Der Freigeist

Gotthold Ephraim Lessing
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Der Freigeist [German, with accents]

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Title: Der Freigeist
Author: Gotthold Ephraim Lessing
Release Date: November, 2005 [EBook #9325] [Yes, we are more than one year ahead of schedule] [This file was first posted on September 22, 2003]
Edition: 10
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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Produced by Delphine Letttau

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Der Freigeist
Gotthold Ephraim Lessing
Ein Lustspiel in fünf Aufzügen
Verfertigt im Jahre 1749
Personen:
Adrast, der Freigeist Theophan, ein junger Geistlicher Lisidor Juliane und Henriette, T?chter des Lisidor Frau Philane Araspe, Theophans Vetter Johann Martin Lisette Ein Wechsler
Die Szene ist ein Saal.

Erster Aufzug

Erster Auftritt
Adrast. Theophan.
Theophan. Werden Sie es übelnehmen, Adrast, wenn ich mich endlich über den stolzen Kaltsinn beklage, den Sie nicht aufh?ren, gegen mich zu ?u?ern? Schon seit Monaten sind wir in einem Hause, und warten auf einerlei Glück. Zwei liebenswürdige Schwestern sollen es uns machen. Bedenken Sie doch, Adrast! k?nnen wir noch dringender eingeladen werden, uns zu lieben, und eine Freundschaft unter uns zu stiften, wie sie unter Brüdern sein sollte? Wie oft bin ich nicht darauf bestanden?--
Adrast. Ebenso oft haben Sie gesehen, da? ich mich nicht einlassen will. Freundschaft? Freundschaft unter uns?--Wissen Sie, mu? ich fragen, was Freundschaft ist?
Theophan. Ob ich es wei??
Adrast. Alle Fragen bestürzen, deren wir nicht gew?rtig sind. Gut, Sie wissen es. Aber meine Art zu denken, und die Ihrige, diese kennen Sie doch auch?
Theophan. Ich verstehe Sie. Also sollen wir wohl Feinde sein?
Adrast. Sie haben mich sch?n verstanden! Feinde? Ist denn kein Mittel? Mu? denn der Mensch eines von beiden, hassen, oder lieben? Gleichgültig wollen wir einander bleiben. Und ich wei?, eigentlich wünschen Sie dieses selbst. Lernen Sie wenigstens nur die Aufrichtigkeit von mir.
Theophan. Ich bin bereit. Werden Sie mich aber diese Tugend in aller ihrer Lauterkeit lehren?
Adrast. Erst fragen Sie sich selbst, ob sie Ihnen in aller ihrer Lauterkeit gefallen würde?
Theophan. Gewi?. Und Ihnen zu zeigen, ob Ihr künftiger Schüler einige F?higkeit dazu hat, wollen Sie mich wohl einen Versuch machen lassen?
Adrast. Recht gern.
Theophan. Wo nur mein Versuch nicht ein Meisterstück wird. H?ren Sie also, Adrast--Aber erlauben Sie mir, da? ich mit einer Schmeichelei gegen mich selbst anfange. Ich habe von jeher einigen Wert auf meine Freundschaft gelegt; ich bin vorsichtig, ich bin karg damit gewesen. Sie sind der erste, dem ich sie angeboten habe; und Sie sind der einzige, dem ich sie aufdringen will.--Umsonst sagt mir Ihr ver?chtlicher Blick, da? es mir nicht gelingen solle. Gewi?, es soll mir gelingen. Ihr eigen Herz ist mir Bürge; Ihr eigen Herz, Adrast, welches unendlich besser ist, als es Ihr Witz, der sich in gewisse gro? scheinende Meinungen verliebt hat, vielleicht wünschet.
Adrast. Ich hasse die Lobsprüche, Theophan, und besonders die, welche meinem Herzen auf Unkosten meines Verstandes gegeben werden. Ich wei? eigentlich nicht, was das für Schwachheiten sein müssen (Schwachheiten aber müssen es sein), derentwegen Ihnen mein Herz so wohlgef?llt; das aber wei? ich, da? ich nicht eher ruhen werde, als bis ich sie, durch Hülfe meines Verstandes, daraus verdrungen habe.
Theophan. Ich habe die Probe meiner Aufrichtigkeit kaum angefangen, und Ihre Empfindlichkeit ist schon rege. Ich werde nicht weit kommen.
Adrast. So weit als Sie wollen. Fahren Sie nur fort.
Theophan. Wirklich?--Ihr Herz also ist das beste, das man finden kann. Es ist zu gut, Ihrem Geiste zu dienen, den das Neue, das Besondere geblendet hat, den ein Anschein von Gründlichkeit zu gl?nzenden Irrtümern dahinrei?t, und der, aus Begierde bemerkt zu werden, Sie mit aller Gewalt zu etwas machen will, was nur Feinde der Tugend, was nur B?sewichter sein sollten. Nennen Sie es, wie Sie wollen: Freidenker, starker Geist, Deist; ja, wenn Sie ehrwürdige Benennungen mi?brauchen wollen, nennen Sie es Philosoph: es ist ein Ungeheuer, es ist die Schande der Menschheit. Und Sie, Adrast, den die Natur zu einer Zierde derselben bestimmte, der nur seinen eignen
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