Der Verschwender | Page 3

Ferdinand Raimund
verstehen mich nicht, Herr Baumeister.
Gründling. Genug! Morgen will ich mit Herrn von Flottwell selbst
darüber sprechen. Glauben Sie aber nicht, Herr Kammerdiener, daß ich
ein Mann bin, der nicht zu leben versteht. Sollten Sie sich für die Sache
bei dem gnädgen Herrn glücklich verwenden, so werde ich mich sehr
geehrt fühlen, wenn Sie ein Geschenk von hundert Dukaten nicht
verschmähen wollen.
Wolf. Sie verkennen mich. Eigennutz ist nicht meine Sache, ich

spreche nur zum Vorteil meines gnädgen Herrn!
Gründling. Den werden Sie durch mich besser bezwecken, als wenn
das Schloß von einem andern wohlfeiler und schlechter gebaut wird.
Wolf. Nun gut. Ich will versuchen, was mein geringer Einfluß
zugunsten eines so großen Künstlers vermag, und gelingt es mir, so
werde ich Ihr Geschenk nur unter der Bedingung annehmen, daß Sie
mir erlauben, es auf eine wohltätige Weise für andere zu verwenden.
Gründling. Ganz nach Ihrem Belieben. (Beiseite.) Die Kunst mag mir
diese Herabwürdigung verzeihen. (Laut.) Morgen erwarte ich einen
günstigen Bescheid. (Will ab.)
Wolf (blickt zum Fenster hinaus). Teufel! der andere. (Schnell.) Wollen
Sie nicht so gefällig sein, sich über die Nebentreppe zu bemühen, weil
die Bedienten auf der großen Möbel transportieren. Ich empfehle mich
ergebenste (Läßt ihn durch eine Seitentür hinausgehen. Wolf allein.)
Diese Zitrone gibt wenig Saft, jetzt wollen wir die andere pressen.

Fünfter Auftritt
Voriger. Baumeister Sockel.
Sockel. Guten Morgen, Herr von Wolf! Sie haben mich rufen lassen,
ich wäre schon gestern gekommen, aber ich hab ein Haus stützen
müssen, was ich vor zwei Jahren erst gebaut hab. Verstanden? Ich sag
Ihnens, man möcht jetzt lieber Holz hacken als Häuser bauen. Erstens
brennen s' Ziegel, wenn man einen nur ein unbeschaffenes Wort gibt,
so fallt er schon voneinander. Nachher wollen s' immer ein Million
Zins einnehmen, lauter Zimmer, keine Mauern. Verstanden? Drum sind
manche moderne Häuser auch so dünn, als wenn s' bloße Futteral über
die alten wären. Hernach hat halt ein Baumeister vor Zeiten auf solide
Einwohner rechnen können, aber jetzt zieht sich ja manchmal ein Volk
hinein, das nichts als rauft und schlagt, Tisch und Stühl umwirft und
das Unterste zu oberst kehrt. Ja wo soll denn da ein Haus die Geduld
hernehmen, da wirds halt springgiftig, und endlich fallts vor Zorn

zusamm. Verstanden?
Wolf. Das ist alles ganz recht, aber jetzt lassen Sie uns vernünftig
reden.
Sockel. Erlauben Sie, aber meine Reden sind ein wahrer Triumph der
Vernunft. Verstanden?
Wolf. Ich habe Ihnen die unangenehme Nachricht zu sagen, daß Sie
den Bau des Schlosses nicht bekommen werden.
Sockel. Hören Sie auf, oder ich stürz zusamm wie eine alte
Gartenmauer. Das ist ja nach unserer Verabredung nicht möglich!
Verstanden?
Wolf. Der gnädge Herr will den Baumeister Gründling nehmen.
(Ein Bedienter, der Flottwell das Frühstück gebracht hat, kommt
zurück.)
Sockel. Aber es war ja schon alles richtig. Ich hab Ihnen ja tausend G--
Wolf (rasch auf den Bedienten blickend). Nun ja, Sie haben mir da
tausend Gründe gesagt, die--
Sockel. Nein, ich habe Ihnen versprochen--
Wolf. Ja (stampft unwillig mit dem Fuß), Sie haben versprochen, gute
Materialien zu nehmen. Fritz, dort hat jemand geläutet. (Der Bediente
geht in ein Kabinett ab.) Aber ich kann nicht dafür, daß ein anderer
gekommen ist, der noch größere Versprechungen gemacht hat und das
Schloß um zehntausend Gulden wohlfeiler baut.
Sockel. Aber das ist ja ein elender Mensch, der gar nicht zu bauen
versteht. Ein hergelaufener Maurerpolier, ein Pfuscher, und ich bin ein
Mann auf dem Platz. Verstanden?
Wolf. Es macht Ihnen sehr viel Ehre, daß Sie so über Ihren Kollegen
schimpfen, aber das kann die Sache nur verschlimmern!

Sockel. Aber Sie bringen einem ja zur Verzweiflung. (Beiseite.) Ich
kann den Bau nicht auslassen, er trägt mir zu viel ein. (Macht gegen das
Publikum die Pantomime des Geldzählens.) Verstanden? (Laut.)
Liebster Herr Kammerdiener, ich weiß, es hängt nur von Ihnen ab. Der
gnädige Herr bekümmert sich nicht darum, er ist zu leichtsinnig. Ich
geb Ihnen tausend Gulden Konventionsmünze.
Wolf. Herr!--Was unterfangen Sie sich--
Sockel. Ich unterfange mich, Ihnen noch fünfhundert Gulden zu bieten.
Wolf. Sie häufen ja Beleidigung auf Beleidigung--
Sockel. Freilich, ich bin der brutalste Kerl auf der Welt. Aber jetzt bin
ich schon in meiner Grobheit drin, ich muß Ihnen noch fünfhundert
Gulden antragen.
Wolf. Halten Sie ein! Sie empören mich mit solchen unmoralischen
Zumutungen!
Sockel (beiseite). Ah, da möcht man sich selber köpfen.
Wolf. Ich sehe ein, daß Ihre Ehre--
Sockel. Ah was Ehre! Es ist einem gerade keine Schande, wenn man
ein Schloß baut, aber in Feuer lassen s' einem auch nicht vergolden
deswegen. (Beiseite.) Nur das Geld ist verloren!
Wolf. Man wird Sie auslachen!
Sockel. Freilich, es hats die ganze Stadt erfahren.
Wolf. Wie war das möglich?
Sockel. Weil ichs meiner Frau gesagt hab.
Wolf. Ja sind Sie denn verheiratet?
Sockel. Leider! Verstanden?

Wolf (ängstlich). Haben vielleicht Kinder!
Sockel. Jawohl.
Wolf. Ach, das ist ja sehr traurig. Wie
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