Mutter und Kind | Page 4

Friedrich Hebbel
Als es gestern geschah, und schlafen weiter in Frieden.?Nun, man mü?te sie loben, wofern sie sich rascher erhüben,?Aber, wer k?nnte sie tadeln, da? sie sich noch einmal herumdrehn? Ist doch die K?lte zu gro?! Der Fu?, dem die Decke entgleitet, Schrickt zurück vor der Luft, als ob er in Wasser geriete,?Welches sich eben beeist, auch darf man den Winter nicht schelten, Weihnachts-Abend ist da, wie sollt' er nicht grimmig sich zeigen! Dennoch lehnt schon am Pfahl der still verglühnden Laterne?Eine dunkle Gestalt. Im Licht des flackernden Dochtes,?Welcher sich selbst verzehrt, des ?ls allm?hlich ermangelnd, Kann man den Jüngling erkennen, der unbeweglich hinüber?Schaut nach dem Erdgescho? des Hauses über der Stra?e.?Wahrlich, es müssen die Pulse ihm hei? und fieberisch hüpfen, Da? er um diese Stunde, die selbst im Sommer die Z?hne?Oft zum Klappern bringt und alle Glieder zum Schaudern,?Hier so ruhig steht, als w?r' er in Eisen gegossen.?Schneidend und scharf, wie ein Messer, zerteilt der Hauch nun die Lüfte, Welcher die Sonne meldet: den sollen die Fische im Wasser?Spüren und mitempfinden, er aber regt sich auch jetzt nicht. Doch, da schreitet er vor und naht sich dem Hause. Was gibt ihm Denn so pl?tzlich Gefühl und macht ihn lebendig? Ein Schimmer Ward da drunten sichtbar, den eine getragene Lampe?Zu verbreiten scheint. Er bückt sich nieder, zu lauschen,?Spricht: sie ist's! und tickt mit leisem Finger ans Fenster. Drinnen taucht ein Kopf empor. Die klarste der Scheiben?Suchend, er findet sie schwer, die meisten sind blind und belaufen, Lugt er schüchtern hindurch. Es ist ein blühendes M?dchen, Welches sich selber beleuchtet, indem es, die Lampe erhebend, Nach dem Klopfenden sp?ht. Er ruft: mach' auf, Magdalena!?Und enteilt in das G??chen, das links am Hause sich hinzieht. Bald auch ?ffnet sich seitw?rts das Dienerpf?rtchen, doch halb nur, Und den Fu? in der Tür, beim Licht noch einmal ihn prüfend, Spricht sie: Christian, du? Was kannst du so zeitig nur wollen? La? uns hinein--versetzt er--du würdest drau?en erfrieren,?Und wir sind ja noch sicher! Sie sperrt ihm noch immer den Eingang, Doch er h?lt ihr den Pelz entgegen, in den er gehüllt ist,?Und nun tritt sie zurück und geht voran in die Küche,?W?hrend er auf den Zehen ihr folgt. Schon brennt auf dem Herde Hell und lustig ein Feuer. Sie stellt den Kessel mit Wasser Jetzt darüber und setzt sich an einer Seite daneben,?An der anderen er. Die r?tliche Flamme vergoldet?Spielend beider Gesichter, und gegen sein dunkel gebr?untes Sticht ihr lilienwei?es, mit blonden Locken bekr?nztes,?Fein und angenehm ab. So mu?t du--beginnt sie--schon wieder Auf die Stra?e hinaus, und das am heiligen Abend??Wer dem Fuhrmann dient,–-entgegnet er--feiert die Feste?Selten gem?chlich zu Hause, denn immer mangelt dem Kaufmann Dies und das im Gew?lb', und da die Kunden nicht warten,?Wartet er selbst auch nicht! Doch du--erwidert sie leise,?Fast in Vorwurfes Ton--du k?nntest es lange schon besser?Haben, wenn du nur wolltest!–-Du meinst, ich k?nnte beim Kaufmann Selber, k?nnte bei euch sein--versetzt er mit L?cheln--und freilich H?tt ich's bequemer und dürfte, man sieht's ja, zu Tode mich schlafen. Aber, das t?te nicht gut!–-Er springt empor, und die Küche?Stumm und sinnend durchschreitend und dann ich pl?tzlicher Wendung Vor das M?dchen tretend und ihre Sch?nheit betrachtend,?Ruft er aus: Nein, nein, sie soll mir nicht hungern und frieren! Voll Verwunderung schaut sie auf und merkt es nun endlich,?Da? er bewegt ist, wie nie. Was hast du? fragt sie ihn ?ngstlich, Und er streichelt sie sanft und spricht die bed?chtigen Worte: Wem ein altes Weib für seinen Groschen das Schicksal?Aus den Karten verkündigt, der mag noch zweifeln und lachen, Aber, wem es der Herr im liebsten Freunde und Bruder?Dicht vor die Augen stellt, dem ziemt es, sich warnen zu lassen! H?tte der ?rmste mich in solchem Elend gesehen,?Wie ich gestern ihn, er w?re wohl ledig geblieben,?Und sein Beispiel soll--dies wird, so meint er, ihn tr?sten-– Nicht verloren sein für seinen Jugendgenossen!?Geht es den beiden so schlecht--versetzt sie erschreckend–-ich habe Anna nicht wieder erblickt, sie ist nicht weiter gekommen,?Und ich kann das Haus nur selten auf Stunden verlassen,?Und da hab' ich zu tun und rechne mit Schuster und Schneider. Ging's mir anders mit Wilhelm--erwidert er traurig--ich hatte Ihn so gut wie verloren, denn ?ngstlich, wie Sünde und Schande, Pflegen sich Armut und Not in Ecken und Winkeln zu bergen.?Seinen eigenen Vetter vermocht' ich nicht zu ihm zu führen, Als er nach Hamburg kam, um Anna endlich zu sehen,?Und erst gestern zur Nacht bin ich ihm wieder begegnet,?Aber in welcher Gestalt! Wie g?nzlich ver?ndert! Du kannst es Dir nicht denken! Ich glaubte zuerst, es w?re sein Vater,?Der noch lebt auf dem Dorf, um seinen Jammer zu mehren,?Weil er den Greis nicht fürder ern?hren kann, wie so lange! Als ich ihn dann erkannte in seinem gebrochenen Wesen,?Wollte er mir nicht stehn, wie einer, der giftige Blattern?Zu verbreiten fürchtet, ich aber blieb ihm zur Seite?Und so nahm er mich mit zum
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