Die Piccolomini | Page 2

Friedrich von Schiller
bringt.
Illo.
Könnt' er nur immer, wie er gerne wollte!
Er schenkte Land und Leut
an die Soldaten.
Doch wie verkürzen sie in Wien ihm nicht den Arm,

Beschneiden, wo sie können, ihm die Flügel!--
Da! diese neuen,
saubern Forderungen,
Die dieser Questenberger bringt!
Buttler.
Ich habe mir
Von diesen kaiserlichen Forderungen auch
Erzählen
lassen--doch ich hoffe,
Der Herzog wird in keinem Stücke weichen.
Illo.
Von seinem Recht gewißlich nicht, wenn nur nicht
--Vom Platze!

Buttler. (betroffen)
Wißt Ihr etwas? Ihr erschreckt mich.
Isolani. (zugleich)
Wir wären alle ruiniert!
Illo.
Brecht ab!
Ich sehe unsern Mann dort eben kommen
Mit
Gen'ralleutnant Piccolomini.
Buttler. (den Kopf bedenklich schüttelnd)
Ich fürchte,
Wir gehn nicht von hier, wie wir kamen.
Zweiter Auftritt
Vorige. Octavio Piccolomini. Questenberg.
Octavio. (noch in der Entfernung)
Wie? Noch der Gäste mehr? Gestehn Sie, Freund!
Es brauchte diesen
tränenvollen Krieg,
So vieler Helden ruhmgekrönter Häupter
In
eines Lagers Umkreis zu versammeln.
Questenberg.
In kein Friedländisch Heereslager komme,
Wer von dem Kriege
Böses denken will.
Beinah vergessen hätt' ich seine Plagen,
Da mir
der Ordnung hoher Geist erschienen,
Durch die er, weltzerstörend,
selbst besteht,
Das Große mir erschienen, das er bildet.
Octavio.
Und siehe da! ein tapfres Paar, das würdig
Den Heldenreihen schließt:
Graf Isolan
Und Obrist Buttler.--Nun, da haben wir
Vor Augen

gleich das ganze Kriegeshandwerk.
(Buttlern und Isolani präsentierend.)
Es ist die Stärke, Freund, und Schnelligkeit.
Questenberg. (zu Octavio)
Und zwischen beiden der erfahrne Rat.
Octavio. (zu Questenbergen an jene vorstellend).
Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
Den Überbringer
kaiserlicher Befehle,
Der Soldaten großen Gönner und Patron

Verehren wir in diesem würdigen Gaste.
(Allgemeines Stillschweigen.)
Illo. (nähert sich Questenbergen)
Es ist das erste Mal nicht, Herr Minister,
Daß Sie im Lager uns die
Ehr' erweisen.
Questenberg.
Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.
Illo.
Und wissen Sie, wo das gewesen ist?
Zu Znaym war's, in Mähren, wo
Sie sich
Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
Um Übernahm'
des Regiments zu flehen.
Questenberg.
Zu flehn, Herr General? So weit ging weder
Mein Auftrag, daß ich
wüßte, noch mein Eifer.

Illo.
Nun! Ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Ich
Erinnre mich's recht
gut--Graf Tilly war
Am Lech aufs Haupt geschlagen--offen stand

Das Bayerland dem Feind--nichts hielt ihn auf,
Bis in das Herz von
Östreich vorzudringen.
Damals erschienen Sie und Werdenberg

Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend
Und mit der
kaiserlichen Ungnad' drohend,
Wenn sich der Fürst des Jammers
nicht erbarme.
Isolani. (tritt dazu)
Ja, ja! 's ist zu begreifen, Herr Minister,
Warum Sie sich bei Ihrem
heut'gen Auftrag
An jenen alten just nicht gern erinnern.
Questenberg.
Wie sollt' ich nicht! Ist zwischen beiden doch
Kein Widerspruch!
Damalen galt es, Böhmen
Aus Feindes Hand zu reißen, heute soll
ich's
Befrein von seinen Freunden und Beschützern.
Illo.
Ein schönes Amt! Nachdem wir dieses Böhmen,
Mit unserm Blut,
dem Sachsen abgefochten,
Will man zum Dank uns aus dem Lande
werfen.
Questenberg.
Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
Vertauscht soll haben,
muß das arme Land
Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit
sein.
Illo.
Ei was! Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
Schon wieder geben.

Questenberg.
Ja, wenn Sie von Herden
Und Weideplätzen reden, Herr
Feldmarschall--
Isolani.
Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,
Ei, so gewinnt der
Kaiser mehr Soldaten.
Questenberg.
Und wird um so viel Untertanen ärmer!
Isolani.
Pah! Seine Untertanen sind wir alle!
Questenberg.
Mit Unterschied, Herr Graf! Die einen füllen
Mit nützlicher
Geschäftigkeit den Beutel,
Und andre wissen nur ihn brav zu leeren.

Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
Der Pflug ist's, der ihn
wieder stärken muß.
Buttler.
Der Kaiser wär' nicht arm, wenn nicht so viel
--Blutigel saugten an
dem Mark des Landes.
Isolani.
So arg kann's auch nicht sein. Ich sehe ja,
(indem er sich vor ihm hinstellt und seinen Anzug mustert)
Es ist noch lang nicht alles Gold gemünzt.

Questenberg.
Gottlob! Noch etwas weniges hat man
Geflüchtet--vor den Fingern
der Kroaten.
Illo.
Da! der Slawata und der Martinitz,
Auf die der Kaiser, allen guten
Böhmen
Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft--
Die sich vom
Raube der vertriebnen Bürger mästen--
Die von der allgemeinen
Fäulnis wachsen,
Allein im öffentlichen Unglück ernten--
Mit
königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
Hohnsprechen--die und
ihresgleichen laßt
Den Krieg bezahlen, den verderblichen,
Den sie
allein doch angezündet haben.
Buttler.
Und diese Ladenschmarutzer, die die Füße
Beständig unterm Tisch
des Kaisers haben,
Nach allen Benefizen hungrig schnappen,
Die
wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
Das Brot vorschneiden
und die Rechnung streichen.
Isolani.
Mein Lebtag denk ich dran, wie ich nach Wien
Vor sieben Jahren
kam, um die Remonte
Für unsre Regimenter zu betreiben,
Wie sie
von einer Antecamera
Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter

Den Schranzen stehen lassen, stundenlang,
Als wär' ich da, ums
Gnadenbrot zu betteln.
Zuletzt--da schickten sie mir einen Kapuziner,

Ich dacht', es wär' um meiner Sünden willen!
Nein doch, das war
der Mann, mit dem
Ich um die Reiterpferde sollte handeln.
Ich
mußt' auch abziehn unverrichteter Ding'.
Der Fürst nachher
verschaffte mir in drei Tagen,
Was ich zu Wien in dreißig nicht
erlangte.
Questenberg.

Ja, ja! Der Posten fand sich in der Rechnung,
Ich weiß, wir haben
noch daran zu zahlen.
Illo.
Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus
mit sanften Mitteln, alles
Läßt sich nicht schonen. Wollte man's
erpassen,
Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig Übeln
Das kleinste
ausgewählt, man
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