Die Argonauten | Page 3

Franz Grillparzer
Es hat der Gram sein Alter, wie die Jahre Und wer der Zeit
(vorauseilt), guter Bruder, Kommt früh ans Ziel.
Absyrtus. Du weißt wohl also schon Von jenen Fremden die--
Medea. Von Fremden--?
Aietes. Halt! Ich gebot dir zu schweigen! Schweig denn, Schwätzer!
Medea, laß uns klug sprechen und besonnen, Das Gegenwärt'ge aus der
Gegenwart Und nicht aus dem betrachten was Vergangen. Wiss' es
denn. Fremde sind angekommen, Hellenen, Sie begehren zu rächen
Phryxus' Blut, Verlangen die Schätze des Erschlagnen Und des Gottes
Banner, das goldene Vließ.
Medea
(aufschreiend). Es ist geschehn! Der Streich gefallen! Weh!
(Will in den Turm zurück.)
Aietes (sie zurückhaltend). Medea, Halt!--Bleib, Unsinnige!
Medea. Gekommen die Rächer, die Vergelter!
Aietes. Willst du mich verlassen, da ich dein bedarf? Willst du sehen
des Vaters Blut? Medea ich beschwöre dich Sprich! Rate! Rette! Hilf!
Gib mich nicht Preis meinen Feinden! Argonauten nennen sie sich Weil
Argo sie trägt, das schnelle Schiff. Was das Hellenenland an Helden
nährt, An Tapfern vermag, sie haben's versammelt Zum Todesstreich
auf deines Vaters Haupt. Hilf Medea! Hilf meine Tochter!
Medea. I ch soll helfen, hilf du selbst! Gib heraus was du nahmst,
Versöhnung bietend!
Aietes. Verteilt sind die Schätze den Helfern der Tat; Werden sie
wiedergeben das Empfangne? Besitzen sie's noch? die törichten
Schwelger, Die leicht vertan das leicht erworbne. Soll ich herausgeben
das glänzende Vließ, Des Gottes Banner, Perontos Gut? Nimmermehr!
Nimmermehr! Und tät' ich's Würden sie drum schonen mein und eurer?
Um desto sichrer würgten sie uns, Rächend des Freundes Tod,
Geschützt durch das heilige Pfand des Gottes. Deine Kunst befrage, gib
andern Rat!

Medea. Rat dir geben, ich selber ratlos!
Aietes. Nun wohl, so verharre, du Ungeratne! Opfre dem Tod deines
Vaters Haupt. Komm mein Sohn, wir wollen hinaus, Den Streichen
bieten das nackte Haupt, Und fallen unter der Fremden Schwertern.
Komm mein Sohn, mein einzig Kind!
Medea. Halt Vater!
Aietes. Du willst also?
Medea. Hör' erst! Ich will's versuchen, die Götter zu fragen, Was sie
gebieten was sie gestatten. Und nicken sie zu, so steh' ich dir bei, Helfe
dir bekämpfen den Feind, Helfe dir schmieden den Todespfeil Den du
abdrücken willst ins dunkle Gebüsch, Nicht wissend, armer Schütze,
wen du triffst. Es sei! Du gebeutst, ich gehorche!
Aietes. Medea, mein Kind, mein liebes Kind!
Medea. Frohlocke nicht zu früh, noch fehlt das Ende. Ich bin bereit;
allein versprich mir erst, Daß, wenn die Tat gelang, dein Land befreit,
Zu hoffen wag' ich's kaum, allein wenn doch,-- Du mich zurückziehn
läßt, in diese Wildnis Und nimmer mehr mich störst, nicht du, nicht
andre.
Aietes. Warum?
Medea. Versprich's!
Aietes. Es sei!
Medea. Wohlan denn Herr, Tritt ein bei deiner Magd, ich folge dir!
Aietes. Ins Haus?
Medea. Drin wird's vollbracht.
Aietes (zu Absyrtus). So komm denn Sohn!
(Beide ab in den Turm.)
Medea. Da gehn sie hin, hin die Verblendeten!-- Ein töricht Wesen
dünkt mich der Mensch; Treibt dahin auf den Wogen der Zeit Endlos
geschleudert auf und nieder, Und wie er ein Fleckchen Grün erspäht
Gebildet von Schlamm und stockendem Moor Und der Verwesung
grünlichem Moder, Ruft er: (Land)! und rudert drauf hin Und
besteigt's--und sinkt--und sinkt-- Und wird nicht mehr gesehn! Armer
Vater, armer Mann! Es steigen auf vor meinen Blicken Düstrer
Ahnungen Schauergestalten, Aber verhüllt und abgewandt Ich kann
nicht erkennen ihr Antlitz! Zeigt euch mir (ganz), oder verschwindet
Und laßt mir Ruh, träumende Ruh! Armer Vater! Armer Mann!-- Aber
der Wille kann viel--und ich will. Will ihn erretten, will ihn befrein

Oder untergehn mit ihm! Dunkle Kunst, die mich die Mutter gelehrt
Die den Stamm du treibst in des Lebens Lüfte Und die Wurzeln
geheimnisvoll Hinabsenkst zu den Klüften der Unterwelt, Sei mir
gewärtig!--Medea (will)! Ans Werk denn!
(Zu einigen Jungfrauen die am Eingange des Turmes erscheinen.)
Und ihr des Dienstes Beflißne Bereitet die Höhle, bereitet den Altar!
Medea will zu den Geistern rufen, Zu den düstern Geistern der
schaurigen Nacht Um Rat, um Hilfe, um Stärke, um Macht!
(Ab in den Turm.)
(Pause. Dann tritt) Jason (rasch auf.)
Jason. Hier hört' ich Stimmen!--Hier muß--Niemand hier?
Milo (hinter der Szene). Holla!
Jason. Hierher!
Milo (eben so). Jason!
Jason. Hier Milo, hier!
Milo (der keuchend auftritt). Mein Freund, such' dir 'nen anderen
Begleiter! Dein Kopf und deine Beine sind zu rasch, Sie laufen, statt zu
gehn. Ein großer Übelstand! Von Beinen mag's noch sein, da hilft das
Alter, Allein ein Kopf der läuft!--Glück auf die Reise! Such' einen
andern sag' ich, ich bin's satt!
(Setzt sich.)
Jason. Wir haben, was wir suchten!--Hier ist Licht!
Milo. Ja Lichts genug um uns da zu beleuchten Und zu entdecken und
zu schlachten, wenn's beliebt.
Jason. Ei, Milo Furcht?
Milo
(rasch aufstehend). Furcht?--Lieber Freund, ich bitte Wäg' deine Worte
eh du sprichst!
(Jason faßt entschuldigend seine Hand.)
Milo. Schon gut! Wir laufen, nu, die Worte laufen mit! Doch ernst.
Was suchst du hier?
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