Er sitzt in einem starken drehbaren 
Stuhl mit runder Lehne am Ende eines langen Tisches, der dem Fenster 
gegenübersteht, so daß er sich durch einen Blick über die linke Schulter 
an der Aussicht auf den Park erfreuen kann. Am Ende des Tisches, an 
diesen anstoßend, befindet sich ein zweiter Tisch, der nur halb so breit 
ist und eine Schreibmaschine trägt.--Seine Schreiberin sitzt davor mit 
dem Rücken gegen das Fenster. Der große Tisch ist unordentlich mit 
Zeitungen, Broschüren, Briefen, Schubladeeinsätzen, einem Notizheft,
einer Briefwage und ähnlichen Dingen bedeckt. In der Mitte steht ein 
übriger Stuhl für die Besucher, die mit dem Pfarrer geschäftlich zu tun 
haben. Seiner Hand erreichbar steht eine Papierkassette und eine 
Photographie in einem Rahmen. Die Wand hinter ihm ist mit 
Bücherregalen zugestellt. Die theologische Richtung des Pfarrers kann 
ein Sachverständiger an: Maurices "Theologischen Essays" und einer 
vollständigen Ausgabe der Browningschen Gedichte erkennen, seine 
politischen Reformideen an einem gelbrückigen Band "Fortschritt und 
Armut", den "Essays der Fabier", dem "Traum John Bulls" von 
William Morris, dem "Kapital" von Marx und einem halben Dutzend 
anderer grundlegender sozialistischer Bücher. Dem Pfarrer gegenüber, 
auf der andern Seite des Zimmers in der Nähe der Schreibmaschine, ist 
die Tür. Weiter hinten, dem Kamin gegenüber, steht ein Bücherbrett 
auf einem Spind, daneben ein Sofa. Ein starkes Feuer brennt im Kamin 
und davor steht ein bequemer Lehnstuhl, ferner ein schwarz lackierter, 
blumenbemalter Kohleneimer auf der einen Seite und ein Kindersessel 
für einen Knaben oder ein Mädchen auf der anderen. Der hölzerne 
Kaminsims ist lackiert, und in den kleinen Feldern der nett geformten 
Fächer sind winzige Spiegelgläser eingelegt, und eine Reiseuhr in 
einem Lederetui (das unvermeidliche Hochzeitsgeschenk) steht darauf. 
An der Wand darüber hängt eine große Autotypie der Hauptfigur aus 
Tizians Assunta. So sieht der Kamin sehr einladend aus. Im ganzen 
gesehen ist es das Zimmer einer guten Hausfrau, die, was des Pastors 
Arbeitstisch betrifft, an etwas Unordnung gewöhnt ist, aber trotzdem 
die Situation vollkommen beherrscht. Die Einrichtung verrät in ihrem 
ornamentalen Aussehen den Stil der in den Zeitungen annoncierten 
"Saloneinrichtung" des unternehmenden Vorstadtmöbelhändlers; aber 
es ist nichts Zweckloses oder Aufdringliches in dem Zimmer. Die 
Tapeten und die Täfelung sind dunkel und lassen das große helle 
Fenster und den Park draußen kräftig hervortreten.) 
(Hochwürden Jakob Mavor Morell ist ein christlich-sozialer Geistlicher 
der anglikanischen Kirche und ein aktives Mitglied der Gilde von 
"Sankt Matthäus" und der "Christlich Socialen Union". Ein starker, 
freundlicher, allgemein geachteter Mann von vierzig fahren, kräftig und 
hübsch, voll Energie und mit liebenswürdigen, herzlichen, 
rücksichtsvollen Manieren, mit einer gesunden, natürlichen Stimme,
die er mit der wirkungsvollen Betonung eines geübten Redners benutzt. 
Er verfügt über einen großen Wortschatz, den er vollkommen 
beherrscht. Er ist ein vorzüglicher Geistlicher, fähig, was er will zu 
wem er will zu sagen und die Leute abzukanzeln, ohne sich über sie zu 
ärgern, ihnen seine Autorität aufzudrängen, ohne sie zu demütigen und, 
wenn es sein muß, sich in ihre Angelegenheiten zu mischen, ohne dabei 
zu verletzen. Die Quelle seiner Begeisterung und seines Mitgefühls 
versiegt niemals auch nur für einen Augenblick; er ißt und schläft noch 
immer ausgiebig genug, um die tägliche Schlacht zwischen 
Erschöpfung und Erholung glänzend zu gewinnen. Dabei ist er ein 
großes Kind, verzeihlicherweise eitel auf seine Fähigkeiten und 
unbewust selbstgefällig. Er hat eine gesunde Gesichtsfarbe, eine schöne 
Stirn mit etwas plumpen Augenbrauen, glänzende und lebhafte Augen, 
einen energischen Mund, der nicht besonders schön geschnitten ist, und 
eine kräftige Nase mit den beweglichen, sich blähenden Nasenflügeln 
des dramatischen Redners, die aber wie alle seine Züge der Feinheit 
entbehrt.) 
(Die Maschinenschreiberin, Fräulein Proserpina Garnett, ist eine flinke 
kleine Person von ungefähr dreißig Jahren, sie gehört der unteren 
Mittelklasse an, ist nett, aber billig mit einem schwarzen Wollrock und 
einer Bluse bekleidet, ziemlich vorlaut und naseweis und nicht sehr 
höflich in ihrem Benehmen, aber empfindungsfähig und teilnahmsvoll. 
Sie klappert emsig auf ihrer Maschine drauf los, während Morell den 
letzten Brief seiner Morgenpost öffnet. Er durchfliegt seinen Inhalt mit 
einem komischen Stöhnen der Verzweiflung.) 
(Proserpina.) Wieder ein Vortrag? 
(Morell.) Ja. Ich soll nächsten Sonntagvormittag für die Freiheitsgruppe 
von Hoxton sprechen. (Er betont mit großer Wichtigkeit "Sonntag", 
weil das der unvernünftige Teil des Verlangens ist.) Was sind das für 
Leute? 
(Proserpina.) Ich glaube, kommunistische Anarchisten. 
(Morell.) Es sieht den Anarchisten ähnlich, nicht zu wissen, daß sie am 
Sonntag keinen Pastor haben können. Schreiben Sie ihnen, sie sollen in
die Kirche kommen, wenn sie mich hören wollen, das kann ihnen nicht 
schaden! Und fügen Sie hinzu, daß ich nur Montags und Donnerstags 
frei bin. Haben Sie das Vormerkbuch da? 
(Proserpina hebt das Vormerkbuch auf:) Ja! 
(Morell.) Ist irgendeine Vorlesung für nächsten Montag angesetzt? 
(Proserpina im Vormerkbuch nachschlagend:) Der radikale Klub von 
Tower Hamlet. 
(Morell) Nun, und Donnerstag? 
(Proserpina.) Die englische Bodenreform-Liga. 
(Morell.) Was dann? 
(Proserpina.) In der Gilde von Sankt Matthäus am Montag. In der 
unabhängigen Arbeitervereinigung, Abteilung Greenwich, am 
Donnerstag; am Montag darauf in der soziademokratischen Föderation,    
    
		
	
	
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