An Deutschlands Jugend

Walther Rathenau

An Deutschlands Jugend, by Walther Rathenau

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Title: An Deutschlands Jugend
Author: Walther Rathenau
Release Date: November 7, 2007 [EBook #23396]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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An Deutschlands Jugend
von
Walther Rathenau
1918
S. Fischer * Verlag Berlin

1.-20. Tausend
Alle Rechte vorbehalten, besonders das der ��bersetzung

Inhalt
Zueignung und Aufruf 5
Zweifel 18
Glaube 42
Krieg 74
Charakter 97

Zueignung und Aufruf
In dieser feierlichen Zeit des Abschiedes wende zu euch ich mich, Menschen der deutschen Jugend. Nie hat eine Menschheit so bewu?t und verantwortungspflichtig an einer Scheide der Zeitalter gestanden. Die Stunde h?lt ihren Atem an, zu lang f��r das bangende Herz, zu kurz f��r das flatternde Gewissen, der Kl?ppel holt aus. Ist der Schlag verklungen, nach Menschenjahren, Sekunden des ?on, so stehen wir in fremder Welt und Zeit, beladen oder ents��hnt, und blicken durch den Tr?nenschleier des Krieges nach dem entsinkenden Reiche der Gewesenheit.
Unbewu?ter, zweifelfreier waren die, die vor weniger als hundert Jahren durch den Nebel der Weltkriege das rosenfarbene Jahrhundert verschwimmen sahen. Die Revolution hatte ihnen eine brauntuchene b��rgerliche Sicherheit gegeben, der Krieg hatte mehr geschlichtet als genommen, sie f��hlten besch?ftigt das Nahen von Wissenschaft, Technik und Kapital und konnten sich dem ��berlassen, was sie Restauration nannten, und was der h??lichste Nutzbau der ��berv?lkerten, mechanisierungsdurstigen Welt war.
Der Bau wuchs; in den h?chsten, luftigsten und frechsten Geschossen des Himmelskratzers sind wir geboren und haben wir gelebt; jetzt bricht er nieder, aus Mangel an Gerechtigkeit und organischer Kunst, die man verschm?ht hatte, hineinzubauen. Er hatte kein Fundament, stand auf dem Schuttplatz der franz?sischen Revolution, die Raum geschaffen hatte, aber keinen Baugrund. Bis in seine h?chsten Zinnen, die Nationalismus und Imperialismus hie?en, trug er keine Idee in sich, nur ein empirisches Gleichgewicht der Kr?fte; alles was Idee hie?, rankte sich ?u?erlich empor und zerm��rbte seine W?nde.
Keine neue Revolution kann uns die Arbeit erleichtern, denn die Zerst?rung ist da, wir brauchen sie nicht zu rufen. Was gefordert wird, ist Arbeit, langsamer, heiliger Neubau, Dombau. Aus tiefen, geheiligten Herzen und neuem Geist. Nicht aus der Frechheit, die sagt: La?t mich nur, ich bin schlau und vern��nftig, ich will einmal versuchen. Nicht aus satter Interessiertheit, die sagt: Wir werden alles reparieren. Nicht aus Stumpfheit und b��rgerlicher Bl?de, die sagt: Kommt Zeit, kommt Rat.
Die Schicksalsstunde webt nicht ��ber Schlachten und Konferenzen, Brand und L?schung, sondern ��ber der Bauh��tte, ��ber ihren Meistern und Gesellen, dem Geheimnis ihres Grund- und Aufrisses und dem Geist ihrer Gemeinschaft. Der entscheidet die Jahrhunderte, deshalb haben wir vom Geist zu reden.
Mit euch, Deutschlands Jugend, will ich reden. Den Genossen meines Alters habe ich nicht mehr viel zu sagen. Mein Herz habe ich vor ihnen ausgesch��ttet, mein Glauben und Schauen, Vertrauen und Sorgen ihnen vor die Seele gehalten. Viele haben meine Schriften gelesen, die Gelehrten, um sie zu bel?cheln, die Praktiker, um sie zu verspotten, die Interessenten, um sich zu entr��sten und sich ihrer eigenen G��te und Tugend zu erfreuen. Wenn warme Stimmen zu mir drangen, so kamen sie von Einsamen, von Jungen, und von denen, die nicht altern und nicht sterben.
Von den Alten habe ich nichts gewollt als Mitdenken und Mitsorgen, Pr��fung, Besinnung. Nichts anderes will ich von euch. Pr��ft meine Worte an euren Gedanken, in euren Herzen; seid auf eurer Hut, verwerft, was euch nicht innerlich ergreift, die verbohrte Meinung, den bestechenden Einfall. Nicht ein F��hrer unter euch vermesse ich mich zu sein, nicht ein Berater, ich will mit euch er?rtern und erw?gen. Auch huldige ich euch nicht; ihr seid ein neues Geschlecht, kein anderes Volk als eure V?ter, ihr seid ihnen ?hnlicher, als ihr meint. Ihr seid eine Hoffnung; auch wir sind eine Hoffnung gewesen und keine Erf��llung geworden, obgleich es manche unter uns gab, die den Weg sahen und wiesen. Ich huldige auch daf��r euch nicht, da? ihr in den Krieg geboren und gewachsen seid. Den Krieg haben unsere V?ter verschuldet, also haben wir ihn verschuldet; den Krieg haben wir verschuldet, also habt ihr ihn verschuldet. Derer, die get?tet worden sind und get?tet werden sollen, gedenkt mein Herz in jeder seiner N?chte, und am hei?esten umfa?t es die, denen es schwer wird, und die sich f��rchten. Jeder, der mit seiner Seele in den Krieg verstrickt ist, alt oder jung, f��rchtet sich und zittert, und weint Tr?nen, die nach innen flie?en und das Herz verbrennen. Auch daf��r nicht, da? ihr ungebrochen und stark, voll Anspruch und ohne Zweifel seid, huldige ich euch. In zwanzig
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