Darwinismus und Sozialismus | Page 2

Ludwig Büchner
und Glanzes die H?hlen des Lasters und Elends sich verbergen, wie neben brechenden Tischen und ��bersatten Magen der hohl?ugige Hunger still seine Qualen duldet, und wie neben Wohlleben und ��bermut jeder Art die hoffnungslose Entbehrung entweder scheu und ?ngstlich in schmutzige Winkel sich verkriecht oder in d��sterer Verzweiflung schreckliche Thaten gegen Staat und Gesellschaft ausbr��tet. Ein sehr berechtigtes Spr��chwort sagt: ?Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen.? Aber wie viele essen, die nicht arbeiten oder nie gearbeitet haben, und wie viele arbeiten, die sich nicht satt essen k?nnen! Woraus der unabweisbare Schluss folgt, dass diejenigen, welche arbeiten, nicht bloss f��r sich, sondern auch f��r die Erhaltung eines ganzen Heeres von M��ssigg?ngern th?tig sein m��ssen. Man wende nicht ein, dass diese M��ssigg?nger von den Anstrengungen oder Verdiensten ihrer Vorfahren leben, da gerade die notwendigsten Lebensbed��rfnisse nicht zum voraus geschaffen werden k?nnen und, wenn verzehrt, notwendig vorher durch die Anstrengungen der Mitlebenden erzeugt worden sein m��ssen.
Aber diese ungleiche Verteilung gilt nicht bloss f��r die =materielle=, sondern auch f��r die =geistige= Nahrung. Wie viele Talente oder Genies m��ssen den Pflug des Alltaglebens ziehen, weil ihnen nicht das Gl��ck an der Wiege gel?chelt hat, w?hrend oft die beschr?nktesten K?pfe auf den Sesseln der Macht oder Gelehrsamkeit sich breit machen. Gerade die idealste geistige Arbeit belohnt sich in der Regel am schlechtesten. Philosophen und Dichter sind in der Regel geborene Proletarier und ernten erst nach ihrem Tode die Ehren, welche ihnen im Leben h?tten zukommen m��ssen, w?hrend hastige und oberfl?chliche Fabrikarbeit nach dem Geschmack des grossen Haufens sich schon w?hrend des Lebens am besten lohnt, Man denke beispielsweise an die erb?rmliche, an den Haaren herbeigezogene Situationskomik in unserm deutschen Lustspiel, die nur Hohlk?pfe erg?tzen kann und trotzdem auf unsern B��hnen, welche geistige Erziehungsanstalten f��r das Volk sein sollten, alle besseren Erzeugnisse mehr oder weniger in den Hintergrund dr?ngt. Ebenso wie den Theatern, die sich ganz vom zahlenden Publikum abh?ngig machen, ergeht es unsern Zeitungen und Wochenschriften, deren h?chstes Ideal die Abonnentenzahl bildet und bilden muss, und welche darum in der Regel weit mehr Gewicht auf den zeitweiligen Geschmack des Publikums neben den Interessen ihrer Leiter und Eigent��mer legen, als auf Verbreitung von Wahrheit und Aufkl?rung. Ein ?hnlicher Vorwurf kann, wenn auch in minderem Grade, der Buch-Litteratur nicht erspart werden, in welcher m?nnlicher Gradsinn und philosophische ��berzeugungstreue sicher sind, ��berall gegen einen Berg von Gemeinheit, Unwissenheit, Verleumdung oder Teilnahmlosigkeit ank?mpfen zu m��ssen, w?hrend elende, auf Neugier oder Sensation berechnete oder den Vorurteilen der Masse schmeichelnde Machwerke ebenso sicher sind, tausende von begierigen Lesern zu finden. Welchen grenzenlos nachteiligen Einfluss diese notgedrungene Unterw��rfigkeit unter den gerade herrschenden Geist oder Geschmack oder unter eingewurzelte Vorurteile des lesenden Publikums haben muss und bereits gehabt hat, ist zu bekannt, als dass es mehr als einer Hinweisung darauf bed��rfte. Wie oft wird man, wenn man das Facit unsrer Zeitungs- und Buchlitteratur zu ziehen versucht, an das bittere Wort =Shakespeares= erinnert: ?Wahrheit ist ein Hund, der ins Loch muss und hinausgepeitscht wird, w?hrend Madame Schossh��ndin (d. h. die L��ge) am Feuer stehen und stinken darf.?
Wenn man sich nun die Frage nach den Ursachen dieser betr��benden Erscheinung vorlegt, so glauben wir die Antwort in einem Zustand zu finden, dessen genauere Kenntnis uns durch die jetzt alle andern Wissenschaften an Erfolg und Bedeutung weit ��berragende =Naturwissenschaft= an die Hand gegeben wird. Es ist jener unerbittliche =Kampf= um das =Dasein= oder jener Existenzkampf, welcher seit =Darwin= eine so grosse Ber��hmtheit erlangt hat. Er ist zun?chst hergenommen aus der Pflanzen- und Tierwelt, wo er zu einer wesentlichen Ursache der Umwandlung und des Fortschritts wird, indem in der Regel nur die Kr?ftigsten, F?higsten, durch die eine oder andre Eigenheit Bevorzugten den Sieg in diesem Kampf oder Wettbewerb ��ber ihre Genossen davontragen. Anlass zu Bemitleidung giebt uns dieser Kampf in der Regel nicht, weil der Tod schnell ist, weil er ohne volles Bewusstsein erlitten wird, und weil in der Regel nur die pers?nliche T��chtigkeit oder Eigenart entscheidend ist. Es ist ein Kampf, welcher von den Einzelnen mit den im ganzen gleichen Mitteln des Krieges oder der Flucht oder des Wettbewerbs gef��hrt wird, und wobei der Einzelne keine Bevorzugung vor andern durch den Schutz der Gesellschaft geniesst. Die F��lle und der Reichtum der Natur steht ihnen allen ziemlieh gleichm?ssig zu Gebot, und es giebt keine Privilegien, welche dem einen verbieten w��rden, etwas zu nehmen, was dem andern gestattet ist. Nur individuelle Kraft oder F?higkeit ist entscheidend. Wenn das Tier seine H?hle oder sein Nest allerdings auch sein Eigentum nennt, so muss es doch gew?rtig sein, in diesem Besitz jederzeit durch andre St?rkere gest?rt oder daraus verdr?ngt zu werden.
Ganz anders aber gestaltet sich infolge seiner sozialen Einrichtungen dieser Kampf bei dem Menschen, welcher, wenn er zur Welt kommt, bereits alle oder alle guten Pl?tze an der Tafel des Lebens besetzt findet und, wenn ihm nicht Geburt, Reichtum, Rang u.
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