Casanovas Heimfahrt | Page 2

Arthur Schnitzler
der freilich meist ein Gauner war - im pr?chtigen Reisewagen durch die Lande fuhr; - und ohnm?chtiger Zorn trieb ihm die Tr?nen in die Augen. Ein junges Weib, die Peitsche in der Hand, kutschierte ein W?gelchen an ihm vorbei, darin zwischen S?cken und allerlei Hausrat schnarchend ihr betrunkener Mann lag. Sie blickte Casanova, wie er verzerrten Gesichtes, Unverst?ndliches durch die Z?hne murmelnd, unter den abgebl��hten Kastanienb?umen der Heerstra?e langbeinig ausschreitend einherkam, zuerst neugierig sp?ttisch ins Gesicht, doch da sie ihren Blick zornig blitzend erwidert sah, nahmen ihre Augen einen erschrockenen, und endlich, wie sie sich im Weiterfahren nach ihm umwandte, einen wohlgef?llig l��sternen Ausdruck an. Casanova, der wohl wu?te, da? Grimm und Ha? l?nger in den Farben der Jugend zu spielen verm?gen als Sanftheit und Z?rtlichkeit, erkannte sofort, da? es nur eines frechen Anrufs von seiner Seite bedurft h?tte, um dem Wagen Halt zu gebieten und dann mit dem jungen Weib anstellen zu k?nnen, was ihm weiter beliebte; doch, obzwar diese Erkenntnis seine Laune f��r den Augenblick besserte, schien es ihm nicht der M��he wert, um eines so geringen Abenteuers willen auch nur wenige Minuten zu verziehen; und so lie? er das Bauernw?gelchen samt seinen Insassen im Staub und Dunst der Landstra?e unangefochten weiterknarren.
Der Schatten der B?ume nahm der emporsteigenden Sonne nur wenig von ihrer sengenden Kraft, und Casanova sah sich gen?tigt, seinen Schritt allm?hlich zu m??igen. Der Staub der Stra?e hatte sich so dicht auf sein Gewand und Schuhwerk gelegt, da? ihnen ihre Verbrauchtheit nicht mehr anzumerken war, und so konnte man Casanova, nach Tracht und Haltung, ohne weiteres f��r einen Herrn von Stande nehmen, dem es just gefallen hatte, seine Karosse einmal daheim zu lassen. Schon spannte sich der Torbogen vor ihm aus, in dessen n?chster N?he der Gasthof gelegen war, in dem er wohnte, als ihm ein l?ndlich schwerf?lliger Wagen entgegengeholpert kam, in dem ein beh?biger, gutgekleideter, noch ziemlich junger Mann sa?. Er hatte die H?nde ��ber dem Magen gekreuzt und schien eben mit blinzelnden Augen einnicken zu wollen, als sein Blick, zuf?llig Casanova streifend, in unerwarteter Lebhaftigkeit aufgl?nzte, wie zugleich seine ganze Erscheinung in eine Art von heiterm Aufruhr zu geraten schien. Er erhob sich zu rasch, sank sofort zur��ck, stand wieder auf, versetzte dem Kutscher einen Sto? in den R��cken, um ihn zum Halten zu veranlassen, drehte sich in dem weiterrollenden Wagen um, um Casanova nicht aus dem Gesicht zu verlieren, winkte ihm mit beiden H?nden zu und rief endlich mit einer d��nnen hellen Stimme dreimal dessen Namen in die Luft. Erst an der Stimme hatte Casanova den Mann erkannt, trat auf den Wagen zu, der stehengeblieben war, ergriff l?chelnd die beiden sich ihm entgegenstreckenden H?nde und sagte: ?Ist es m?glich, Olivo - Sie sind es?? - ?Ja, ich bin es, Herr Casanova, Sie erkennen mich also wieder?? - ?Warum sollt' ich nicht? Sie haben zwar seit Ihrem Hochzeitstag, an dem ich Sie zuletzt gesehn, an Umfang ein wenig zugenommen, - aber auch ich mag mich in den f��nfzehn Jahren nicht unerheblich ver?ndert haben, wenn auch nicht in gleicher Weise.? - ?Kaum,? rief Olivo, ?so gut wie gar nicht, Herr Casanova! ��brigens sind es sechzehn Jahre, vor wenigen Tagen waren es sechzehn! Und wie Sie sich wohl denken k?nnen, haben wir, gerade bei dieser Gelegenheit, ein h��bsches Weilchen lang von Ihnen gesprochen, Amalia und ich ...? - ?Wirklich,? sagte Casanova herzlich, ?Sie erinnern sich beide noch manchmal meiner?? Olivos Augen wurden feucht. Noch immer hielt er Casanovas H?nde in den seinen und dr��ckte sie nun ger��hrt. ?Wieviel haben wir Ihnen zu danken, Herr Casanova? Und wir sollten unsres Wohlt?ters jemals vergessen? Und wenn wir jemals -? - ?Reden wir nicht davon,? unterbrach Casanova. ?Wie befindet sich Frau Amalia? Wie ist es ��berhaupt zu verstehn, da? ich in diesen ganzen zwei Monaten, die ich nun in Mantua verbringe - freilich recht zur��ckgezogen, aber ich gehe doch viel spazieren nach alter Gewohnheit - wie kommt es, da? ich Ihnen, Olivo, da? ich Ihnen beiden nicht ein einziges Mal begegnet bin?? - ?Sehr einfach, Herr Casanova! Wir wohnen ja l?ngst nicht mehr in der Stadt, die ich ��brigens niemals habe leiden k?nnen, so wenig als Amalia sie leiden mag. Erweisen Sie mir die Ehre, Herr Casanova, steigen Sie ein, in einer Stunde sind wir bei mir zu Hause? - und da Casanova leicht abwehrte - ?Sagen Sie nicht nein. Wie gl��cklich wird Amalia sein, Sie wiederzusehen, und wie stolz, Ihnen unsre drei Kinder zu zeigen. Ja, drei, Herr Casanova. Lauter M?dchen. Dreizehn, zehn und acht ... Also noch keines in den Jahren, sich - mit Verlaub - sich - von Casanova das K?pfchen verdrehen zu lassen.? Er lachte gutm��tig und machte Miene, Casanova einfach zu sich in den Wagen hereinzuziehen. Casanova aber sch��ttelte den Kopf. Denn, nachdem er fast schon versucht gewesen war, einer begreiflichen Neugier nachzugeben und
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