Der Roman eines geborenen Verbrechers

Antonino M.
Roman eines geborenen
Verbrechers, by Antonino M.

Project Gutenberg's Der Roman eines geborenen Verbrechers, by
Antonino M. This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost
and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it
away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License
included with this eBook or online at www.gutenberg.org
Title: Der Roman eines geborenen Verbrechers Selbstbiographie des
Strafgefangenen Antonino M...
Author: Antonino M.
Editor: Augusto G. Bianchi
Translator: Friedrich Ramhorst
Other: Silvio Venturi
Release Date: September 16, 2007 [EBook #22630]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DER
ROMAN EINES GEBORENEN ***

Produced by Jana Srna and the Online Distributed Proofreading Team

at http://www.pgdp.net

[Anmerkungen zur Transkription:
Der Text der zur Transkription herangezogenen Ausgabe wurde in
Hinblick auf Unregelmäßigkeiten in der Zeichensetzung und
Rechtschreibung dem Original getreu übertragen. Lediglich einige
offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert.
Im Original in Antiqua gesetzter Text wurde mit gekennzeichnet. Im
Original gesperrt gesetzter Text wurde mit = gekennzeichnet. Im
Original fett gesetzter Text wurde mit + gekennzeichnet.]
[Illustration: Portrait des Antonino M...
Strafgefangener.
Verurteilt: 5 Jahre Gefängnis wegen Mord. -- 3 Jahre Gefängnis wegen
versuchten Mord. -- 1 Jahr Gefängnis wegen Bedrohung. -- 4 Jahre
Strafcompagnie. -- 2 Monate Eisen wegen Fälschung. -- 16 Jahre und 6
Monate wegen versuchten Brudermord.]
Der Roman eines geborenen Verbrechers.
Selbstbiographie des Strafgefangenen Antonino M...
von A. G. Bianchi. (Mitglied des Corriere della Serra in Mailand)
Zu wissenschaftlichen Zwecken herausgegeben mit einem
psychiatrischen Gutachten von Professor Silvio Venturi Direktor der
Provinzial-Irrenanstalt in Catanzaro.
Autorisierte deutsche Übersetzung von Dr. Friedrich Ramhorst.
Berlin und Leipzig Alfred H. Fried & Cie. 1894.

Vorrede.
I.
Dieses Buch kann und soll nicht nach gewöhnlichen Gesichtspunkten
beurteilt werden: Der Titel Roman ist subjektiv gerechtfertigt, insofern
die Empfindung, welche den Helden dieser Blätter veranlaßte, sie zu
schreiben, sicher nicht von der verschieden ist, welche viele
zeitgenössische Autoren veranlaßte, ihre Gedanken und Gefühle in
einer oft selbstbiographischen Form herauszugeben. Dostojewski's
»Schuld und Sühne«, Zola's »Bête humaine« und Gabriele d'Annunzio's
»Giovanni Episcopo« und »l'Innocente« sind die letzten Proben dieser
pathologischen Litteratur, wo die Genialität der Verfasser zu einer
tiefen Intuition krankhafter Bewußtseinsphasen sich erhebt und die
Kunst das Ansehen der Wahrheit erreicht.
In diesem Fall ist die Kunst arm, aber die Aufrichtigkeit ist vielleicht
größer, und die Unerfahrenheit des Verfassers dient dazu, ihr Relief zu
geben; denn wenn das Wahre sich hervorhebt und einen
unverkennbaren stilistischen Ausdruck annimmt, so kann das Unwahre
nicht, wie bei den berufsmäßigen Schriftstellern, den Firnis stilistischen
Schmuckes oder der angenehmen Täuschung erlangen.
So kommt es, daß das, was nach der Absicht des Verfassers ein
Kunstwerk sein sollte, in der That ein wissenschaftliches Dokument
geworden ist.
Der Verbrecher, diese antisoziale Individualität kann sich mit Recht als
die great attraction der zeitgenössischen Litteratur bezeichnen:
Feuilletonromane und Gerichtsberichterstattung, um nicht vom
wirklichen Kunstwerk zu reden -- alles dreht sich um den Verbrecher
und die verschiedenartigsten Gefühle werden wachgerufen; das
gewöhnliche Interesse, das sich am Unwahrscheinlichen entzündet, das
Mitleid mit dem Unglück, die Hoffnung auf die Rehabilitation, der
Fatalismus.
Auch die Wissenschaft ist der Frage näher getreten, und wenn die
Kunst das Interesse des Abenteuers dem des psychologischen

Einzelfalls hintanstellt, so tritt für die Wissenschaft das Studium des
Verbrechens hinter dem Studium des Individuums zurück. Zwischen der
Darstellung des Verbrechers, wie sie von den alten und wie sie von den
neuen Schriftstellern geübt werden, ist genau derselbe Unterschied wie
zwischen dem althergebrachten Studium des Verbrechens, das durch
die Macht der Tradition noch in den Gesetzen herrscht, und der neuen
Wissenschaft, welche das Studium des Verbrechers fordert.
Aber die Wissenschaft hat notwendiger Weise vorerst in der
Allgemeinheit stehen bleiben müssen, sie mußte Hunderte und aber
Hunderte von Verbrechern beobachten, um das mehr oder weniger
häufige Wiederkehren eines physischen oder psychischen Charakters
zu erkennen, und aus diesen Beobachtungen sind Theorien hergeleitet,
welche nicht immer auf jeden einzelnen Fall passen. Ebenso wie die
Bewohner eines Landes nicht völlig dem Nationaltypus entsprechen,
ebenso wenig entsprechen die Insassen der Gefängnisse dem
Verbrechertypus.
Diese Mannigfaltigkeit der kriminellen Elemente, die nur eine Folge
der Mannigfaltigkeit der Ursachen ist, von denen die
Menschengeschicke abhängen, ließ den Typus in der Vorstellung der
Gelehrten unbestimmt und unsicher erscheinen.
Lombroso, der eine graphische Reproduktion des typischen
Verbrecherschädels erlangen wollte, nahm seine Zuflucht zur
zusammengesetzten Photographie, indem er die zu einer Aufnahme
nötige Zeit in sechs Abschnitte teilte, und in jedem dieser Abschnitte
einen anderen Schädel vor das Objekt brachte. Auf diese Weise
wiederholten sich die jedem Schädel gemeinsamen Züge und kamen
schärfer zum Ausdruck, und während die Photographie nicht als die
Reproduktion eines einzelnen bezeichnet werden konnte, ähnelte sie
allen in ihren typischen Elementen.
»Der Typus ist eine synthetische Impression«, hat Gratiolet gesagt.
Und Goethe definierte ihn als ein »abstraktes und allgemeines Bild«.
Geoffroy St.-Hilaire schrieb: »Der Typus einer Art zeigt
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 96
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.