, war nur ein Blick gewesen, der sich zu Dietrich Oberlin verirrt hatte. Das Bild blieb lange. Oberlin, mitten unter den Knaben sitzend, war verzaubert; seine Augen hingen in schw?rmerischer Hingabe an den Lippen des Lehrers, um jeden Hauch, jede Silbe einzufangen. Die j��ngerhaft leuchtende Hingabe zu sp��ren, be?ngstigte Mathys; es war etwas darin von der leidenschaftlichen Fruchtbarkeit des nie bepfl��gten Humus, der Unkrautsamen mit gleicher Gier empf?ngt wie edlen.
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Lucian von der Leyen war ein hagerer Mann ��ber Mittelgr??e im Alter von ungef?hr f��nfzig Jahren. Er geh?rte zu den streitbaren Erziehern und wirkte in Wort und Schrift f��r seine reformatorischen Ideen unabl?ssig. Er hatte viel Anfeindung erfahren; Verleumdung lag stets auf der Lauer. Es beirrte ihn nicht; je heftiger die Gegnerschaften waren, je h?her trug er den Kopf.
Seine Z��ge hatten eine strenge Pr?gung; in dem blassen, knochigen Gesicht steckten kleine fahle zumeist erloschene Augen, die das Gesicht noch finsterer machten. Im Verkehr mit Erwachsenen und Fertigen, Leuten von Beruf und Amt war er wortkarg, unliebensw��rdig, ja absto?end; wenn er mit seinen Z?glingen sprach, strahlten diese selben Augen eine ber��ckende G��te aus, und die von der bitteren Geschlossenheit des Mundes herr��hrenden scharfen und b?sen Linien wurden weich.
Es war ihm Werk. Jeder Schritt Entdeckung, jeder Schritt Wagnis. Sich der schlimmen Erfahrungen zu erwehren, verlangte einen Charakter von Stahl. Kein Vertrauen ohne ?u?erste Wachsamkeit; kein Gelingen ohne best?ndigen Kampf. Kampf mit den M?chten drau?en, mit den M?chten drinnen; Kampf wider die Gew?hnung, wider die Verstocktheit. Die Gesellschaft in wartendem Argwohn, bereit, den Stein zu schleudern, den ihr Verrat und Mi?gunst in die Hand schob; der Staat in abgefeilschter Duldung; Zweifel von allen Seiten; die B��rde der Verantwortung erdr��ckend; Furcht vor Untreue dauernde Qual; und immer wieder Verlust des Menschen, dem man Gestalt verliehen und Richtung gewiesen, der einem vielleicht als Geschaffenes teuer war, als Best?tigung unentbehrlich; er l?ste sich los, verlor sich, verging. Es war wie bei einer Leydener Flasche: ein ��berspringen von wunderbar glei?enden Funken, dem Element entlockt, eine bewegliche Kette von Licht; aber zwischen Funken und Funken Ur-Finsternis.
Von seiner Vergangenheit war wenig bekannt. Bis zu seinem vierzigsten Jahr hatte er ein unstetes Wanderleben gef��hrt, feste Anstellung verschm?hend, oder wenn er sich dazu verstanden, durch R?nke der Fachgenossen und das herausfordernd Neue seiner Methode wieder vertrieben. Seine Schriften waren totgeschwiegen worden, eine, Die Erotik in der Schule betitelt, hatte der Staatsanwalt beschlagnahmt. Eine Zeitlang hatte er sich in w��rgendem Elend befunden; gerettet hatte ihn nur der eiserne Wille und trappistische

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