Die Regentrude | Page 2

Theodor W. Storm
auf. "Es macht zwar wieder Kosten", sagte sie, "aber ich danke Euch doch daf��r."
Der Wiesenbauer hatte seine kleinen klugen Augen nicht von ihr gelassen. "Und", fuhr er fort, "weil wir hier einmal beisammen sind, so will ich Euch auch sagen, der Andrees, Euer Junge, geht nach meiner Tochter!"
"Du lieber Gott, Nachbar, die Kinder sind ja miteinander aufgewachsen!"
"Das mag sein, Frau; wenn aber der Bursche meint, er k?nne sich hier in die volle Wirtschaft einfreien, so hat er seine Rechnung ohne mich gemacht!"
Die schwache Frau richtete sich ein wenig auf und sah ihn mit fast z��rnenden Augen an. "Was habt Ihr denn an meinem Andrees auszusetzen?" fragte sie.
"Ich an Eurem Andrees, Frau Stine?--Auf der Welt gar nichts! Aber"--und er strich sich mit der Hand ��ber die silbernen Kn?pfe seiner roten Weste--"meine Tochter ist eben meine Tochter, und des Wiesenbauers Tochter kann es besser belaufen."
"Trotzt nicht zu sehr, Wiesenbauer", sagte die Frau milde, "ehe die hei?en Jahre kamen--!"
"Aber sie sind gekommen und sind noch immer da, und auch f��r dies Jahr ist keine Aussicht, da? Ihr eine Ernte in die Scheuer bekommt. Und so geht's mit Eurer Wirtschaft immer weiter r��ckw?rts."
Die Frau war in tiefes Sinnen versunken; sie schien die letzten Worte kaum geh?rt zu haben. "Ja", sagte sie, "Ihr m?gt leider recht behalten, die Regentrude mu? eingeschlafen sein; aber--sie kann geweckt werden!"
"Die Regentrude?" wiederholte der Bauer hart. "Glaubt Ihr auch an das Gefasel?"
"Kein Gefasel, Nachbar!" erwiderte sie geheimnisvoll. "Meine Urahne, da sie jung gewesen, hat sie selber einmal aufgeweckt. Sie wu?te auch das Spr��chlein noch und hat es mir ?fters vorgesagt, aber ich habe es seither l?ngst vergessen."
Der dicke Mann lachte, da? ihm die silbernen Kn?pfe auf seinem Bauche tanzten. "Nun, Mutter Stine, so setzt Euch hin und besinnt Euch auf Euer Spr��chlein. Ich verlasse mich auf mein Wetterglas, und das steht seit acht Wochen auf best?ndig Sch?n!"
"Das Wetterglas ist ein totes Ding, Nachbar; das kann doch nicht das Wetter machen!"
"Und Eure Regentrude ist ein Spukeding, ein Hirngespinst, ein Garnichts!"
"Nun, Wiesenbauer", sagte die Frau sch��chtern, "Ihr seit einmal einer von den Neugl?ubigen!"
Aber der Mann wurde immer eifriger. "Neu- oder altgl?ubig!" rief er, "geht hin und sucht Eure Regenfrau und sprecht Euer Spr��chlein, wenn Ihr's noch beisammenkriegt! Und wenn Ihr binnen heut und vierundzwanzig Stunden Regen schafft, dann--!" Er hielt inne und paffte ein paar dicke Rauchwolken vor sich hin.
"Was dann, Nachbar?" fragte die Frau.
"Dann--dann--zum Teufel, ja, dann soll Euer Andrees meine Maren freien!"
In diesem Augenblicke ?ffnete sich die T��r des Wohnzimmers, und ein sch?nes schlankes M?dchen mit rehbraunen Augen tret zu ihm auf die Durchfahrt hinaus. "Topp, Vater", rief sie aus, "das soll gelten!" Und zu einem ?ltlichen Manne gewandt, der eben von der Stra?e her ins Haus trat, f��gte sie hinzu: "Ihr habt's geh?rt, Vetter Schulze!"
"Nun, nun, Maren", sagte der Wiesenbauer, "du brauchst keine Zeugen gegen deinen Vater aufzurufen; von meinem Wort da bei?t dir keine Maus auch nur ein Titelchen ab."
Der Schulze schaute indes, auf seinen langen Stock gest��tzt, eine Weile in den freien Tag hinaus; und hatte nun sein sch?rferes Auge in der Tiefe des gl��henden Himmels ein wei?es P��nktchen schwimmen sehen, oder w��nschte er es nur und glaubte es deshalb gesehen zu haben, aber er l?chelte hinterh?ltig und sagte: "M?g's Euch bekommen, Vetter Wiesenbauer, der Andrees ist allewege ein t��chtiger Bursch!"

Bald darauf, w?hrend der Wiesenbauer und der Schulze in dem Wohnzimmer des erstern ��ber allerlei Rechnungen beisammensa?en, trat Maren an der andern Seite der Dorfstra?e mit Mutter Stine in deren St��bchen.
"Aber Kind", sagte die Witwe, indem sie ihr Spinnrad aus der Ecke holte, "wei?t du denn das Spr��chlein f��r die Regenfrau?"
"Ich?" fragte das M?dchen, indem sie erstaunt den Kopf zur��ckwarf.
"Nun, ich dachte nur, weil du so keck dem Vater vor die F��?e tratst."
"Nicht doch, Mutter Stine, mir war nur so ums Herz, und ich dachte auch, Ihr selber w��rdet's wohl noch beisammen bekommen. R?umt nur ein bissel auf in Eurem Kopfe; es mu? ja noch irgendwo verkramet liegen!"
Frau Stine sch��ttelte den Kopf. "Die Urahn ist mir fr��h gestorben. Das aber wei? ich wohl noch, wenn wir damals gro?e D��rre hatten, wie eben jetzt, und uns dabei mit der Saat oder dem Viehzeug Unheil zuschlug, dann pflegte sie wohl ganz heimlich zu sagen: 'Das tut der Feuermann uns zum Schabernack, weil ich einmal die Regenfrau geweckt habe!"
"Der Feuermann?" fragte das M?dchen, "wer ist denn das nun wieder?" Aber ehe sie noch eine Antwort erhalten konnte, war sie schon ans Fenster gesprungen und rief: "Um Gott, Mutter, da kommt der Andrees; seht nur, wie verst��rzt er aussieht!"
Die Witwe erhob sich von ihrem Spinnrade: "Freilich, Kind", sagte sie niedergeschlagen, "siehst du denn nicht, was er auf dem R��cken tr?gt? Da ist schon wieder eins von den Schafen verdurstet."
Bald darauf trat der junge Bauer ins Zimmer und legte das tote Tier vor den Frauen auf den Estrich. "Da habt ihr's!" sagte
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