Der Heizer

Franz Kafka
Der Heizer

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Title: Der Heizer Ein Fragment
Author: Franz Kafka
Release Date: July 15, 2005 [EBook #16304]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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HEIZER ***

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Franz Kafka
Der Heizer

Ein Fragment
1913 Kurt Wolff Verlag * Leipzig

Dies Buch wurde gedruckt im Mai 1913 als dritter Band der Bücherei
»Der jüngste Tag« bei Poeschel & Trepte in Leipzig
COPYRIGHT BY KURT WOLFF VERLAG, LEIPZIG 1913

Als der sechzehnjährige Karl Roßmann, der von seinen armen Eltern
nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen
verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam
gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr, erblickte er
die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem
plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht. Ihr Arm mit dem Schwert
ragte wie neuerdings empor und um ihre Gestalt wehten die freien
Lüfte.
»So hoch!« sagte er sich und wurde, wie er so gar nicht an das
Weggehen dachte, von der immer mehr anschwellenden Menge der
Gepäckträger, die an ihm vorüberzogen, allmählich bis an das
Bordgeländer geschoben.
Ein junger Mann, mit dem er während der Fahrt flüchtig bekannt
geworden war, sagte im Vorübergehen: »Ja, haben Sie denn noch keine
Lust, auszusteigen?« »Ich bin doch fertig,« sagte Karl, ihn anlachend,
und hob aus Übermut, und weil er ein starker Junge war, seinen Koffer
auf die Achsel. Aber wie er über seinen Bekannten hinsah, der ein
wenig seinen Stock schwenkend sich schon mit den andern entfernte,
merkte er bestürzt, daß er seinen eigenen Regenschirm unten im Schiff
vergessen hatte. Er bat schnell den Bekannten, der nicht sehr beglückt
schien, um die Freundlichkeit, bei seinem Koffer einen Augenblick zu
warten, überblickte noch die Situation, um sich bei der Rückkehr
zurechtzufinden und eilte davon. Unten fand er zu seinem Bedauern
einen Gang, der seinen Weg sehr verkürzt hätte, zum erstenmal

versperrt, was wahrscheinlich mit der Ausschiffung sämtlicher
Passagiere zusammenhing und mußte sich seinen Weg durch eine
Unzahl kleiner Räume, über kurze Treppen, die einander immer wieder
folgten, durch fortwährend abbiegende Korridore, durch ein leeres
Zimmer mit einem verlassenen Schreibtisch mühselig suchen, bis er
sich tatsächlich, da er diesen Weg nur ein- oder zweimal und immer in
größerer Gesellschaft gegangen war, ganz und gar verirrt hatte. In
seiner Ratlosigkeit und da er keinen Menschen traf und nur immerfort
über sich das Scharren der tausend Menschenfüße hörte und von der
Ferne, wie einen Hauch, das letzte Arbeiten der schon eingestellten
Maschinen merkte, fing er, ohne zu überlegen, an eine beliebige kleine
Tür zu schlagen an, bei der er in seinem Herumirren stockte.
»Es ist ja offen,« rief es von innen, und Karl öffnete mit ehrlichem
Aufatmen die Tür. »Warum schlagen Sie so verrückt auf die Tür?«
fragte ein riesiger Mann, kaum daß er nach Karl hinsah. Durch
irgendeine Oberlichtluke fiel ein trübes, oben im Schiff längst
abgebrauchtes Licht in die klägliche Kabine, in welcher ein Bett, ein
Schrank, ein Sessel und der Mann knapp nebeneinander, wie
eingelagert, standen. »Ich habe mich verirrt,« sagte Karl, »ich habe es
während der Fahrt gar nicht so bemerkt, aber es ist ein schrecklich
großes Schiff.« »Ja, da haben Sie recht,« sagte der Mann mit einigem
Stolz und hörte nicht auf, an dem Schloß eines kleinen Koffers zu
hantieren, den er mit beiden Händen immer wieder zudrückte, um das
Einschnappen des Riegels zu behorchen. »Aber kommen Sie doch
herein!« sagte der Mann weiter, »Sie werden doch nicht draußen
stehn!« »Störe ich nicht?« fragte Karl. »Ach, wie werden Sie denn
stören!« »Sind Sie ein Deutscher?« suchte sich Karl noch zu versichern,
da er viel von den Gefahren gehört hatte, welche besonders von
Irländern den Neuankömmlingen in Amerika drohen. »Bin ich, bin
ich,« sagte der Mann. Karl zögerte noch. Da faßte unversehens der
Mann die Türklinke und schob mit der Türe, die er rasch schloß, Karl
zu sich herein. »Ich kann es nicht leiden, wenn man mir vom Gang
hereinschaut,« sagte der Mann, der wieder an seinem Koffer arbeitete,
»da läuft jeder vorbei und schaut herein, das soll der Zehnte
aushalten!« »Aber der Gang ist doch ganz leer,« sagte Karl, der
unbehaglich an den Bettpfosten gequetscht dastand. »Ja, jetzt,« sagte

der Mann. »Es handelt sich doch um jetzt,« dachte Karl, »mit dem
Mann ist schwer zu reden.« »Legen Sie sich doch aufs Bett, da haben
Sie mehr Platz,« sagte der Mann. Karl kroch, so gut es ging, hinein und
lachte dabei laut
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