Wo Gritlis Kinder hingekommen sind

Johanna Spyri
Gritlis Kinder hingekommen
sind, by Johanna Spyri

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Title: Wo Gritlis Kinder hingekommen sind Geschichten für Kinder
und auch für solche, welche die Kinder lieb haben, 8. Band
Author: Johanna Spyri
Release Date: September 10, 2007 [EBook #22570]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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GRITLIS KINDER HINGEKOMMEN SIND ***

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Wo Gritlis Kinder hingekommen sind.
Eine Geschichte für Kinder und auch für solche, welche die Kinder lieb

haben.
Von Johanna Spyri.
Neunte Auflage. Mit vier Bildern.
Gotha. Friedrich Andreas Perthes A.-G.

Alle Rechte vorbehalten.

Inhalt. Seite
1. Im Landhaus am Rhein 1 2. Im Hause des Arztes 14 3. Im Dorf und
in der Schule von Buchberg 33 4. Von weiteren Zuständen in Buchberg
46 5. Auf dem Eichenrain 68 6. Die Tante wird neuerdings in Anspruch
genommen 86 7. Was der Oskar gründet und die Emmi anstiftet 107 8.
Beim Sonnenuntergang 129 9. Eine letzte und eine erste Reise 145

Wo Gritlis Kinder hingekommen sind.
[Illustration]

Erstes Kapitel.
Ein Landhaus am Rhein.
Die Junisonne leuchtete auf das schöne steinerne Haus nieder, an dem
die eben aufgeblühten roten Rosen sich in Fülle emporrankten und
ringsum einen süßen, würzigen Duft verbreiteten, dem von Zeit zu Zeit
der frische Morgenwind noch andere würzige Düfte beimischte, die er
von dem reich besetzten Blumengarten am Hause emportrug und durch
die offenen Fenster ins Haus hineinwehte. Mitten im großen
Blumengarten lag ein weites Wasserbecken, von dem ein hoher Strahl

zum blauen Himmel aufstieg und wieder in den schimmernden Teich
zurückfiel. Buntfarbige Schmetterlinge flogen in Menge in der blauen
Luft herum und setzten sich da und dort auf die duftenden Blumen, und
auf allen Zweigen der dicht belaubten Bäume, die ringsumher im
Garten ihren Schatten über alte steinerne Bildsäulen mit Wasserschalen
auf den Armen oder über verborgene Ruheplätzchen breiteten, sangen
und zwitscherten die Vögel und wiegten sich lustig hin und her in der
luftigen Höhe.
An einem der hohen Fenster des Hauses saß ein bleiches Mädchen und
schaute hinaus in den leuchtenden Morgen, aber es konnte all das
Blühen und Duften des herrlichen Gartens nicht eintrinken, denn das
Fenster war geschlossen. Mit verlangenden Blicken schaute das Kind
durch die großen Scheiben hinaus auf die leuchtenden Blumen und
weiterhin auf die schimmernden Wellen des dahinziehenden Rheines,
der am Ende des Gartens, wo die Terrasse niederstieg, in seinen grünen
Wellen die tief herunterhängenden Zweige der alten Lindenbäume
badete und dann vorüberrauschte. Man konnte vom Fenster aus die
reich belaubten hohen Bäume unten am Wasser noch erblicken, aber
man konnte nicht mehr sehen, wie dort im kühlen Schatten eine
steinerne Bank stand, von der man gerade in die grünen Wellen
hinuntersah, und über welche sich als schützendes Laubdach die
dichten, alten Äste breiteten, die nachher bis hineinhingen in das
schimmernde Wasser und wohlig eine Weile mit den Wellen
dahinschwammen. Es war ein wonniges Plätzchen und lieblich in
sonnigen Nachmittagen dort zu sitzen und träumend den
vorübereilenden Wellen zuzuschauen. Das bleiche Mädchen mußte es
wohl kennen, denn seine Augen blieben auf jener Stelle haften und
nahmen einen immer verlangenderen Ausdruck an.
»O, Mama«, sagte es jetzt mit bittender Stimme, »kann ich bald in den
Garten hinuntergehen? Kann ich heute bis zur Bank am Rhein und
unter die Lindenbäume gehen?«
Schon seit einer Stunde, da die Mutter ihr krankes Kind in das Zimmer
hereingeführt und zu seinem Lieblingsplatz am Fenster gebracht hatte,
waren ihre ängstlichen Blicke kaum von dem farblosen Gesichtchen

gewichen, aus dem die zwei großen Augen so verlangend in den
sonnigen Garten hinausblickten.
»Liebes Kind«, sagte sie jetzt mit angstvoller Zärtlichkeit, »du weißt,
du wirst am Morgen so müde; wir wollen warten bis Nachmittag, dann
können wir vielleicht bis zum Rhein hinuntergehen. Nicht wahr, mein
Kind, so ist dir's auch recht?«
»Ach ja«, seufzte das Mädchen und schaute wieder schweigend auf die
sonnenbeschienenen Blumen und die leise wiegenden Baumwipfel
hinaus.
»O, es ist so schön draußen, können wir nicht jetzt schon gehen,
Mama?« bat das Kind nach einer Weile wieder, und so verlangend
folgten seine Augen den fortziehenden schimmernden Wellen drüben,
daß die Mutter nicht widerstehen konnte. Sie stand auf. In dem
Augenblick trat eine ältere Frau ins Zimmer, die so pünktlich und
geordnet aussah, daß man hätte denken können, sie habe weiter nichts
zu tun, als die schönen grauen Haare mit dem schneeweißen Häubchen
darauf und den einfachen, tadellosen Anzug in Ordnung zu bringen; sie
hatte aber das ganze Haus mit allen
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